Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
Vom Netzwerk:
in kurzen Zeitabständen höhere Gewinne machen als mit der B-Aktie – aber auch höhere Verluste.«
    Nun kann unser Spekulant nicht verlässlich in die Zukunft sehen. Er glaubt das allerdings (vgl. → Finanzanalysten ), und daher hält er nichts von einer vergangenheitsbezogenen Ermittlung der Volatilität (sogenannte historische Volatilität). Er setzt auf ein anderes Instrument, die implizite Volatilität. Sie spiegelt eine aktuelle Einschätzung der zukünftigen Schwankungsbreite wider. Zur Ermittlung der impliziten Volatilität werden Optionspreise (vgl. → call und → put ) hinzugezogen, denn deren Höhe spiegeln die Risikoerwartungen der Anleger wider. Für alle möglichen Börsenindizes werden zugehörige Volatilitätsindizes ermittelt. So veröffentlich beispielsweise die Deutsche Börse börsentäglich den VolatilitätsDAX (VDAX), der nach der Lehman-Pleite Ende 2008 von 30 Punkten auf 80 Punkte hochschnellte und damit einen Höchststand erreichte.
    Bei einer Gegenüberstellung von VDAX und DAX ergibt sich meistens ein Bild, aus dem hervorgeht, dass sich beide Indizes gegenläufig entwickeln. Steigt der Basisindex, sinkt das Volatilitäts-Pendant meist, bei schlechter Börsenstimmung geht der Volatilitätsindex nach oben. In der nachstehenden Abbildung wird dies etwas übertrieben dargestellt, die Realität kommt diesem Bild aber ziemlich nahe.

    Durch die zunehmende Spekulationsneigung in der Finanzwelt steigt die Volatilität weltweit und über alle Anlageformen hinweg an den Finanzmärkten stark an. Spekulanten betrachten steigende Volatilität unter dem Aspekt »Gewinnmaximierungschance« und weiten bei steigender Volatilität ihre Aktivitäten aus; daraufhin steigt die Volatilität noch mehr. Ein Teufelskreis.
    Den Spekulanten reicht das Jonglieren mit volatilen Wertpapieren zur Befriedigung ihrer Gelüste jedoch längst nicht aus. Sie gehen noch einen Schritt weiter und setzen auf Instrumente wie den VDAX. Auch mithilfe eines solchen Instrumentes kann man Spekulationsgewinne generieren (vgl. → von steigenden, sinkenden und schwankenden Kursen profitieren ). Wer mit einem sinkenden DAX rechnet, kauft ein Produkt, das sich auf den VDAX bezieht, in der Erwartung eines steigenden DAX wird der VDAX wieder verkauft.

Volcker-Regel
    Die nach Paul Volcker, dem ehemaligen Vorsitzenden der amerikanischen Zentralbank Fed und Berater von Präsident Obama, benannte Volcker-Regel zielt auf eine rechtliche Begrenzung der Aktivitäten beim Wertpapierhandel auf eigene Rechnung (also ohne Kundenauftrag; sogenannter Eigenhandel) in den Bankhäusern ab. Finanzinstitute sollen, so ließ Volcker bei einer Rede im Januar 2010 verlauten, ihre Spekulationsgeschäfte auf Kundenorders beschränken und somit keine riskanten Positionen auf eigene Rechnung eingehen. Mit dieser Aussage entfachte er einen Sturm der Entrüstung bei den Investmentbankern und ihren Lobbyisten. Umgesetzt wurde die Regel im Zuge des sogenannten Dodd-Frank Act. Allerdings nicht konsequent. Bis zu 3 Prozent ihres Kernkapitals (»hartes« Aktienkapital und Gewinnrücklagen; vgl. → Eigenkapital und seine Rendite ) können Banken in den USA nach wie vor in spekulative Eigenhandelsaktivitäten stecken. Das Dodd-Frank-Bundesgesetz konnte folglich auch nicht verhindern, dass die bis dahin abgeklärte Investmentbank JP Morgan im Frühjahr 2012 durch komplizierte Wetten auf die Qualität von Firmenschulden (sogenannte credit default swaps , abgekürzt: CDS; vgl. → synthetische CDO ) einen Verlust von mehr als 2 Milliarden Dollar einfuhr.
    Die Brisanz eines ausufernden Eigenhandels muss man vor dem Hintergrund der viel zu geringen Eigenkapitalausstattung von Banken werten. Vor allem ein hoher Anteil an Eigenhandelsaktivitäten beim Handel mit → Derivaten kann aufgrund der schier unkalkulierbaren Risiken, die mit diesen Finanzinstrumenten verbunden sind, zu extremen Schieflagen bei der → Liquidität einer Bank führen. Wer gegen eine Begrenzung des vor allem im → Investmentbanking grassierenden Spekulationswahnsinns ist, der muss ideologisch so verblendet sein, dass er keine Realitäten mehr wahrnimmt. Wie beispielsweise Mitt Romney.
    Nach dem skandalösen Verlust von JP Morgan fühlte sich der republikanische Gegenkandidat von Obama bei den Präsidentschaftswahlen 2012 dazu berufen, die Pläne zur Intensivierung der Volcker-Regel mit den Worten zu kritisieren: »Die Zwei-Milliarden-Dollar-Verluste von JP Morgan sind jemand anderes Gewinn. Ich würde

Weitere Kostenlose Bücher