Das Kreuz am Acker
werden! Sag mir jetzt einmal den Grund, warum du net willst.« Er packte sie heftig bei den Armen. »Sag es, und wenn ich es glauben kann, dann sollst du recht haben.«
»Ich kann net!«
Da wurde er zornig und schüttelte sie: »Du – du – du willst mich und die ganze Welt zu einem Narren haben! Glaubst du, das kenn ich net? Glaubst du, ich bin ein dummer Bauernbub, der das net merkt?«
Er stieß sie zurück, und über die Wegfurche stolpernd, fiel sie zu Boden. Wortlos erhob sie sich und ging langsam über die Wiese zurück, dem Schwaigerhof zu.
»Barbara!«
Sie verhielt nicht. Langsam setzte sie die Schritte. Da lief er hinter ihr her und hielt sie fest.
»Sag halt etwas Gescheites, damit man sich auskennt! Das ist doch alles ein Unsinn!«
»Ich – ich will dich nimmer sehen!« stieß sie hervor und wandte sich ab.
Da kam ihn eine Wut an, und er zischte: »Loshaben willst mich, darum machst du das Theater, du hinterhältiges Weibsbild, du verlogenes!«
Da schob sie ihn zurück und aufrecht stand sie nun vor ihm. »Jetzt kenn ich dich schon besser«, sagte sie ruhig und kalt. »Wer in Not ist, braucht net zu dir kommen, und wer dich einmal als Mann bekommt, dem geht es, wie es deiner Mutter gegangen hat.«
Er zitterte am ganzen Körper. »Mach mich net narrisch mit deinen Reden! Eine Spinnerei ist alles und sonst nix! Am Pfingsttag ist Versprach!« Und einlenkend redete er plötzlich wieder gut: »Sei gescheit, Bärbel. Schlag dir die dummen Sachen aus dem Kopf.«
»Laß mich gehen«, sagte sie müde. »Dann geh!« brauste er wieder auf.
Sie fing zu laufen an und hatte bald das Haus erreicht.
Voller Zorn stapfte der junge Bauer zurück. Bis er in seiner Kammer auf dem Bett lag und ruhiger nachdachte. Nun hatte er sie verloren, das wußte er, und eine tiefe Traurigkeit erfaßte ihn. Zweifel begannen ihn zu quälen. Wohl war die Barbara voller Stolz und Trotz, wenn sie sich nicht verstanden glaubte, war immer, schon in der Schule, ein eigenartiges Mädel gewesen. Was aber gab ihr jetzt Anlaß, so geheimnisvoll zu tun? Warum hatte sie nichts von einem Versprach wissen wollen, wenn sie zugleich versprechen wollte, ihn zu heiraten?
Jetzt war es jedenfalls aus. Er blieb der Ranklhofer auf einem kleinen Sacherl, und die Barbara würde sich einen anderen suchen. Einen Besseren, einen Studierten oder einen Beamten.
»Ich pfeif auf den Schwaigerhof und auf die Barbara!« knirschte er. War es nicht nur die Aussicht auf den Hof gewesen, die ihn so hinter der Schwaigertochter her sein ließ? Hatte er sie überhaupt gern? Fast kam es ihm nun vor, als hätte er sie nie gut leiden können.
So lag er die ganze Nacht und begann am Morgen, völlig zerschlagen, wieder seine Arbeit.
Es war der Freitag vor Pfingsten.
Als die Hauserin die Barbara wecken wollte, fand sie deren Schlafkammer leer und das Bett unbenutzt. Erschrocken sah sie sich in dem Zimmer um, ging auf die Altane hinaus und sah noch einmal in Stube und Stall nach, ob etwa das Dirndl schon frühzeitiger aufgestanden wäre und bereits im Hause arbeitete. Sie fand sie nirgends. Daß es am Abend wieder etwas zwischen dem Bauern und der Barbara gegeben hatte, wußte sie, da der Bauer sie aus der Stube geschickt hatte, während er die Barbara in seine Kammer befahl.
Noch einmal schnaufte sie die Stiege hinauf. Der Schlüssel zum Kleiderschrank steckte. Es fehlte das Sonntagsgewand.
Schwer atmend setzte sie sich auf den Stuhl. Hatte der Bauer die Tochter fortgeschickt? Dann würde er das noch sagen.
Während sie dann in der Stube die Milchsuppe aufstellte und der Bauer zur Frühsuppe erschien, schwieg sie. Als der Sepp vom Tisch gegangen war und die Stube verlassen hatte, fragte der Schwaiger:
»Wo ist denn die Bärbel?«
Da berichtete sie, daß diese wahrscheinlich aus dem Haus war und das Bett in ihrer Kammer gar nicht benützt hatte in der vergangenen Nacht.
»So!« Hart und fest war die Stimme des Schwaiger: »Und wo könnte sie hin sein?«
»Das weiß ich net! Zu mir hat sie gar nix gesagt. Wird schon einen Grund haben«, murrte die Hauserin.
»Dich geht es nix an!« wurde der Bauer barsch.
Während die Hauserin in der Stube aufräumte, ging er in seine Schlafkammer und saß dort, grau im Gesicht, auf dem zerwühlten Bett bis in den halben Vormittag hinein. Dann stieg er die Treppe hinauf in die Kammer der Barbara. Dort öffnete er den Kleiderkasten und die Schubfächer der Wäschekommode, als wollte er nach einem Hinweis suchen, wohin die
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