Das Königshaus der Monster
und Arthur sank unglücklich in sich zusammen. »Mir war der Anblick von Blut immer zuwider«, sagte er schließlich. »Warum wird mir das so angekreidet?«
Streater lachte auf. »Tücke des Schicksals, Chef, denn Blut wird’s in den nächsten Tagen eine ganze Menge geben.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich meine, dass Leviathan ein bisschen was verändern wird. Ein paar Verbesserungen in der Stadt. Ich meine, dass dabei Ihre Mithilfe erwartet wird.«
Streater verringerte das Tempo, denn die Fahrt war fast zu Ende; sie waren zurück in der vertrauten Gegend der Mall, und der Nova fuhr in würdevoller Langsamkeit über die breite Straße zum Clarence House, wo er anhielt.
»Steigen Sie aus, Chef. Ich muss weiter. Ich hab da noch was zu erledigen.«
Arthur tastete nach dem Türgriff und kämpfte sich, benommen wie ein Mann am Morgen nach einer feuchtfröhlichen Nacht, auf wackligen Beinen ins Freie.
»He!« Streater hatte sein Fenster hinabgelassen und schielte grinsend heraus wie ein Taxifahrer, der auf Trinkgeld hofft. »Ich hab da noch was für Sie.«
»Was denn?«
»Hier ist ’ne kleine Stärkung.« Er schob Arthur eine vakuumverpackte Injektionsspritze in die Hand. »Und da ist noch etwas. Nur für den Notfall.«
Er drückte noch etwas in die Hand des Prinzen, doch dieser merkte zu spät – erst beim Glitzern des Morgenlichts auf dem Lauf der Waffe –, was es war, und verspürte augenblickliche Übelkeit.
Vor Abscheu grün im Gesicht, sagte Arthur: »Ich will keine Waffe!«
»Nehmen Sie sie einfach, Chef. Erinnern Sie sich, was Ihre Mama sagte? Das mit der Blutstaufe und so? Da käme Ihnen der Revolver sicher gelegen. Was ist, wenn Sie etwas sehen, was Ihnen nicht gefällt? Was ist, wenn Sie der Wahrheit ins Auge blicken müssen?«
Das Wagenfenster ruckte wieder nach oben. Streater gab Gas, wendete ohne jede Andeutung eines Abschiedsgrußes den Wagen und raste mit quietschenden Reifen zurück ins Stadtzentrum.
Arthur verstaute das Zubehör eines kriminellen Umfeldes, von dem er sich nur wenige Tage zuvor um Welten getrennt geglaubt hatte, in seinen Jackentaschen und trottete ins Gebäude. Die Dienerschaft war schon lebhaft unterwegs und tat, was immer Diener so tun – sie wischten und fegten und polierten, machten zurecht, machten sauber. Wenn der Prinz vorbeikam, hielten sie inne, senkten den Blick und schwiegen. Sie stellten keine Fragen; Diskretion lag ihnen im Blut, und selbst beim Anblick ihres Herrn, dessen Aussehen ihn in dieser Stunde kaum von dem eines Landstreichers unterschied, hielten sie den Mund.
Übermannt vom Verlangen und völlig hilflos gegenüber der Begierde, taumelte der Prinz in einen Alkoven, wo er sich mit einer grimmigen Gewandtheit, die jeden entsetzt hätte, der ihm nahe war, eine neuerliche Dosis Ampersand injizierte.
Er seufzte vor Wonne. Und erst da bemerkte er, dass ihm gegenüber ein Hilfsbutler stand, den Blick zu Boden gerichtet, wie es sich gehörte. In dem Versuch, Würde und Anstand zu wahren – und dabei kläglich zu scheitern –, rollte der Prinz den Ärmel hinab und wankte davon.
Das Gesicht des Hilfsbutlers glühte vor Scham. Gerade als der Prinz um die Ecke biegen wollte, sagte er: »Sir?«
Langsam drehte Arthur sich um, sprachlos angesichts dieser Unverschämtheit.
»Ich bitte um Verzeihung, Sir, aber ich muss etwas sagen.«
» Was?«, zischte der Prinz.
»Kämpfen Sie dagegen an, Sir! Sie müssen dagegen ankämpfen!«
Der Prinz starrte den Diener an. Zweifellos war er dem Mann schon tausendmal begegnet, aber das Gesicht sagte ihm nichts. Der Kerl trug einen Schnurrbart, dessen Enden wegstanden wie die Schnurrhaare von Katzen, wozu auch seine aalglatte Geschmeidigkeit passte.
» Was …«, begann Arthur. »Was haben Sie gesagt?’«
»Ich sagte, Sie müssen dagegen ankämpfen«, wiederholte der Hilfsbutler. »Zu unser aller Wohl müssen Sie das sein lassen!«
Der Mann zog sich zurück und verschwand umgehend; offenbar war sein Vorrat an Courage verbraucht.
Arthur bemühte sich, nicht allzu sehr über dieses sonderbare Zwischenspiel nachzudenken, und schwankte weiter zu seiner Suite.
Er hörte die Geräusche, noch bevor er die Tür erreicht hatte. Tierlaute. Grunzen und Knurren. Kreischen und Quieken.
Arthur blieb stehen. Hatte er sich geirrt? Nein, da waren sie wieder, die Geräusche der Leidenschaft, beinahe komisch in ihrem Übermaß, ihrer Lautstärke. Er vernahm schrille Anspielungen höchst unanständiger Natur. Heiseres Fordern und
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