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Das Kuckucksei

Das Kuckucksei

Titel: Das Kuckucksei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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das auch.«
    Dorn senkte den Kopf auf den Arm, auf ein Knie gestützt. Duun achtete auf ihn, sah aber nur die Klinge an und polierte den rasiermesserscharfen Stahl mit sanften Bewegungen eines Öltuches. Ölgeruch und Stahl. Stahl und Öl. Mit der verstümmelten rechten Hand führte er das Tuch, mit der unversehrten linken hielt er die Klinge.
    »Gib es weg, Dorn! Du bist ein Hatani. Hatani besitzen nichts. Nur die Waffen und den Umhang auf ihrem Rücken. Diesmal verlierst du nur einen Ort. Wenn du zu dem geworden bist, der du sein wirst, dann besitzt du nichts mehr. Ich habe diesen Ort nur benutzt. Du und ich, wir haben es getan. Es war ein Abschnitt, und er ist jetzt vorbei.«
    Dorn hob das Gesicht. Er hatte es sich verschmiert, indem er darüberwischte. Seine Wimpern waren feucht. »Entschuldige, Duun.«
    Duuns Hände hielten inne, und er schwieg eine Zeitlang. Dann fuhr er mit den Bewegungen fort. »Du verlierst vielleicht ein Jahr hier, vielleicht zwei, dann wären wir ohnehin gegangen. Zwei Jahre, das sind nicht viel. Du weinst. Wenn du das morgen auch machst, schlage ich dich. Verstanden?«
    »Ja«, sagte Dorn.
     
    Sie brachen in der Dämmerung auf. Langsam folgten sie dem gewundenen Pfad, und Duun zeigte keinen sichtbaren Zorn mehr. »Joiit«, sagte Duun einmal, benannte damit ein Vogellied. Da überlegte Dorn, daß es an dem von Leuten wimmelnden Ort, den Duun ihm beschrieben hatte, keine Vögel geben konnte; und der Gesang aus den Wäldern schmerzte ihn tief. Schon der Wind in den Blättern tat es und das seidige Gefühl des Staubes unter seinen wunden Füßen. Der Arm tat ihm weh beim Gehen. Der Kopf fühlte sich leicht an. Sie hatten das Haus abgeschlossen und waren zum Hof hinausgegangen; und einmal hatte Duun zurückgeblickt und Dorn ebenfalls, als das Haus gerade aus dem Blickfeld verschwand. Es sah nicht anders aus wie sonst, wenn sie zur Jagd gegangen waren. Dasselbe Licht lag auf den braunen Steinwänden, und derselbe Hiyi wuchs da und dort auf dem Grün mit den lavendelfarbenen Rändern. Dies alles wirkte auf diese Entfernung, am Morgen, verschmutzt und gefärbt wie die Erde. Es war wie an jedem Morgen. Das Haus schien auf sie warten zu wollen. Würde während der kommenden Tage weiter auf sie warten. Jemand würde kommen, sagte Duun, um die Zimmer auszuräumen. Dann würden die Landleute kommen und es zurücknehmen. Die Kinder würden die Zimmer auskundschaften und im Hof Fangen spielen ...
    ... und in den Wäldern jagen. Sie würden den alten Baum finden, auf dem man so gut in der Sonne liegen konnte; den hohlen Felsen, von dem aus man einen so guten Blick über den kleinen Teich weiter hinten in den Bergen hatte; sie würden die Wege und Pfade entdecken, auf denen Duun ihn geführt hatte ...
    Dorn vergoß keine Tränen. Als sein Herz so sehr weh tat, wandte er den Blick ab und sah hinauf zum Himmel und auf die Straße, sagte etwas, egal was, und er ballte die Hand des verletzten Armes zur Faust, damit es schmerzte und seine Gedanken ablenkte.
    Er tat das auch, als der Vogel sang. Und als der Wind so vertraut in den Blättern raschelte; und als Dorn erkannte, daß er trotz seiner Geruchsblindheit Dinge riechen konnte, wie den Staub und das Gras und den beißendscharfen Geruch der Lugh-Blumen, der besonders stark war, wenn man sie zerdrückte. Als Kind hatte Dorn ihnen die Blüten abgerissen und festgestellt, daß seine Hände vor Saft klebten, alles ein Aroma mit dem Sonnenlicht und den wirbelnden goldenen Blüten ...
    Alles strömte auf ihn ein. Die Anblicke erinnerten ihn schmerzlich an den Abschied, den er jetzt von dieser Gegend nahm, überall entlang der Straße. Und Duun schwieg meistens. (Auch Duun ist hier jung gewesen und kennt den alten Baum, den Stein - sämtliche Wege - er hat sie mir ja gezeigt. Von ihm habe ich dies alles erhalten. Duun!)
    Der Wald breitete sich seitlich der Straße aus, eine Flut grüner Wipfel, deren Färbung in Purpur überging. Hinter ihnen fiel der Boden zu dem Tal ab, wo die Bauern lebten, selbst wieder gefolgt von einem hellen Dunst, einem flachen Land; und der gewaltige Himmel breitete sich darüber, ein wahnsinniges Blauviolett, und Wolkenbänder wie Eis auf einem Teich, weit, weit über der Ebene, in milchiges Weiß hinein verschmelzend.
    Schrecken befiel Dorn. Der Himmel hinter dem Berg war viel zu groß. Wir werden fliegen, hatte Duun gesagt. Entsprechende Maschinen warteten auf sie, wie Duun erwähnt hatte. Gelegentlich, wenn die Meds kamen, hatte Dorn

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