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Das kritische Finanzlexikon

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Titel: Das kritische Finanzlexikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Wierichs
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Anleihenzinssatz (Nominalverzinsung) entspricht. Für die Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften ergibt sich daraus eine schöne Gewinnmitnahmemöglichkeit. Sie verkaufen die zu 96 Prozent erworbene Anleihe zum höheren Kurs und haben für die Zeit, in der sie das Wertpapier gehalten haben, neben den Zinsen auch einen Kursgewinn eingefahren. Das aus dem Verkauf erhaltene Geld der EZB können sie jetzt für weitere lukrative Geschäfte einsetzen.
    Für den kreditsuchenden Staat ist es letztlich unerheblich, ob die EZB seine Anleihen am Primär- oder am Sekundärmarkt erwirbt. Das Geld bekommt sie ohnehin. Der Umweg über den Sekundärmarkt stellt allerdings nicht nur ein massives Zugeständnis an die Bankenwelt dar. Die EZB muss so agieren, da sie ansonsten formal-rechtlich einen Verstoß gegen den EU-Vertrag von → Lissabon begehen würde. Der verbietet nämlich eine (direkte) Primärmarktfinanzierung von EU-Staaten.
    Das Ausmaß der indirekten Staatsfinanzierung durch die EZB kann man recht anschaulich zum Beispiel anhand des Zeitraums Mai 2010 bis Februar 2012 grafisch verdeutlichen:

    Der »Sündenfall« begann im Mai 2010; erstmalig betrieb die EZB quantitative easing in größerem Stil. Aus heutiger Sicht waren es läppische 16,5 Milliarden Euro, die marktwirksam angekauft wurden. Als im Spätsommer 2011 die Diskussion um die ganzen schwächelnden Eurostaaten so richtig begann, kam die quantitative-easing -Maschinerie der EZB so richtig in Schwung. Im Februar 2012 war man schließlich bei etwa 220 Milliarden angekommen. Aktuell hält die EZB immer noch über 200 Milliarden Euro in ihren Büchern. Und EZB-Chef Mario Draghi erweckt bis heute nicht den Eindruck, als sei er daran interessiert, das Programm herunterzufahren. » Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough «, ließ er im Juli 2012 verlauten. Die EZB werde also alles Menschenmögliche tun, um den Euro zu schützen. Anfang September 2012 wurde das Programm dann amtlich. Der EZB-Rat, das oberste Entscheidungsorgan, gliederte das Unterstützungsprogramm mit der Bezeichnung securities markets programme (SMP) unter der Rubrik outright monetary transactions (OMT) in ihr geldpolitisches Instrumentarium (vgl. → Tender ) ein.

Quantitätsgleichung
    Das folgende Beispiel wurde bereits in den Abschnitten → abartige Entwicklung und → clearing beschrieben:
    Ein Wanderer hinterlässt 100 Euro quasi als Kaution beim Wirt des Gasthauses »Zum Löwen«. Der Wirt rennt mit dem 100-Euro-Geldschein zu seinem Getränkelieferanten und begleicht dort seine letzte Rechnung. Der Getränkelieferant seinerseits hat noch Schulden beim Dorfmetzger, und dieser kann sich jetzt an dem 100-Euro-Schein erfreuen. Leider muss auch er den Schein weitergeben, denn er hat noch eine Verbindlichkeit beim Wiesenbauern zu begleichen. Auch der Wiesenbauer ist jetzt glücklich, kann er doch endlich seinen umfangreichen Bierdeckel beim »Löwen« auslösen. Am Nachmittag nimmt der Wanderer das Geld wieder mit. Aber die Dorfbewohner sind jetzt schuldenfrei.
    Das Beispiel ist so konstruiert, dass sämtliche Transaktionen auch ohne Geld ablaufen könnten. Zudem gleichen sich die Vorgänge aus; das Endresultat »schuldenfreies Dorf« ist daher nicht verwunderlich.
    Schauen wir uns jetzt die Güter mal genauer an. Wir beginnen beim Bauern. Dieser hat im Laufe der letzten Woche 40 Bier zu je 2,50 Euro getrunken. Der Metzger bezog in der gleichen Woche eine große Schweinehälfte für 100,00 Euro. Daraus fabrizierte er saftigen Schweineschinken, von dem er 4 Kilogramm zum Preis von 25,00 Euro pro Kilo an den Getränkelieferanten veräußerte. Der wiederum belieferte den Wirt mit fünf Fässchen Bier zu je 20,00 Euro. Betrachten wir nun die Geldseite und die Güterseite getrennt voneinander:

    Daraus ergibt sich die sogenannte Verkehrsgleichung des Geldes, auch Quantitätsgleichung genannt. Es handelt sich im Grunde genommen um eine Selbstverständlichkeit; daher kann man sie mathematisch auch als Tautologie bezeichnen. Es gilt die Beziehung:

    Die Geldmenge besteht hier aus dem 100-Euro-Schein. Mit der Umlaufgeschwindigkeit wird die Häufigkeit beschrieben, mit der diese Geldmenge umgesetzt wird (im Beispiel vier Mal). Das Handelsvolumen beträgt 50 Gütereinheiten, der Durchschnittspreis 8 Euro je Gütereinheit. Es ergibt sich also: 100 * 4 = 50 * 8.
    Trotz (oder möglicherweise gerade vielleicht auch wegen) ihrer

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