Das Labyrinth der Zeit
entsprechenden Regierungsstellen in den verschiedenen Ländern zu kontaktieren, um ihnen die Handynummern der Überlebenden zu übermitteln. Die jeweiligen Geheimdienste würden sich ihrer Landsleute annehmen und sie an irgendeinem sicheren Ort verbergen, bis sie außer Landes gebracht werden konnten. Von den hiesigen Behörden – ob auf lokaler, bundesstaatlicher oder nationaler Ebene – war da gewiss keine Hilfe zu erwarten. Sie alle unterstanden letzten Endes Holts Verfügungsgewalt.
Gleich nach der Ankunft in Casper würden sich die Jeeps voneinander trennen. Zur Weiterfahrt in einen anderen Ort reichte zwar der Saft in den Akkus nicht mehr, aber schon in Casper selbst würden die Überlebenden, auch auf sich allein gestellt, halbwegs in Sicherheit sein. Da niemand von ihrer Existenz ahnte, würde schließlich auch niemand nach ihnen suchen.
Travis wusste bereits, wohin er mit Paige und Bethany innerhalb der Stadt fahren würde. Was sie von dort aus unternehmen würden, stand noch nicht fest, obwohl er eine ungefähre Ahnung hatte.
Er warf einen Blick auf sein Handy.
9.20 Uhr.
Noch zehn Stunden und fünfundzwanzig Minuten bis zum Ende der Straße. Eine Zeitspanne, die jetzt, wo sie nicht mehr auf die Dienste des Anzapfers zurückgreifen konnten, auf einmal schrecklich verkürzt wirkte. Wie der kurze Augenblick, den das Fallbeil einer Guillotine dazu brauchte, in die Tiefe zu sausen.
22
Fünf Minuten, nachdem sie sich von den übrigen Fahrzeugen getrennt hatten, machte Travis mit dem Jeep vor einer Bowlingbahn halt, nur dreihundert Meter vom Flughafen entfernt, dem Casper/Natrona County International, und schaltete den Motor aus. Alle Tangent-Angehörigen waren mit einer zweiten Tarnidentität ausgestattet, aus Sicherheitsgründen war das unerlässlich. Bethanys wechselnde Alter Ego waren darüber hinaus in der Regel auch noch sehr gut betucht, was sich schon bei früheren Gelegenheiten bezahlt gemacht hatte, etwa wenn es darum ging, kurzfristig ein Flugzeug zu chartern. Auch diesmal wieder würden sie von diesem Kniff Gebrauch machen, sobald sie erst einmal wussten, wohin genau die Reise gehen würde.
«Ich habe drei Treffer», verkündete Bethany.
Sie beugte sich vom Rücksitz vor. «Drei Besucher von außerhalb Kaliforniens, die in Rum Lake diverse Male per Kreditkarte bezahlt haben, während Peter dort war – in jenen paar Tagen Mitte Dezember 1987.»
«In der ganzen Stadt haben sich in diesen Tagen nur drei Besucher von außerhalb aufgehalten?», fragte Paige.
«Nein, es gab noch andere, aber die passen großteils nicht in das Raster ‹mächtige Leute›, die ja laut Carrie an dem Treffen teilgenommen haben. Diese drei aber schon: Jeder von ihnen war zu der Zeit über zwanzig Millionen Dollar schwer.»
Paige zog leicht die Augenbrauen hoch.
«Was aber ein Klacks ist im Vergleich zu dem Vermögen, das sie in der Folgezeit angehäuft haben», fuhr Bethany fort. «Alle drei waren schließlich Hunderte Millionen Dollar schwer. Ihrem Status entsprechend waren sie auch sehr um den Schutz ihrer Daten besorgt – die Kreditkartenzahlungen in Rum Lake liefen bei allen dreien über Tarnkonten mit falschem Namen. Auf die Schliche gekommen bin ich ihnen auch nur, weil die Verschlüsselung schon so überholt ist; damals hätte ihnen das niemand nachweisen können. Offenbar sehr auf Diskretion bedacht, diese Leute.»
Sie referierte kurz die Biographien der drei Männer, Simon Parks, Keith Greene und Allen Raines. Ausnahmslos Amerikaner und bei ihrem mutmaßlichen Treffen mit Peter 1987 in Rum Lake alle Ende dreißig. Parks und Greene hatten ihre Karriere beide als Wirtschaftsjuristen begonnen, der eine in New York, der andere in Houston. Ende der Siebziger dann hatten beide angefangen, sich in der Finanzwelt zu tummeln, hatten gewinnträchtig in Computerfirmen investiert und sich binnen kurzer Zeit einen Namen als ernstzunehmende Akteure im Risikokapitalsektor gemacht. Beide verfügten über einen sicheren Riecher für potenziell erfolgreiche Start-up-Unternehmen vor allem im IT-Bereich, in die sie frühzeitig und damit umso lukrativer investierten. Im Jahr 1987 waren beide geschäftlich voll etabliert und obendrein bestens vernetzt, nicht nur im Technologiesektor, sondern mittlerweile auch in der Politik. Der Dritte, Raines, hatte nach seinem Physikstudium zunächst eine vielversprechende akademische Laufbahn eingeschlagen, ehe er um 1980 herum nach Washington gewechselt war, um sein Fachwissen in
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