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Das Kommando

Das Kommando

Titel: Das Kommando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vince Flynn
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von tausenden Kilometern Anweisungen zu erteilen. Militärische Befehlshaber legten mit guten Gründen Wert auf die Meinung ihrer Kommandeure an der Front, und aus den gleichen Gründen hatte Rapp die Leitung dieser Operation selbst übernehmen wollen. Das hatte nichts mit Profilierungssucht zu tun, sondern einfach damit, dass er außer sich selbst niemandem zutraute, die Sache richtig zu machen.
    Ganz neugierige Reporterin, hatte ihn Anna eine volle Minute lang mit Fragen eingedeckt, jede von einem anderen Blickpunkt aus. Auf alle hatte sie die Antwort bekommen: »Du weißt, dass ich dazu nichts sagen kann.« Eine Frage aber hatte er beantworten können. Als sie wissen wollte, ob das Unternehmen gefährlich sein würde, hatte er lachend »Nein« gesagt. Seiner Einschätzung nach entsprach das der Wahrheit.
    Trotzdem konnte kaum ein Zweifel daran bestehen, dass sie ihm, wenn sie gewusst hätte, was er beabsichtigte, sein Vorhaben energisch auszureden versucht hätte. Entgegen ihrer Vorstellung war diese Unternehmung nach Rapps Maßstäben nicht übermäßig gefährlich. Je nachdem, wie die Dinge schließlich abliefen, bestand durchaus die Möglichkeit, dass er selbst keinen Augenblick lang in die Schusslinie kam.
    Zwar sagte ihm etwas, dass er sich selbst gegenüber nicht ganz ehrlich war, doch war er im Augenblick nicht bereit, diesem Gedanken weiter nachzugehen. Er empfand die gelassene Ruhe, die ihn immer vor einem Einsatz überkam. Wie ein Raubtier ertrug er nur eine kurze Zeit der Untätigkeit. Nie fühlte er sich lebendiger, als wenn er einen Plan ausführte. Sein Intellekt wurde hellwach, er sah die Dinge mit geschärftem Bewusstsein. Möglichkeiten eröffneten sich, Wege wurden deutlich, und Alternativen zeigten sich, während er fortlaufend Informationen speicherte und die Erfolgsaussichten berechnete.
    Doch da war noch etwas. Bisher hatte er mit niemandem darüber gesprochen, nicht einmal mit Kennedy. Von allem anderen einmal abgesehen, musste er, wenn er sich selbst gegenüber schonungslos ehrlich war, die unbestreitbare Wahrheit eingestehen: Es bereitete ihm eine tiefe Genugtuung, Männer wie General Moro zu töten.
    Anfangs war ihm diese Erkenntnis unangenehm gewesen und hatte ihm Unbehagen bereitet. Aber im Laufe der Zeit und mit zunehmender Reife hatte er sich mit dem Wissen ausgesöhnt, dass er Männer tötete, die sich bewusst entschieden hatten, anderen Menschen Böses zuzufügen. Moro hatte sich seine Verräterrolle selbst ausgesucht, und wenn man von all den wachsweichen politischen Erklärungen absah, blieb die unbestreitbare Tatsache, dass die Familie Anderson niemandem etwas getan und gegen keinerlei Gesetze verstoßen hatte, als man sie aus ihrem Ferienort am Meer entführt hatte.
    Sie waren Zivilisten in einem Krieg, mit dem sie nichts zu tun hatten.
    Da sich Moro dafür entschieden hatte, mit dem Feind gemeinsame Sache zu machen, waren die Andersons nach wie vor Geiseln, und überdies hatten zwei amerikanische Einsatzkräfte ihr Leben verloren. Rapp hatte gemerkt, dass es ihn nicht befriedigen würde, diesen Einsatz nur zu planen – er wollte unbedingt selbst dabei sein, dem General mit eigenen Händen an die Kehle gehen, den Gesichtsausdruck des Mannes sehen, wenn er merkte, dass sein Spiel aus war.
    Während er sich diesen blutrünstigen Vorstellungen hingab, merkte er, dass hinter ihm jemand war. Er klappte den Rechner zu und wandte sich um. Skip Mc - Mahon, Spezialagent des FBI, legte einen seiner Unterarme, die genauso gewaltig aussahen wie die der Comicfigur Popeye, auf die Lehne des Sessels neben Rapp und machte ein finsteres Gesicht. Er trug ein kurzärmeliges weißes Hemd und eine gestreifte Krawatte, die nicht unbedingt der letzte Schrei war. Mit tiefer, kehliger Stimme fragte er: »Was treibt der Geheimagent?«
    Rapp lächelte. McMahon war einer der wenigen, die sich die Freiheit herausnahmen, ihn zu frotzeln. »Er macht seine Hausaufgaben.«
    Mit einer Bewegung unendlicher Ermattung nahm McMahon im Sessel gegenüber Platz. »Ach, Hausaufgaben?«, fragte er zweifelnd. Er sah Rapp prüfend an. In den über dreißig Jahren, die er für das FBI arbeitete, hatte er nicht nur Jagd auf Mörder, Bankräuber, Entführer, Massenmörder, Terroristen, Hacker und Spione gemacht, sondern war auch hinter einigen Bundesrichtern und einer Hand voll Politiker her gewesen. Dieser zähe und nüchterne Mann wurde meist dann gerufen, wenn man dringend Ergebnisse brauchte. Die wenigen Menschen, die

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