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Das Kriegsbuch

Das Kriegsbuch

Titel: Das Kriegsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis (Hrsg)
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überzeugt. »Diesmal sind wir gerüstet. Wir zeigen es den Wanzen! Kommen Sie!«
    Es war wunderbar, lachhaft, unerträglich. Gestern Spinnen. Heute Wanzen. Und morgen Würmer? Der andere Soldat hielt das wirklich für wichtig und nobel. Er konnte noch so tun, als hätte ein solches Abschlachten tatsächlich noch Sinn und Zweck.
    »Kommen Sie. Lassen wir den Beta kreisen«, sagte der andere Soldat ungeduldig und stieß mit dem Ellenbogen an.
    Es war alles sehr klar. Und diese Klarheit wollte er nicht wieder verlieren. Durch eine Tat würde er sich vom galaktischen Rudel lösen und für immer zu den Gesichtern im Himmel aufsteigen.
    »Los«, befahl der andere Soldat und zerrte ihn vorwärts.
    Er zog seine Waffe und drückte auf einen Knopf. Lautlos erschien ein mattschwarzer Fleck – kein Loch – am Hinterkopf des blonden Soldaten. Er versteckte den Körper, ging die andere Seite des Hügels hinab und schloß sich einer neuen Einheit an. Bei Morgengrauen waren sie schon wieder auf dem Rückzug; das Ungeheuer war schwerverletzt und widersetzte sich instinktiv der Auflösung.
     
    Inzwischen war er Offizier geworden.
    »Ich mag ihn nicht«, sagte ein Soldat. »Natürlich versuchen sie dich alle bewußt oder unbewußt in Angst und Schrecken zu versetzen. Das gehört einfach dazu. Aber der ist irgendwie anders. Ich weiß, daß er keine großen Reden führt oder Drohungen ausstößt.
    Ich weiß auch, daß er ganz umgänglich ist, wenn er sich die Zeit nimmt, überhaupt Kenntnis von dir zu nehmen. Dann kann er sogar sehr freundlich sein. Aber er hat etwas an sich, das ich nicht recht beschreiben kann. Etwas Kaltblütiges. Als ob er gar nicht am Leben ist – oder als ob wir nicht mehr lebten. Auch wenn er besonders anständig oder zuvorkommend zu mir ist, weiß ich, daß es ihn im Grunde kalt läßt. Das sieht man an seinen Augen. Ich kann noch in die Augen eines Fomalhaut-Blindwurms Gefühl hineinlesen. Aber bei ihm ist das ganz unmöglich – da ist nichts.«
    Die brausende Stadt erschien ihm fremd, obwohl sie einmal seine Heimat gewesen war. Er mochte sie deshalb um so mehr. Die Zivilkleidung fühlte sich seltsam an auf seiner Haut.
    Er eilte munter über den Bürgersteig und bog ziellos ab, wenn er Kleeblattkreuzungen für Fußgänger erreichte. Mit offener Neugier musterte er die vorbeihuschenden Gesichter – wie ein Zoobesucher. Er wollte einfach das Gefühl der Anonymität noch eine Zeitlang genießen. Was er hinterher tun würde, wußte er. Da waren seine Freunde und die Tiere. Und die Hinterlassenschaft seiner Freunde mußte vermehrt werden.
    Am nächsten Kleeblatt stand eine kleine Menschenmenge vor einem Lautsprecher. Seit dem Waffenstillstand sah man solche Szenen überall. Neugierig hörte er zu und erfaßte die Substanzlosigkeit der Wor te. Sie waren mit Idealen getränkt und sprachen unnütze, schlecht ausgewählte Haßgefühle an. In der Forderung nach Taten schwang unterdrückte Bitterkeit, die den Menschen andeutete, daß Untätigkeit wohl besser wä re. Es waren zivilisierte Worte und als solche einem Mann nichts nütze, der ein Dompteur von galaktischer Bedeutung werden wollte. Was für einen Zoo er eines Tages haben würde – und jedes einzelne Tier darin konnte als intelligent angepriesen werden!
    Andere Worte und Sätze begannen in ihm aufzusteigen: »Denker! Hört mich an … um das betrogen, was ihr verdient hättet … fehlgeleitet von fehlgeleiteten Männern … der galaktische Zirkus … ein hingebogener Waffenstillstand … die Wesen, die den Krieg benutzt haben, um ihre Macht zu konsolidieren … kosmische Knechtschaftserklärung … Leben … verlieren … Freiheit zu gehorchen … und was das Streben nach Glück angeht – das Glück ist uns allen ein Lichtjahrtausend voraus … unsere universellen Rechte … Wir haben dreißig gepanzerte Planetoiden, die jetzt sinnlos kreisen, dreihundert Sternenschiffe, dreitausend Raumschiffe und drei Millionen Raumveteranen, die allein in diesem System Sklavendienst verrichten. Be freien wir Martia! Terra für alle! Rache …!«
    Diese unausgesprochenen Worte, das spürte er, waren die Vorboten der Macht. Alexander hatte es geschafft. Hitler hatte es geschafft. Smith hatte es geschafft. Der Neuron hatte es geschafft. Der große Zentaur hatte es geschafft. Sie alle waren Mörder – und nur Mörder siegten. Er sah die schimmernden Lichtjahre der Zukunft vor sich, endlos. Er sah keine Einzelheiten, aber alles erstrahlte in derselben Farbe der Macht. Er

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