Das Kuckucksei
Gleichgewicht raubte, ihn dann fest in einem würgenden Griff hielt. Dorn bückte sich, umfaßte den verletzten Arm mit der anderen Hand und versuchte, einen Stoß anzubringen. Übelkeit durchzuckte ihn bis in die Zahnwurzeln. Er wurde zurückgezogen, rutschte auf den Blättern aus, und sein verletzter Arm wurde verdreht. »Verschwinde von hier!« zischte ihm Duun ins Ohr. »Dorn, Dorn - ich bin es! Lauf, was du kannst! Nach Hause!«
Duuns Hand ließ ihn los und stieß ihn dafür heftig in den Rücken. Dorn lief davon. Er glitt auf Blättern aus und lief weiter; die Seite tat ihm weh. Feuer brauste hindurch. Der Arm tat weh, und mit jedem Schritt durchzuckte ihn der Schmerz. (Nach Hause laufen!)
(Glaube ich dir, Duun? Tue ich, was du sagst? Oder ist es eine Falle, Duun?)
Ein Gewehrschuß krachte. Mehrere. Er hörte das Echo an den Bergen. Rufe ertönten - Stimmen waren zu hören und das Heulen von Tieren.
(Aber Duun ist dort hinten!) Dorn blieb stolpernd stehen, stieß in seiner Blindheit gegen einen Baum und lehnte sich mit dem Rücken daran. Das Bild vor seinen Augen verschwamm. Der Schmerz war jetzt ein gewaltiges Pochen, war schon über jeden Schmerz hinaus oder hatte das Herz erreicht. Er blinzelte, bis die nächtliche Szenerie wieder so deutlich war wie nur möglich. Er sah Lichter. Noch mehr Stimmen ertönten - Rufe und Schreie und Geheul; wieder krachte ein Gewehrschuß.
(Duun!)
Dorn lief wieder den Hang hinunter, hielt den schlaffen Arm dabei so ruhig, wie er konnte. Äste stachen ihm ins Gesicht, und er zog den Kopf ein, lief blind, vertraute darauf, daß die Steigung des Geländes ihm verriet, ob es nach oben oder unten ging. Schließlich nahm er die rechte Hand zur Hilfe, um das Gestrüpp abzuwehren, und zog den linken über die Brombeersträucher, die ihm heftige kalte Schläge versetzten. Er hörte den eigenen Atem, spürte das Zerren in der Brust - da war keine Nacht mehr und keine Welt: Alles war auf Körpergröße geschrumpft, und alle Geräusche waren verschwunden und nur sein Atem und sein Herz waren noch zu hören.
(Sie werden ihn töten - wie sie ihr Vieh töten! - Duun! )
Ein Ast schob sich ihm in den Weg, legte sich lebendig um ihn, hielt ihn fest. »Dorn, du verdammter Dummkopf!«
Dorn hing an Duuns Arm, wurde von dessen starkem Griff herumgeworfen. Duun packte ihn an beiden Armen und schüttelte ihn, schleuderte damit seinen Kopf nach hinten.
»Dummkopf! Wo wolltest du hin?«
Er konnte keine Antwort geben. Der Schmerz kam in Wellen.
Duun schüttelte ihn wieder. Es war Duun. Er roch nach Duun. (Geruchsblind. Geruchsblinder Dummkopf!)
»Ich mußte jemanden verletzen«, sagte Duun. Er war wütend. Schüttelte Dorn wieder. »Hörst du mich, Dummkopf? Ich mußte deinetwegen jemanden verletzen!«
»Ich dachte ... ich dachte ...« Der Schock überwältigte Dorn. Der Unterkiefer geriet ihm außer Kontrolle, und er klapperte mit den Zähnen. Und Duun legte ihn auf den Boden. (»Wie oft haben sie dich erwischt? Ihr Götter. Ihr Götter. Ich sehe es ...«) Er streckte ihn dort auf dem bewaldeten Hang aus und untersuchte den Arm, während das Hier und das Anderswo für Dorn kamen und gingen.
»Warum?« fragte er Duun. »Warum haben sie das getan?« Sein Unterkiefer zuckte krampfhaft, die Zähne klapperten, und der Schmerz kam in Wellen. »Duun, sollten sie das tun?«
»Halt den Mund!« entgegnete Duun. Und tat ihm weh, ob nun absichtlich oder aus Versehen. Dorn wurde kurz bewußtlos und kam wieder zu sich, als Duun ihm einen leichten Klaps ins Gesicht gab. »Kannst du die Finger bewegen? Ich habe ein Gel daraufgetan. Beweg die Finger, hörst du?«
Dorn versuchte es. Er glaubte, daß sie sich bewegten. Er preßte die Kiefer zusammen, denn Duun zog ihn sich an die Schulter und stellte ihn auf die Füße. Die Welt kippte von oben nach unten, als Duuns Schulter in seine Leiste stieß und ihn hochhob. Es tat weh. Der verletzte Arm schlenkerte. Zuckender Schmerz, während Duun lief. Die Welt wurde schwarz und rot. Phosphene huschten in Dorns Augen und in der Dunkelheit umher. Äste strichen über seinen Rücken. Instabilität herrschte, als Duun kletterte, so daß Dorn sich nicht mehr zu regen wagte. Aber die Schmerzen, die Schmerzen ...
Dunkelheit breitete sich aus. Dann setzte Duun ihn ab, so daß er mit den Knien auf dem Hang lag, und hielt ihn weiter fest. Duuns Atem blies in sein Gesicht.
»Du mußt jetzt gehen«, sagte Duun. »Verstehst du mich? Verstehst du mich, Dorn? Du mußt jetzt
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