Das Kommando
den Laptop beiseite und kam zögernd zu einem Ergebnis. »Sind Sie über die Entführung der Familie Anderson im Bilde?«
»Ja.« Dann verengten sich McMahons Augen. Kennedy persönlich hatte ihm die Gründe für die Festnahme des Botschafters dargelegt. Er war auf dem Laufenden, was den Geheimnisverrat betraf, und wusste alles über die beiden toten SEALs und die fehlgeschlagene Geiselbefreiung. Er brauchte nicht lange, um zu begreifen, dass General Moro in die Sache verwickelt war und sich dabei wohl kaum mit Ruhm bedeckt hatte.
»Kann man Moro trauen?« Rapp schüttelte den Kopf.
McMahon nickte bedächtig. »Ich verstehe.«
»Noch weitere Fragen?«
In die Augen des breitschultrigen FBI-Mannes trat ein zufriedener Ausdruck. Er stand aus seinem Sessel auf und klopfte Rapp auf die Schulter. »Nein. Ich glaube, ich kann jetzt die Lücken selber füllen. Passen Sie bloß auf sich auf.«
Mit einem Lächeln sagte Rapp: »Wird gemacht.«
16
Um drei Uhr morgens landete die Gulfstream auf dem alten Stützpunkt Clark Air Base, den die amerikanische Luftwaffe an die philippinische Regierung zurückgegeben hatte, als diese den Pachtvertrag nicht verlängern wollte. Da die Maschine unangekündigt eintraf, wurde sie weder von einer Militärkapelle begrüßt noch mit einem diplomatischen Empfang geehrt. Lediglich die Bodenmannschaft war da. Den Männern, die sich müde den Schlaf aus den Augen rieben, war völlig einerlei, wer sich an Bord befinden mochte. Ein Tankwagen rollte auf das Vorfeld, kaum dass die Maschine ausgerollt war, und zwei Männer machten sich daran, sie aufzutanken.
Als Erster stieg McMahon aus. Er traf auf den FBI- Vertreter der Botschaft, den man, so jedenfalls sah es der Plan vor, vermutlich vor etwa einer Stunde mit dem Auftrag aus dem Tiefschlaf gerissen hatte, zum Stützpunkt hinauszufahren, um einen wichtigen Besucher abzuholen, nämlich McMahon. Sobald dieser mit dem Kollegen allein war, würde er ihm mit aller wünschenswerten Deutlichkeit klar machen, dass niemand in der Botschaft etwas von seiner Anwesenheit erfahren durfte, solange er sich damit nicht ausdrücklich einverstanden erklärte. McMahon hatte die Absicht, Botschafter Cox nicht aus den Augen zu lassen und ihm Handschellen anzulegen, sobald ihm Rapp den Auftrag dazu gab.
Nachdem er die Maschine verlassen hatte, folgte ihm Rapp mit einem Aktenordner unter dem Arm die niedrige Treppe hinab. Trotz der schwülen Luft trug er eine olivfarbene leichte Weste ähnlich der von Fotografen. Ihre zahlreichen Innen und Außentaschen waren genau das Richtige, um darin Objektive und Filme unterzubringen – oder, wie in Rapps Fall, Reservemagazine, den Schalldämpfer für seine 9-mm-Beretta und ein abhörsicheres Satellitentelefon.
Ein schwarzer Lincoln Continental stand im Schatten einer der großen grauen Flugzeughallen. Als Rapp den Fuß auf die Landebahn setzte, blitzten die Scheinwerfer des Wagens dreimal auf. Rapp sah sich argwöhnisch um, dann nickte er Coleman zu, der oben auf der Gangway stand. Der einstige SEAL verschwand im Flugzeug und drückte einen Knopf. Die Treppe wurde eingefahren, und die weiße Gulfstream rollte wieder an. Rapp ging zu dem Wagen hinüber. Die hintere Tür öffnete sich, und er warf einen letzten Blick auf das Flugzeug. Er stieg ein, schloss die Tür und wandte sich seinem Kontaktmann zu. Der achtundfünfzigjährige Generalleutnant Sergio Rizal musterte Rapp aufmerksam mit seinen dunklen Augen. Er war der Oberkommandierende des philippinischen Heeres, Absolvent der amerikanischen Militärakademie von West Point und ein zuverlässiger Verbündeter der Vereinigten Staaten, der schon seit dem Vietnamkrieg vertrauensvoll mit General Flood arbeitete. Rizal hatte ein teigiges Gesicht, kurze Arme und Beine und einen Bauchansatz, der deutlich sichtbar gegen die Knöpfe seines Kampfanzugs drückte.
Er machte sich große Sorgen um sein Land. Unbändiger Zorn hatte ihn erfasst, als sich Anfang der neunziger Jahre die Radikalen in der Regierung geweigert hatten, die Pachtverträge für die amerikanischen Militärstützpunkte zu erneuern. Nach einundzwanzig Jahren der Diktatur unter Ferdinand Marcos und dessen Frau Imelda hatte die Bevölkerung der Philippinen nicht nur gegen das Militär rebelliert, sondern auch gegen die Amerikaner, die es stützten. Die Radikalen hatten sich durchgesetzt, die Amerikaner mussten das Land verlassen und die Versorgung aus der Luft hörte auf, wodurch sich der Zustand der Wirtschaft des
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