Das Königshaus der Monster
lustvolles Wimmern. Er hörte seinen ältesten Freund brünstig ächzen und seine Liebste im Taumel der Hingabe stöhnen.
Das Ampersand sprudelte durch seine Synapsen, kroch durch sein Nervensystem und brauste durch sein Blut, und der Prinz blickte auf die Waffe in seiner Hand und wusste, was zu tun war.
Er öffnete die Tür und trat ein. Wer kann sagen, was er hinter dieser Tür erblickte – welch lüsterne Bilder, welch grässliche Schamlosigkeit, welche absurden Obszönitäten.
Sie könnten mit Fug und Recht erwarten, dass wir Ihnen nun, an diesem Punkt, wo das Ampersand das prinzliche Denkvermögen nahezu vollständig zum Erliegen gebracht hatte, von zwei Schüssen berichten – vom Peitschenknall des Revolvers, der durch die Korridore von Clarence House hallte.
Doch es kam anders. Denn zwei Minuten später trat der Prinz einfach wieder aus der Tür, während drinnen die Bekundungen der Leidenschaft unvermindert weitergingen.
Nur eines hatte sich in diesem Bild verändert – ein einziges unscheinbares Detail, das keiner von uns vorhergesehen hatte, das jedoch mit einem Mal alles veränderte.
Eine kleine graue Katze schlenderte an der Seite des Prinzen aus der Tür.
Und auf dem Korridor warteten schon zwei alte Bekannte. Jeder hielt eine halb gegessene Fleischpastete in der Hand, deren fettig glänzendes Innere auf den Boden tropfte und sich dort klebrig an den weichen Teppichfasern festsetzte.
»Kratzfuß, Meister!«, krähte Detective Chief Inspector George Virtue.
»Tagchen, auch«, röhrte Detective Sergeant Vince Mercy.
»Weshalb sind Sie hier?«, fragte Arthur.
Einer der beiden Fettwänste wischte sich mit dem Handrücken die Nase ab. »Das konnten wir wohl schon wieder mal nicht durchziehen, stimmt’s?«
»Da haben wir’s lieber gelassen, wie?«
»Drückeberger!«
»Kümmerling!«
»Weichei!«
» Wollen Sie rumstehen und zusehen, wie die Leute Sie auslachen?«
»Ihnen ans Bein pinkeln?«
»Seien Sie ein Mann, Chef!«
»Machen Sie sich mal blutig!«
Arthur starrte ihn an, und die ersten Vorboten des Verstehens schlichen sich in sein Bewusstsein. »Was haben Sie da gesagt?«
»Sie sollen sich mal blutig machen!«
»Ja, das sagte er! ›Machen Sie sich mal blutig.‹«
Der Prinz sah von einem zum anderen, mit einem Mal voller Hoffnung auf die Möglichkeit einer Wiedergutmachung. »Wissen Sie was, meine Herren?«, sagte er und klang zum ersten Mal seit Tagen wieder wie er selbst.
»Ja?«, fragte Mercy durch einen Mund voll vorverdautem Nahrungsbrei.
»Ich denke, Sie sind nicht real.«
»Och, Sie kleiner Scherzkeks!«
Arthur fuhr fort: »Ich kann nicht glauben, was ich aus diesem Raum höre. Oder was ich da drinnen sah. Es ist eine Illusion, nicht wahr? Es ist ein Streich, den Ampersand mir spielt!«
»Keine Ahnung, worauf Sie hinauswollen, Chef.«
Der Prinz blickte die beiden böse an. »Warum?«, fragte er dann. »Warum wollt ihr, dass ich meine Frau töte?«
»He, was ist denn los mit Ihnen?«, rief Virtue. »Da drin ist ein Kerl, der ferkelt mit Ihrer Alten rum, und Sie vertrödeln die Zeit mit Quasseln!«
Arthur wandte sich nachdrücklich von den beiden ab und ging – während es hinter ihm herschallte: » Tu es, Schisser!«, »Drück schon ab, Arschloch!« – mit gesenkter Waffe durch die Tür zurück ins Schlafzimmer seiner Frau.
Und als ihm der Ampersand-Filter von den Augen fiel, sah er, wie es wirklich war: Laetitia lag allein und tief schlafend zusammengekuschelt unter den Decken – ein Bild der Unschuld und Keuschheit (jedoch etwas fülliger aussehend, als Arthur sie in Erinnerung hatte).
Als der Prinz danach wieder auf den Korridor trat, waren die beiden Detektive verschwunden. Vor Erleichterung fiel er auf die Knie, gepeinigt von Schluchzern bei dem Gedanken daran, wie nahe dran er gewesen war.
Anfangs merkte er gar nicht, was ihm dicht auf den Fersen gefolgt war und nun an seinen Beinen schnupperte; Arthur Windsor wischte sich über die Augen, schnäuzte sich und brachte wie durch ein Wunder ein kleines Lächeln auf die Lippen.
Das graue Kätzchen sah hinauf zum ihm und schnurrte.
»Schon wieder du«, flüsterte der Prinz. »Ich danke dir. Vielen, vielen Dank.«
Das Kätzchen fuhr fort zu schnurren, schien zurückzulächeln und schmiegte sich dichter an den zusammengekauerten Prinzen. Es freute sich offenbar darüber, was abgewendet worden war, kannte die Gefahren, die vor ihnen lagen, und machte sich bereit für das Endspiel.
ZWEIUNDZWANZIG
Um 9
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