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Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
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konnte, dass niemand sich würde blicken lassen, nahm er den Raum genauer unter die Lupe. Er kniete sich hin, um Garners Fesseln in Augenschein zu nehmen: robuste Kabelbinder aus Kunststoff, mit denen ihm die Handgelenke auf dem Rücken zusammengebunden waren. Viel zu stabil, als dass Garner sie irgendwie selbst hätte zerreißen können – vermutlich waren sie für eine Belastung von mehreren hundert Pfund konzipiert. Mit Kabelbindern derselben Art waren Garners Schultern und Knöchel an dem Gestell der Sackkarre fixiert, das aus Stahlrohren bestand.
    Travis besah sich das Loch, das weiter oben in die Wand geschlagen worden war, damit die ganze Vorrichtung an der Wandverstrebung dahinter befestigt werden konnte. An der Bruchstelle war zu erkennen, dass die Wand aus normalem Gipskarton bestand – ungewöhnlich für ein Flugzeug, an Bord der Air Force One aber wohl nicht weiter verwunderlich. Die Strebe, um die der Kabelbinder geschlungen war, bestand aus Metall – Aluminium wahrscheinlich – mit glatten, maschinell geschnittenen Kanten, das selbstverständlich hundert Prozent stabil war – immerhin bestand das gesamte Flugzeug daraus.
    «Wenn Sie mich später losschneiden wollen, in dem Schreibtisch da liegt ein Nagelknipser.» Garner deutete mit dem Kopf hinüber. «In der Schublade oben rechts. Da ist jede Menge Kram drin, aber wenn Sie ein bisschen wühlen, finden Sie ihn schon.»
    Von draußen drang das Heulen der Turbinen herein, die jetzt gestartet wurden, erst bei dem einen Hubschrauber, dann bei dem anderen. Eine Minute später setzten sich die Rotoren in Bewegung, drehten sich zunächst mit schweren, sausenden Flügelschlägen in der Luft, ehe sie auf die volle Drehzahl beschleunigten und die Hubschrauber sich hörbar in die Lüfte erhoben und davonschwirrten.

    Die nächsten zwei Stunden über passierte nichts. In dem Flugzeug war es totenstill, obwohl zumindest Holt sich vermutlich noch an Bord befand. Und wohl auch Porter. Travis rechnete eigentlich damit, dass sie in dem Raum auftauchen und es bei Garner ein weiteres Mal mit der Verhördroge versuchen würden, aber das geschah nicht. Vielleicht hatten sie inzwischen tatsächlich jede Hoffnung aufgegeben, aus ihm noch irgendetwas herauszubekommen.

    Das Rotorgeräusch war wieder zu hören, kam näher und wurde lauter, bis es sich anhörte wie das Knattern eines MG. Die Hubschrauber landeten draußen, und die Rotoren kamen nach und nach zum Stillstand. Bald darauf waren wieder Stimmen zu hören, irgendwo weiter vorne in der Kabine. Zwei Minuten später hallte eine Abfolge hydraulischer Zischlaute durch die 747, und ihre Triebwerke begannen zu heulen. Travis zog das Überlebensmesser aus dem Futteral und verbarg es hinter dem Anzugoberteil.
    Holt und Porter saßen in dem Konferenzraum, während das Flugzeug auf die Startbahn zurollte. Über die Flughafengebäude und Rollbahnen draußen vor den Fenstern hatte sich mittlerweile dämmriges Zwielicht gesenkt. Porter war gerade in die handschriftlichen Notizen zum Gebrauch des Anzapfers vertieft – der Anzapfer selbst lag weiter auf der Ablage hinten an der Wand. Travis huschte an dem Raum vorbei und weiter in die Kabine, wo die anderen acht Männer den Start abwarteten. Nicht anders als ganz normale Flugpassagiere, die im Begriff waren, in einer riesigen Metallröhre gleich auf zweihundert Meilen in der Stunde zu beschleunigen. Angeschnallt waren sie zwar nicht, saßen aber alle mit dem Blick nach vorn auf ihren Plätzen, den Kopf hinten an die Rückenlehne gelegt.
    Fünf hatten sich ans Fenster gesetzt, alle auf der Backbordseite, während die übrigen drei sich für Plätze am Gang entschieden hatten, ebenfalls auf dieser Seite. Alle saßen in ihrer eigenen Sitzreihe. Alle konnten nur ihren jeweiligen Vordermann sehen, es sei denn, sie hätten sich umgedreht. Das Flugzeug steuerte auf die Startlinie seiner Rollbahn zu, und dann steigerte sich das Heulen seiner gigantischen Triebwerke zu einem derart ohrenbetäubenden Kreischen, dass in den nächsten dreißig Sekunden jeder Laut in der Kabine vom Lärm verschluckt wurde.
    Nach Ablauf dieser dreißig Sekunden, ehe das Flugzeug auch nur vom Boden abgehoben hatte und in den Steigflug übergegangen war, waren alle acht Mann mausetot.

    Travis machte sich nicht die Mühe, das Blut von der Klinge zu wischen oder das Messer noch einmal zu verbergen.
    Er kehrte zu dem Konferenzraum zurück, während das Flugzeug eindrehte und zum Steigflug ansetzte. Hielt

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