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Das Königshaus der Monster

Titel: Das Königshaus der Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Barnes
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mit ihrem Hund stand da, und ein dicker Mann mit einer Bommelmütze verkaufte die Frühausgabe des Evening Standard und rief lautstark die Schlagzeilen aus. Irgendetwas über die Königin, glaube ich, wodurch ich mich jedoch nicht zum Erwerb des Blattes hinreißen ließ. Die königliche Familie hat mich noch nie besonders interessiert.
    Barbara wählte eine Bank in der Nähe des London Eye, und nach einigen halbherzigen Ansätzen zu einer belanglosen Plauderei verstummten wir und begnügten uns mit dem Betrachten der würdevollen Umdrehungen des Riesenrades.
    Ich konnte nicht umhin, die kurzen Seitenblicke zu bemerken, mit denen sie mich immer wieder bedachte, während sie ihr Baguette mampfte. Zögernde, scheue Blicke.
    Schließlich rückte sie damit heraus. »Kenne ich Sie nicht von irgendwoher?«
    Das also war es.
    Ich löffelte den Rest meines Joghurts. »Keine Ahnung«, sagte ich. »Kennen Sie mich?« Ich ließ sie zappeln.
    »Sind wir zusammen in die Schule gegangen?«
    Nein, sind wir nicht.
    »Kennen Sie vielleicht meinen Vater?«
    Woher, um alles in der Welt, sollte ich denn ihren Papa kennen?
    »Oder sind Sie vielleicht mal mit meiner Freundin Shareen gegangen?«
    Um ehrlich zu sein, bin ich noch nie mit irgendjemandem »gegangen«, aber das wollte ich ihr nicht auf die Nase binden.
    Sie kaute an ihrer Unterlippe. »Dann weiß ich auch nicht.«
    Ich seufzte. »Ich war’s nicht! Großvater war’s!«
    »Genau!«, rief sie. »Dachte ich’s doch, dass Sie es sind!«
     
    Das passiert von Zeit zu Zeit. Normalerweise merke ich, wenn jemand dabei ist, mich wiederzuerkennen; für gewöhnlich handelt es sich dabei um Leute, die als Kinder viel fernsehen durften – die von ihren überarbeiteten Eltern regelmäßig vor dem Abendessen vor der Glotze abgeladen wurden. Manchmal frage ich mich, ob nicht eine ganze Generation existiert, die – als eine Art verrückten Pawlow’schen Reflex – bei meinem Anblick auf der Stelle den Geruch von Fischstäbchen und Pommes in der Nase hat.
    »Wie war das denn so?«, fragte Barbara.
    »Ach, ein Riesenspaß«, sagte ich. »Meistens.« Ich schluckte. »Im Großen und Ganzen.«
    »Meine Güte, das muss ja der Himmel auf Erden für Sie gewesen sein! Sind Sie denn auch zur Schule gegangen?«
    »Klar. Gedreht wurde meist in den Ferien.«
    »Sagen Sie noch mal Ihr Sprüchlein?«
    »Muss ich wirklich?«
    »Ach, kommen Sie!«
    »Ich war’s nicht!«, sagte ich, bemüht, sie nicht zu enttäuschen. »Großvater war’s.«
     
    Zwei Jahre lang, zwischen 1986, als ich acht war, und 1988, mit zehn, spielte ich die Rolle des »kleinen« Jim Cleaver, des naseweisen Sohnes in der BBC-Familienserie Worse Things Happen at Sea – Auf See geht’s schlimmer zu. Ich bin ein fürchterlicher Schauspieler und gestehe offen, dass es reine Vetternwirtschaft war, die mir zu dieser Rolle verholfen hatte.
    Es war Großvaters Serie, müssen Sie wissen. Er schrieb die Drehbücher sämtlicher Folgen, und das war auch sein einziges größeres Verdienst nach über zwanzig Jahren mühevoller Kleinarbeit in der Abteilung für leichte Unterhaltung bei der BBC – mehr oder weniger ein Gefallen seitens seiner Kollegen, die dem alten Kerl noch eine Chance geben wollten. Mein immer wiederkehrender Satz (und oft mein einziger in einer Folge, wenn wieder einmal jemand draufgekommen war, dass ich kein Talent hatte, Werbung für Sahnebonbons zu machen, und absolut unfähig war, Gefühle zu vermitteln) lautete: »Ich war’s nicht! Großvater war’s!« Das sagte ich regelmäßig bei meinem ersten Erscheinen, wenn ich durch die Tür das familiäre Wohnzimmer und damit den Hauptschauplatz der Serie betrat. Obwohl daraufhin stets zuvor aufgenommene Lachsalven folgten, kam ich nie dahinter, wo der Witz an der Sache sein sollte – und ich traf auch nie jemanden, der es mir hätte sagen können.
    Nach zwei Jahren gleichlautender Einzeiler, Hinternplumpser, an den Haaren herbeigezogener Wendungen und schmerzhaft verworrener Fälle von Verwechslungen stellte man die Serie barmherzigerweise ein, und damit hatte es sich. Doch wie sich bald darauf zeigen sollte, hätte ich ohnehin nicht weitermachen können. Ich wurde krank. Etliche Operationen standen mir bevor.
     
    Zumeist erscheint mir das alles wie ein Traum, wie etwas, das jemand anders erlebt hat und nicht ich; doch selbst jetzt noch kommt es vor, dass ich auf der Suche nach irgendetwas Brauchbarem beim Zappen durch das TV-Angebot um zwei Uhr früh auf irgendeinem

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