Das Kommando
nacheinander. Die ordentlich gebündelten 100-Dollar-Scheine verschlugen den Männern einen Augenblick lang den Atem. Der gut gekleidete junge Mann, mit dem sie es da zu tun hatten, musste eine äußerst wichtige Persönlichkeit sein.
Bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnten, klappte David die Koffer ungeduldig wieder zu, nahm sie in die Hand und teilte den Männern mit, man dürfe ihn nicht länger aufhalten. Das Bild von Millionen amerikanischer Dollars noch frisch in ihrer Erinnerung, erhob keiner von ihnen Einwände. David wurde durch die Straßensperre geleitet und nahm hinten in einem Kleinbus Platz, der sogleich mit quietschenden Reifen davonfuhr. An jeder Biegung, die sie umrundeten, standen Männer mit schussbereiten Sturmgewehren.
Ein halbes Dutzend Nebenstraßen weiter hielt der Kleinbus vor einem zweistöckigen Gebäude an. Links und rechts der Straße standen dichte Reihen geparkter Autos. Einen Augenblick lang überfiel David Unruhe, dann aber erkannte er den gepanzerten Mercedes, nach dem er Ausschau gehalten hatte. Er stand gleich neben dem Kleinbus. David stieß einen Seufzer der Erleichterung aus: Es war der Wagen Mohammed Atwas.
Die Geldkoffer in der Hand, stieg er aus und ging auf das Haus zu. Mit einem Mal wurden ihm die Arme schwer, und alles um ihn herum schien sich wie in Zeitlupe zu verlangsamen. Er senkte den Blick zu den Rissen im Belag des Gehwegs und hob ihn dann zu den beiden vermummten Männern, die vor der blauen Holztür standen, von der die Farbe abblätterte. Er sah die Handbewegungen, mit denen sie ihn aufforderten, sich zu beeilen, doch hörte er nicht, was sie sagten. Er setzte einfach einen Fuß vor den anderen, bis er sich mit einem Mal im Inneren des Hauses befand.
Die Erdgeschossräume waren voller Menschen, und man konnte den Eindruck haben, dort werde etwas gefeiert. Zigarettenrauch und laute Gespräche erfüllten die Luft. Im Zimmer zu seiner Linken schien eine Art Bankett stattzufinden; der Tisch bog sich unter Bergen von Lammbraten, Schaschlik, Moussaka und Geflügel. Ein Mann in mittleren Jahren, der Vorsitzende des Volksbefreiungsausschusses in Gaza, nickte dem Anführer der Force 17 begeistert zu, während er sich Baklava in den Mund schaufelte. In einer Ecke sah David zwei Männer, die aus winzigen Tässchen Kaffee schlürften und offenbar in ein ernsthaftes Gespräch vertieft waren. Einer der beiden, das wusste er, war der Leiter der Sicherheitsabteilung des Islamischen Dschihad, doch den anderen kannte er nicht. Er merkte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte; er stand unmittelbar davor, seinen mit großer Geduld eingefädelten und bis in die letzten Feinheiten ausgeklügelten Plan zu vollenden. Es war fast genau so, wie er es sich erträumt hatte.
Ein Blick nach rechts zeigte ihm einen Großbild - Fernseher, auf dem ein Programm des Senders Al Dschasira lief. Keiner der Männer auf den drei hufeisenförmig angeordneten Sofas schien darauf zu achten. Einige von ihnen erkannte er. Es war wirklich eine Art Gipfeltreffen von Terroristen: Neben Abgesandten aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland sowie mindestens einem aus Beirut sah er einige neue Gesichter aus den Märtyrerbrigaden und viele bekannte aus der PLO und der Hamas, ihrer einzigen wahren Konkurrenzorganisation.
Jetzt schob sich Mohammed Atwa durch die Menge herbei, der Leiter des palästinensischen Geheimdiensts. David zwang sich zu einem Lächeln und hob die beiden Geldkoffer empor. Dieser Mann, der tausende gefoltert hatte, nahm Davids Gesicht in beide Hände, reckte sich auf die Zehen und küsste den Jüngeren auf die Stirn.
Mit theatralischer Geste wandte er sich dann um und rief in den Raum: »Er ist da! Unser Sohn ist von einem Besuch bei unseren reichen saudischen Freunden zurückgekehrt.«
Einen Augenblick lang verstummte das Stimmengewirr. Dann brach Beifall los. Überall in der Runde sah man Männer begeistert nicken und zufrieden lächeln. Für David war das der Höhepunkt von zwei Jahren harter Arbeit. Er hatte ganz klein angefangen, sich Sprosse für Sprosse auf der Leiter der Palästinensischen Autonomiebehörde emporgearbeitet. Als erste Spende hatte er zehntausend Dollar aufgetrieben. Allmählich wurden die Beträge größer, und je mehr seine Bedeutung zunahm, desto näher kam er an Atwa heran, an die Macht hinter der Macht, den Mann, den er eines Tages töten würde.
Ihm war klar, dass man der Hamas einen tödlichen Streich versetzen musste, wenn je ein palästinensischer
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