Das Labyrinth der Zeit
Arretierungen. Als er fertig war, hastete er wieder zum ersten Rechner zurück, der gleich neben der Tür stand, fasste ihn mit einer Hand an der hinteren Ecke, stemmte die andere gegen die Wand und zog.
Zunächst rührte sich das Monstrum, das locker seine zweihundertfünfzig Kilo wog, keinen Millimeter vom Fleck. Dann schwenkte eine seiner Rollen herum, und die gesamte Einheit rollte schwerfällig nach vorn, sodass das Strom- sowie das Datenkabel zum Vorschein kamen. Travis riss beide Stecker aus der Dose, packte dann wieder den Rechner und zerrte ihn weiter von der Wand weg. Abermals wollte sich das Ungetüm erst nicht vom Fleck rühren, nicht mal auf dem jetzt leicht abschüssigen Fußboden, doch als es erst einmal ein paar Zentimeter gerollt war, schwenkten alle vier Rollen folgsam in die richtige Richtung ein, und von da an rollte der Rechner geschmeidig dahin und gewann an Fahrt, während Travis ihn auf die offene Tür zuschob.
Nachdem er den Rechner auf den Flur hinausgeschoben hatte, bewegte er sich eilig daran vorbei und verstellte ihm von vorne den Weg, ehe er in die Tiefe rollen konnte. Vorerst rührte sich das große Gerät, dessen Rollen weiter zur Seite zeigten, nicht von der Stelle, an der er es angehalten hatte. Travis wandte sich von dem Rechner ab und sah sich um, warf einen Blick auf den Flur, der so fürchterlich steil hinter ihm in die Tiefe abfiel. Etwa zwölf Meter weiter weg lag der Tiefpunkt. Der Schwachpunkt.
Wie schwach genau?
Travis bezweifelte, dass ein plötzliches Mehr von zweihundertfünfzig Kilo Gewicht dem Punkt groß etwas anhaben konnte.
Bei zweitausend Kilo sähe das womöglich schon anders aus.
Falls nicht, würden er und die anderen vermutlich in wenigen Stunden tot sein. Weil Holts Leute sie in der Wüste aufspüren und gefangennehmen würden, nachdem sie hier in der Abwehrzentrale eins und eins zusammengezählt hatten.
Travis trat einen Schritt zurück – die abfallende Schräge hinab – und zog den Großrechner behutsam auf sich zu. Sobald die Rollen alle nach vorn geschwenkt waren, kam das wuchtige Gerät förmlich auf ihn zugeschossen. Er hielt es mit seiner Schulter auf, stemmte die Schuhe in den Teppichboden und stoppte es, ehe er es behutsam, Schritt für Schritt, die Schräge hinabgleiten ließ. Nachdem er auf diese Weise etwa viereinhalb Meter zurückgelegt hatte, blieb er stehen und arretierte mit dem einen Fuß rasch die Bremsen an den beiden vorderen Rollen.
Dann ließ er den Rechner los.
Das Gerät stand da und rührte sich nicht.
Er warf einen Blick auf sein Handy. Noch dreieinhalb Minuten bis Ablauf der Frist, die er ihnen allen gesetzt hatte.
Er lief um den Rechner herum und spurtete zurück zur Tür der Abwehrzentrale.
Beim ersten Blick auf ihre Wohnung krampfte sich Paige der Magen zusammen. Über zehn Jahre war sie hier zu Hause gewesen, und seit etwas über einem Jahr hatte sie hier mit Travis zusammengelebt. Das mit Abstand beste Jahr ihres Lebens, und fast alles, was dieses Jahr so schön gemacht hatte, hatte sich hier in diesem kleinen Refugium auf B16 abgespielt.
Das jetzt mitten entzweigeteilt worden war.
Sie blieb kurz in der offenen Tür stehen, erschüttert über das, was sie jenseits davon erblickte. Zu ihrer Linken befand sich eine Hälfte des Wohnzimmers. Zu ihrer Rechten befand sich – nichts. Nur Dunkelheit und umherwirbelnde Staubschwaden. Die Wand, an der sich der Flachbildfernseher befunden hatte, war fort, zusammen mit den drei Metern Fußboden davor. Die Couch stand direkt am Abgrund, zeigte mit der Sitzfläche hinaus in die Leere, völlig unwirklich, wie das Motiv einer surreal anmutenden Zeitschriftenanzeige. Hinter der Couch und links davon befand sich der kurze Flur, der ins Schlafzimmer führte, von ihrem Standort aus nicht einsehbar.
Sie trat durch die Tür, durchquerte das Zimmer bis zu dem Flur und blieb an der Schlafzimmerschwelle stehen. Auch hier waren die gleichen drei Meter abgehackt worden wie im Wohnzimmer. Das Bett war fort. Ebenso die eine Hälfte des Türdurchgangs, der in den begehbaren Kleiderschrank führte – der Durchbruch war genau in der Mitte erfolgt. Der Schrank selbst befand sich großteils auf der einen Seite, hinter der Tür, und war im Großen und Ganzen intakt geblieben. Selbst von ihrem Standort an der Zimmertür aus konnte Paige seine Rückwand sehen, und auch den eingelassenen Safe, in dem sich jetzt der Anzapfer befand.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den
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