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Das Kreuz am Acker

Das Kreuz am Acker

Titel: Das Kreuz am Acker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Friedl
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Tochter gegangen sein könnte.
    Als es zum Mittagessen war, verließ er den Hof und ging ins Dorf. Schwer auf einen Stock gestützt und die Blicke auf den Boden gerichtet, schritt er hastig aus und trachtete am Ranklhof vorbei wie einer, der nicht gesehen werden wollte. Überlegend stand er dann auf dem Dorfplatz und ging langsam der Kirche zu. In dem kühlen Raum kauerte er in einer Betbank und überlegte.
    Daß die Barbara ihm auf diese Weise einen Strich durch die Rechnung machen würde, damit hatte er nicht gerechnet. Was sollte er jetzt tun? Dem Rankl sagen, daß das Verlöbnis nicht stattfinden konnte, weil er sein Versprechen nicht einzulösen vermöge? Und wo war die Barbara? Zu Verwandten ging die nicht! Lieber verdingte sie sich.
    Völlig zerschlagen und zusammengesunken saß er.
    »Es wird keine Ruh mehr mit mir«, flüsterte er. Er sah sich in dem hohen Raum um. Die Mittagsonne spielte durch die Fensterfarben und malte zitternde Farbflecke auf den Boden.
    »Es müßt einen ein Schläglein treffen, damit mit einem Wisch alles aus wäre«, setzte er seine Gedanken, leise vor sich hinredend, fort.
    Und in ein paar Tagen, am Pfingstmontag, sollte das Kreuz auf dem Ackerstein geweiht werden. Dann würde das ganze Dorf erfahren, daß die Barbara fortgegangen war. Man würde ihn fragen, und da müßt er darauf etwas antworten.
    Nicht weit von ihm zeigte eine Wandtafel das grelle Fegefeuer, und aus der roten Glut ragten die gemarterten Leiber der Büßenden, die mit erhobenen Händen um Erlösung flehten. Ein Sprüchlein erklärte den Sinn des Bildes:
    »Achte nicht die Qual auf Erden,
    die dir Gott geschickt.
    Mancher hat nach langem Leiden
    erst das Licht erblickt.
    Nur geläutert von der Schuld,
    kommt man zu des Herrgotts Huld.«
     
    Ob es auf dieser Erde schon ein Fegefeuer gibt, strubelte er, so ein Feuer, das ohne Flamme brennt und doch eine Schuld tilgt? Und wer in Geduld trägt, was ihm vom Herrgott zugewiesen, der muß doch anders gewogen werden, einmal, wenn es an das Richten geht…
    Wie lange er gesessen, achtete er nicht. Jedenfalls war der Lichtfleck, den die Sonne durch das Kirchenfenster malte, schon ein gutes Stück weitergerückt.
    Er raffte sich auf.
    »Ist immer ein vorgeschriebener Weg, den einer gehen muß, und es ist besser, er geht ihn aufrecht bis an das Ende«, murmelte er, machte eine Kniebeuge und schritt aus dem kühlen Raum der Dorfkirche hinaus in den sonnenhellen Nachmittag.
    Im Pfarrhof öffnete ihm der Pfarrer selbst die Tür.
    »Wollt mich nur vergewissern, ob alles stimmt mit der Kreuzeinweihung am Montag, und was da noch alles zu tun ist«, brachte der Schwaiger vor.
    »Geh nur ein Stückel herein, Bürgermeister«, lud der Geistliche ihn ein, »haben eh schon lang nicht mehr miteinander geplaudert.«
    Er bot dem Bauern einen gepolsterten Stuhl und reichte ihm eine Zigarre hin.
    »Hab sowieso eine kleine Sorge, mit der ich net fertig werde«, drückte der Schwaiger heraus und berichtete dem Pfarrer, wie er zum Verlöbnis angerichtet hätte, und daß die Barbara auf und davon gegangen sei. »Vielleicht ist es besser, wir verschieben die Kreuzeinweihung noch«, beendete er seine Rede.
    »Hm, ich weiß nur noch nicht, was das mit der Kreuzeinweihung zu tun haben soll? Wenn die Barbara wirklich weg ist, dann wird sie auch wiederkommen. Ich kenn sie von klein auf, sie ist kein unrechter Mensch. Im Gegenteil: wo du Stolz und Trotz vermutest, wird wahrscheinlich ein anderer Grund da sein. Die Bärbel denkt recht und natürlich, und sie wird es halt als unnatürlich empfinden, daß du sie einfach nach deinem Willen unter die Haube bringen willst. Mag sie denn den Ranklhofer überhaupt?«
    Der Schwaiger sah verlegen zu Boden: »Das weiß ich net genau.«
    »Aber ein bissei was wirst du davon wissen.«
    »Ich kenn mich in dem Weibsbild überhaupt net aus!« zürnte der Bauer, »und zum Davonrennen ist das alles noch kein Grund.«
    »Die kann bis zum Sonntag schon wieder da sein. Also ich verkünde die Einweihung am Sonntag von der Kanzel, und ihr tut das Kreuz ein wenig schmücken. Am Montag nach der Vesperandacht gehen wir dann hinauf.«
    Den Rückweg nach Hintereben nahm der Schwaiger über den Straßenbau. Vom Dorfausgang ab begann man schon den Straßengrund zu legen. Der Wald war in der Breite der künftigen Straße schon bis hinauf zu den Hochäckern unterm Nothackerwald gelichtet, und die Bagger folgten den Holzhauern.
    Er war schon die halbe Baustrecke entlanggegangen, als er

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