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Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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Frist; siehe → call ) kann man die Sache verfeinern, denn hier profitiert man vom Hebel (geringer Kapitaleinsatz bei hoher Gewinnchance; vgl. → leverage ).
    • Der solide Langfristanleger ist automatisch außen vor, wenn es um die Erwartung sinkender Kurse geht. Es ist eine weitere blumige Spielwiese für Spekulanten. Über eine Verkaufsoption (Recht zum Verkauf eines Wertpapiers zum vorher vereinbarten Preis innerhalb einer bestimmten Frist; siehe → put ), aber auch durch → Leerverkäufe werden hier Gewinne generiert.
    • Von schwankenden Kursen können indirekt all jene Anleger profitieren, die in Optionen investiert sind oder investieren möchten. Denn wie wir gesehen haben, beschert eine hohe → Volatilität dem Optionsinhaber hohe Optionspreise – sofern er auf das richtige Pferd gesetzt hat. Aber auch eine unmittelbare Partizipation an Kursschwankungen ist möglich, indem man zum Beispiel ein → Zertifikat erwirbt, dessen Wertentwicklung an einen bestimmten Volatilitätsindex gekoppelt ist.
    Überhaupt vereinigt die Welt der Zertifikate alle Spekulationsrichtungen. Denn es handelt sich hier um Schuldverschreibungen mit Optionsbeimischungen – und über Optionen kann man (s.o.) von steigenden, sinkenden und schwankenden Kursen profitieren.
    Das Kasino der Spekulanten ist rund um die Uhr geöffnet. Der solide, an Substanz orientierte Langfristanleger spielt im Grunde genommen nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Spielvarianten, sprich: Handelsmöglichkeiten in unserem Kasino sind mannigfaltig, und die Spiele können via Internet in Sekundenschnelle abgewickelt werden. Weitere Krisen werden da nicht lange auf sich warten lassen.

W
    Von Wellen und Werten
    Mit modernen Anlageformen die perfekte Welle machen: WAVEs versprechen viel, sind aber, wie alle Finanzinnovationen, sehr tückisch. Wer meint, er könne auf diese Weise Werte schaffen , landet schneller auf dem Boden der Tatsachen, als ihm lieb ist. Wetten , dass?

WAVEs
    Mit WAVEs, die zum Beispiel von der Deutschen Bank für jedermann leicht verfügbar über das Internet angeboten werden (vgl. → x-trackers und x-markets ), erwirbt ein spekulationsgetriebener Anleger Optionen, also das Recht zum Kauf (→ call ) oder Verkauf (→ put ) eines Finanzinstruments innerhalb der nächsten Zeit zu einem bereits jetzt vereinbarten Preis. Das Finanzinstrument kann eine Aktie sein; häufig wird allerdings auch ein → Index zugrunde gelegt, → Rohstoffe und Nahrungsmittel sind ebenfalls gern gesehene Bezugsgrößen. Die Besonderheit gegenüber normalen Optionen besteht darin, dass es hier einen → knock out gibt. Dies ist eine Barriere; wird diese bei einer Kaufoption unterschritten beziehungsweise bei einer Verkaufsoption überschritten, verfällt das Optionsrecht. Das WAVE-Produkt ist dann quasi wertlos geworden, zum Trost gibt es noch einen Zehntel Cent. Hat man also 900 WAVEs zu beispielsweise 2 Euro gekauft, wird man mit 1 800 Euro auf seinem Konto belastet. Nach dem K.o. fällt die Gutschrift des Erinnerungswertes mit insgesamt 90 Cent daran gemessen etwas mager aus.
    Aber es winken ja Gewinnchancen! Und die möchten sich die vielen Möchtegern-Investmentbanker und → Renditejäger schließlich nicht entgehen lassen. Eine Rendite wird üblicherweise als Jahresverzinsung ausgewiesen. Man hat also soundso viel Prozent pro anno (oder per annum , p.a.) erwirtschaftet. Je kürzer nun der Zeitraum ist, in dem ein bestimmter Gewinn eingefahren wird, umso beeindruckender fällt die Rendite aus. 2 Euro Ertrag aus 100 Euro Kapitaleinsatz ergeben bei einem Anlagezeitraum von einem Jahr eine Rendite von 2 Prozent. Werden die 2 Euro innerhalb eines halben Jahres, beziehungsweise eines Quartals kassiert, verdoppelt beziehungsweise vervierfacht sich die Rendite. Damit entsteht die Verlockung nach schnellem Verdienst. Und auch auf diese Verlockung hat sich die Finanzbranche schnell, konsequent und flexibel eingestellt. Es gibt nämlich DayWAVEs als Anlagevariante. Diese Wellen werden mit einer Laufzeit von nur einem Tag angeboten und an ihrem großen Tag nahezu rund um die Uhr gehandelt. Noch deutlicher kann man den Spekulationsgedanken nicht herausstellen.
    Wer beispielsweise einen DayWAVE als → call (Kaufoption) auf einen Index zum Preis von 3 Euro um 8 Uhr morgens kauft, muss den Verlauf des Indexes gebannt verfolgen. Mit jeder Indexbewegung wird auch die Tageswelle angetrieben – sinkt der Index, verliert der DayWAVE, bei einer Indexsteigung gewinnt er

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