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Das Kultur-Spiel

Das Kultur-Spiel

Titel: Das Kultur-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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echt?«
    »Die intellektuelle Leistung. Die Übung in Geschicklichkeit. Die menschlichen Gefühle.«
    Yay verzog ironisch den Mund. »Ich sehe, wir haben einen langen Weg zurückzulegen, bevor wir einander verstehen, Gurgeh.«
    »Dann lass mich dir helfen.«
    »Ich soll dein Protegée sein?«
    »Ja.«
    Yay blickte von ihm zu den Brechern auf dem goldenen Strand und wieder zurück. Da der Wind stark blies und die Brandung rauschte, fasste sie langsam hinter ihren Kopf, kippte den Helm nach vorn und ließ ihn einrasten. Ihm blieb es überlassen, sein eigenes Spiegelbild auf ihrer Sichtscheibe anzustarren. Er fuhr sich mit der Hand durch die schwarzen Locken.
    Yay schob die Sichtscheibe hoch. »Ich möchte dich sehen, Gurgeh. Chamlis und ich kommen dich übermorgen besuchen, ja?«
    »Wenn du möchtest.«
    »Ich möchte.« Sie blinzelte ihm zu und stieg die Düne wieder hinunter. Im Vorübergehen gab sie sein Gewehr einem Bergungsroboter, der mit glitzerndem metallenem Abfall beladen war.
    Gurgeh blieb einen Augenblick lang stehen, die Teile der demontierten Maschine in den Händen. Dann ließ er sie wieder in den toten Sand fallen.

Er roch die Erde und die Bäume an dem seichten Teich unterhalb des Balkons. Der Himmel war bedeckt, und es war sehr dunkel. Nur ein schwacher Schimmer kam von oben, wo die Wolken von den hellen Platten der fernen Tagseite des Orbitals angeleuchtet wurden. Wellen schwappten in der Finsternis, laute Schläge gegen die Rümpfe unsichtbarer Boote. Lichter blinkten rings um das Ufer des Sees. Dort standen niedrige College-Gebäude zwischen den Bäumen. Die Party war eine Präsenz hinter seinem Rücken, etwas, das er nicht sah, das aus dem Fakultätsgebäude heranflutete wie Donnergrollen, Musik und Lachen und die Düfte von Parfum und Essen und exotischen, nicht zu identifizierenden Dämpfen.
    Superblau stürmte auf ihn ein, umzingelte ihn. Die Wohlgerüche der warmen Nachtluft, die sich aus der Reihe offener Türen hinter ihm ergossen, trugen auf ihren Wellen den Lärm, den die Leute erzeugten. Sie wurden zu einzelnen Luftsträngen, Fasern, die sich von einem Seil abwickelten, und jede hatte ihre eigene bestimmte Farbe und Charakteristik. Die Fasern wurden zu Erdklumpen, etwas, das man zwischen den Fingern zerreiben, absorbieren, identifizieren kann.
    Da: Dieser rotschwarze Geruch nach gebratenem Fleisch! Er jagte das Blut schneller durch die Adern, förderte die Speichelabsonderung, wurde von getrennten Teilen seines Gehirns gleichzeitig als verlockend und als ein wenig abstoßend eingestuft. Die animalische Wurzel roch Brennstoff, proteinreiche Nahrung; der Mittelhirnstamm registrierte tote, verbrannte Zellen… während der Baldachin des Vorderhirns beide Signale ignorierte, weil er wusste, sein Bauch war voll, und das gebratene Fleisch stammte nicht von einem richtigen Tier.
    Er nahm auch das Meer wahr, einen salzigen Geruch aus zehn oder mehr Kilometern Entfernung, jenseits der Ebene und der niedrigen Hügel, ein weiterer aufgefaserter Strang wie das Netz und Gewebe der Flüsse und Kanäle, die den dunklen Teich mit dem ruhelosen fließenden Ozean jenseits des duftenden Graslandes und des würzigen Waldes verbanden.
    Superblau ist ein für Spieler typisches Sekret, ein Produkt der durch Genmanipulierung modifizierten Drüsen in Gurgehs Schädel unterhalb der alten, animalischen Bereiche seines Gehirns. Die Palette der im eigenen Körper hergestellten Drogen, aus der die große Mehrheit der Kultur-Individuen wählen kann, umfasst bis zu dreihundert verschiedene Komponenten von unterschiedlicher Beliebtheit und Raffinesse. Superblau ist eine der am wenigsten benutzten, weil es kein direktes Lustgefühl vermittelt und seine Erzeugung beträchtlicher Konzentration bedarf. Aber es ist gut für Spiele. Was kompliziert ausgesehen hat, wird einfach; unlösbare Aufgaben werden lösbar, Undurchschaubares wird offensichtlich. Eine Mehrzweckdroge, ein Abstraktionsmodifizierer, kein Sinnesverstärker, kein sexuelles Stimulans und kein physiologisches Aufputschmittel.
    Und er brauchte es nicht.
    Das wurde offenbar, sobald der erste Andrang erstarb und die Plateau-Phase eintrat. Der Junge, gegen den er spielen sollte und dem er eben bei dessen vorhergehender Partie in Vier Farben zugesehen hatte, bevorzugte einen Stil der Täuschung, mit dem Gurgeh jedoch leicht fertig werden würde. Was der Kleine machte, wirkte eindrucksvoll, war aber zum größten Teil Show, modisch, verwickelt – und gleichzeitig

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