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Das kritische Finanzlexikon

Das kritische Finanzlexikon

Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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Eingängigkeit hat die Quantitätsgleichung die Ökonomie nachhaltig geprägt. Erste Gedanken zu der Gleichung steuerte der englische Philosoph John Locke bei. Der Ökonom Irving Fisher präzisierte sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. (Daher wird sie auch als Fisher’sche Verkehrsgleichung bezeichnet.) Fisher lieferte so eine wichtige Grundlage für das Theoriegebäude der Monetaristen. Für diese Leute ist die Steuerung der Geldmenge eine zentrale Größe zur Beeinflussung der wirtschaftlichen Entwicklung. Wächst die Geldmenge stärker als das realwirtschaftliche Produktionspotenzial, so führt dies zu einer Inflation. Aufgabe einer Zentralbank ist es daher, die Geldmenge so zu steuern, dass die Inflation nicht überhandnimmt. Die bis zur Gründung der EZB (→ Europäische Zentralbank ) für die Geldpolitik in Deutschland verantwortliche Deutsche Bundesbank sah sich diesem Dogma in enger Weise verbunden.
    Aber die Relation Geld – Güter stimmt schon lange nicht mehr. Die Zentralbanken, egal ob → Europäische Zentralbank , amerikanische Fed oder die Bank of Japan, haben vor allem in den letzten Jahren ihre Bankensysteme mit Unsummen an Geldern (vgl. auch → Tender und → quantitative easing ) vollgepumpt. Ein Beispiel: Alleine die Fed stattete ihren Finanzsektor seit 2008 mit annähernd 3,5 Billionen US-Dollar aus. Diese ganzen Gelder sollen nach monetaristischem Verständnis die Wirtschaft ankurbeln. Herausgekommen ist aber etwas anderes: Das Geld landete nicht in der Realwirtschaft, sondern gelangte in die Fänge eines gigantischen Spekulationssystems. Und so bilden sich → Blasen – beim Gold, bei Immobilien oder auf Aktienmärkten. Die Tatsache, dass es so gekommen ist, haben wir wieder den Neoliberalen zu verdanken, denn vom Monetarismus ist es nicht weit zum Neoliberalismus. Der 2006 verstorbene Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman war nicht nur bekennender Monetarist; er betrachtete sich darüber hinaus als klassischen Liberalen. Er schätzte die Vorteile freier Märkte und lehnte staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen ab.

Quellensteuer
    Bei einer Quellensteuer geht es darum, dass der Staat eine ihm zustehende Steuer nicht über den Umweg einer Einkommensteuererklärung des Schuldners erhält, sondern direkt an der Quelle kassiert, also dort, wo das Einkommen entsteht. Ein für jeden Arbeitnehmer gut nachvollziehbares Beispiel ist die Lohnsteuer. Die Quelle ist hier der Arbeitgeber. Dieser überweist die von ihm monatlich bei einer Gehaltszahlung einbehaltene Lohnsteuer an das Finanzamt. Ein weiteres Beispiel für eine Quellensteuer ist die bereits im Abschnitt → Jubel beschriebene Kapitalertragsteuer, auch Abgeltungsteuer genannt. Hier behält die Bank, die Wertpapiererträge (Zinsen, Dividenden, Kursgewinne) gutschreibt, 25 Prozent des Ertrages (zuzüglich 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer) ein, sofern die Gutschrift den Freistellungsauftrag des Kunden (801 Euro bei Ledigen, 1 602 Euro bei steuerlich zusammen veranlagten Eheleuten) überschreitet. Der einbehaltene Betrag wird dann an das Finanzamt überweisen.
    Im Vergleich dieser beiden Beispiele wird die Bevorzugung deutlich, die der Gesetzgeber den Einkünften aus Kapitalvermögen gegenüber Arbeitseinkünften angedeihen lässt. Dem Lohnsteuerabzug kann ein Arbeitnehmer nicht entkommen. Der bei Zahlung des Gehalts abgezogene Betrag ist als Einkommensteuervorauszahlung anzusehen. Kommt der Arbeitnehmer bei seiner Einkommensteuererklärung auf eine Steuerschuld, die geringer ist als die Summe seiner monatlichen Lohnsteuerabzüge, erhält er Geld zurück; anderenfalls muss er Einkommensteuer nachzahlen.
    Bei der Abgeltungsteuer geht es nur in eine Richtung. Wer bei der Gutschrift von Kapitalerträgen einen Abzug von beispielsweise 200 Euro Abgeltungsteuer nachweist, laut Berechnung seines Finanzamtes auf die Kapitalerträge jedoch nur 150 Euro Einkommensteuer zahlen müsste, bekommt eine Erstattung von 50 Euro. Der Gutverdiener jedoch, der die gleichen Kapitalerträge mit 250 Euro hätte versteuern müssen, muss nichts nachzahlen – seine Steuerschuld gilt mit dem Abzug der Kapitalertragsteuer als »abgegolten«. Daher der Name Abgeltungsteuer. Einkommensteuersätze können in der Spitze bis auf 45 Prozent klettern. Gutsituierte Anleger sparen bei ihren Kapitaleinkünften also per se eine Menge Steuern.
    Die Besteuerung von Kapitaleinkünften ist also sehr anlegerfreundlich gestaltet. Überall in der Welt.

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