Das kritische Finanzlexikon
Mittelfeld jedoch nur 1 Prozent. Dann geht es bergauf: Die Gruppe 6 konnte Einkommensgewinne von etwas mehr als 1 Prozent verzeichnen, bei der Spitzengruppe sah es mit einem Zuwachs von mehr als 15 Prozent natürlich am besten aus.
V
Fast alles geht – sofern sich nichts ändert
Sie gab sich locker und modern und trug doch wesentlich zur einer der heftigsten Finanzkrisen der letzten Zeit bei: die Verbriefung von Krediten. Aber auch ohne fragwürdige Verbriefungsprodukte sind unsere Kapitalmärkte schon sensibel genug: Die Volatilität steigt permanent. Für besonders gerissene Marktteilnehmer ist dies jedoch kein Alarmsignal. Sie nutzen hohe Kursschwankungen in ihrem Sinne aus. Dem kann man Einhalt gebieten, zum Beispiel durch die Einführung einer Volcker-Regel oder durch die Einführung eines Automatismus namens Vollgeld . Dann weht ein schärferer Wind für Spekulanten, und sie können nicht mehr so ohne weiteres von steigenden, sinkenden und schwankenden Kursen profitieren .
Verbriefung
Die Idee, eine Forderung zu verbriefen, ist uralt. Bereits in der Antike findet man Beispiele für Schuldscheine. Verbriefung bedeutet nichts anderes als die Ausstellung einer Urkunde, aus der eine bestimmte Forderung hervorgeht. Im Laufe der Zeit wurde diese einfache Form verfeinert. Eine Staatsanleihe, die mit einem Volumen von mehreren Milliarden Euro herausgegeben wird, verbrieft der Schuldner durch sogenannte Sammelurkunden, welche die Gesamtsumme der Anleihe verbriefen. Das Gleiche gilt für Aktien. Man kann dann Untereinheiten (Nennwerte) dieser Gesamtsumme handeln. Für die Beteiligten ist die Existenz von Verbriefungsurkunden jedoch nicht von Belang. Ein Kunde, der 10 000 Euro Nennwert einer Bundesanleihe oder 50 VW-Aktien erworben hat, erhält keine Urkunde, sondern lediglich einen Depotauszug, in dem sein Anteil von 10 000 Euro beziehungsweise 50 VW-Aktien aufgeführt wird (Für die Abwicklung der urkundentechnischen Seite eines Wertpapierhandels sind spezielle Finanzdienstleistungsunternehmen wie bespielweise die Clearstream International S.A. mit Sitz in Luxemburg zuständig).
Im Zusammenhang mit der Finanzkrise 2007 taucht der Begriff Verbriefung regelmäßig aus. Verbrieft wurden hier Immobilienfinanzierungen, vor allem die fragwürdigsten unter ihnen, die → ninja loans . Bis Ende 2006 wurden die Kredite den Leuten nachgeworfen. Fast jeder griff zu. Damit fortlaufende neue Umsätze generiert werden konnten, reaktivierten gierige Investmentbanker das Verbriefungsprinzip. Sie fassten verschiedene Forderungsbündel zusammen, dokumentierten diese mittels Vertragsurkunden und hatten so ein Instrument, mit dessen Hilfe man die Bündel (mit der schönen Bezeichnung → CDO ) handeln konnte. Als der Markt zusammenbrach, bekamen wir alle die Folgen zu spüren.
Eigentlich klingt der Begriff Verbriefung zunächst harmlos, ja sogar seriös. Irgendwie nach »Brief und Siegel«. Dahinter steckt jedoch nichts anderes als eine schnöde Risikoabwälzung. Denn nach der Verbriefung und dem Verkauf eines Forderungsbündels trägt nicht mehr der Initiator, also derjenige, der sich die Verbriefung einfallen lässt, das Risiko eines Kursrückgangs. Es sind vielmehr die Inhaber der angeblichen Wertpapiere , die – nachdem sie zuvor mit hohen Zinssätzen zum Kauf der verbrieften Forderungen gelockt wurden – jetzt ziemlich dumm aus der Wäsche schauen. Daher musste sich die Krise im Zusammenhang mit den exzessiven Immobilienkreditvergaben zwangsläufig in der ganzen Welt ausbreiten, denn die CDO waren munter weltweit abgesetzt und gehandelt worden. Die mit der Verbriefung einhergehende Sprengkraft hatten viele unterschätzt, allen voran der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der noch im September 2008, kurz nach der Lehman-Pleite, konstatierte: »Die Finanzmarktkrise ist vor allem ein amerikanisches Problem.«
Volatilität
Unter dem Begriff Volatilität versteht man die Schwankungsbreite eines Finanzinstrumentes. Was dies bedeutet, wird aus der folgenden Abbildung zum Kursverlauf zweier (fiktiver) Aktien deutlich:
Beide Aktien sind von Januar bis Mai etwa um das Vierfache gestiegen. Auch hinsichtlich der beiden Ausschläge im Februar und März ähneln sich die Verläufe. Die Ausschläge sind jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt. Die A-Aktie ist offenbar schwankungsanfälliger, sprich: volatiler. Für einen Spekulanten, der an kurzfristigen Gewinnen interessiert ist, bedeutet dies: »Mit der A-Aktie kann ich
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