Das Kommando
Landes, die sich ohnehin auf dem Weg nach unten befand, noch verschlimmert hatte.
Schon bald hatten sich die einst durch das Marcos - Regime in Schach gehaltenen muslimischen und kommunistischen Guerillagruppen darangemacht, ihre Bemühungen zur Zerschlagung der Demokratie zu verstärken. In erster Linie hatten sie sich dabei auf abgelegene Inseln konzentriert und in dem weit verstreuten Archipel Furcht und Schrecken verbreitet. Die Moral der philippinischen Truppen hatte von Jahr zu Jahr und mit jeder Ausgabenkürzung für das Militär abgenommen. Mit Unterstützung der sozialistischen Partei hatten die Kommunisten Zutritt zur Regierung erlangt und getan, was in ihren Kräften stand, um das Militär daran zu hindern, die Einheit im Land zu bewahren.
Nach einem Jahrzehnt katastrophaler Politik war die Regierung in Manila schließlich zu der Einsicht gekommen, es sei vielleicht doch nicht das Schlechteste, die Amerikaner erneut ins Land zu holen. Also hatte man die Tür wieder einen Spaltbreit geöffnet. Unauffällig hatte das Militär der Vereinigten Staaten begonnen, Teile von Stützpunkten zu pachten, und die hoch gelobte Spezialeinheit des US-Heeres, die so genannten Grünen Barette, gingen daran, die Streitkräfte der Philippinen im Kampf gegen die Rebellen zu unterweisen. Die dringend benötigte Wirtschafts und Militärhilfe wurde verstärkt, doch zweifelte Rizal, ob das in diesen wirren Zeiten genügen würde, den Lauf der Dinge nachhaltig zu beeinflussen, denn die gegnerischen Kräfte waren bereits sehr stark. Jetzt kam dieser Amerikaner und erklärte, sie hätten einen Verräter in den eigenen Reihen, noch dazu im innersten Kreis der Macht. Zum ersten Mal in seiner militärischen Laufbahn konnte er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sein Land zum Untergang verurteilt war.
Rapp machte sich nicht die Mühe, sich vorzustellen. Er hatte alles, was über Rizal in seinen Unterlagen stand, zweimal gelesen, und Flood, der den Generalleutnant gut kannte, hatte ihn darüber aufgeklärt, dass Rizal Menschen nicht traute, die viel redeten. So nahm er einfach eine Akte aus der Tasche, die auf seinen Knien lag, und reichte sie Rizal. Aufmerksam sah er zu, wie dieser die Lesebrille aufsetzte und die Akte durchging. Seine Empörung steigerte sich unübersehbar von Seite zu Seite.
Rizal schloss die Akte, nahm die Brille ab, legte sie sorgfältig in ihr Etui und steckte es in die Brusttasche. Seinem Gesichtsausdruck ließ sich nicht entnehmen, was er dachte. Mit einem Blick auf die Akte, die jetzt auf seinen Knien lag, schüttelte er betrübt den Kopf. »General Moro ist also ein Verräter.«
»Sofern Sie keine andere Erklärung für sein Verhalten haben, muss man das annehmen.«
Rizal runzelte die Stirn. »Ich habe keine.« Noch hatte er Rapp nicht in die Augen gesehen. »Wenn ich an bestimmte Ereignisse zurückdenke, ergibt diese Behauptung sogar einen Sinn.« Er klopfte mit seinen Wurstfingern auf die Akte. »Die Leute der Abu Sayyaf können sich erstaunlich frei bewegen, werden zweimal eingekesselt und entkommen beide Male wie durch ein Wunder. Wir alle waren fest überzeugt, dass niemand die Rebellen zur Strecke bringen kann, wenn das Moro mit seinen berühmten Kommandos nicht gelingt.« Er schüttelte den Kopf. »Wie konnte ich nur so blind sein!«
»Sind Sie mit ihm befreundet?«, fragte Rapp.
»Nein«, sagte Rizal, ohne eine Gefühlsregung zu zeigen. »Ich konnte ihn nie ausstehen, aber es gibt Leute, die ihn stützen. Politisch ist er ein gewiefter Taktiker, und seine Männer gehen für ihn durchs Feuer. Den Kult um seine Person beobachten einige andere und ich schon seit einer Weile mit Sorge.«
Das hörte Rapp gern. Aus den Berichten der CIA und der Abwehr wusste er bereits, dass Moros Soldaten ihm überaus treu ergeben waren. Die neue Mitteilung, dass der Mann Feinde im Generalstab hatte, schürte Rapps Zuversicht, dass Rizal seinem Plan zustimmen würde, ohne sonderlich dazu gedrängt werden zu müssen.
»Was würden seine Männer tun, wenn man ihn von seinem Kommando ablöste?«
»Ich weiß nicht recht.« Es war klar, worauf der Amerikaner hinauswollte. »Ich kann ihn unter einem Dutzend verschiedener Vorwände, die auf den ersten Blick gerechtfertigt erscheinen, nach Manila beordern. Wenn aber die Öffentlichkeit Wind von seiner Verhaftung bekäme, würde die Situation sehr schwierig. Er hat etliche antiamerikanisch eingestellte Verbündete, von denen viele ausgesprochen beliebt sind. Sie würden
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