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Das Labyrinth des Maal Dweb

Das Labyrinth des Maal Dweb

Titel: Das Labyrinth des Maal Dweb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Asthon Smith
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seitdem habe ich ihn noch oft aus dem Augenwinkel erblickt; und in den letzten beiden Tagen ist sein Erscheinen deutlicher geworden, allerdings auf eine sonderbar unvollständige Art und Weise.
    Wenn ich manchmal die abgestorbene Weide ausgiebig studiere, dann sehe ich sein mürrisches Gesicht mit dem schmutzigen Bart als Teil des Astlochs. Dann wieder schwebt es zwischen den blattlosen Zweigen, als ob es sich dort verfangen hätte. Manchmal ragt eine knorrige Hand, ein zerlumpter Jackenärmel durch die Algen auf dem Tümpel in die Höhe, als wolle der Leichnam eines Ertrunkenen an die Oberfläche steigen. Dann, einen Augenblick später – oder auch gleichzeitig – erscheint ein anderer Teil von ihm inmitten der Erlen oder im Schilf. Diese Fragmente tauchen immer nur ganz kurz auf, und wenn ich sie genauer betrachten will, lösen sie sich in die Szenerie auf wie Nebelschwaden. Der alte Schuft jedoch, wer oder was auch immer er sein mag, der ist so eine Art fester Bestandteil. Und er ist gewiss nicht weniger abstoßend als alles andere an diesem Ort, obwohl ich glaube, dass er nicht den Hauptgrund jener Bosheit darstellt.«
    »Gütiger Gott!«, rief ich aus. »Sie haben tatsächlich Gespenster gesehen. Falls es Ihnen nichts ausmacht, komme ich morgen Nachmittag vorbei und leiste Ihnen etwas Gesellschaft. Allmählich interessiert mich dieses Mysterium.«
    »Natürlich habe ich nichts dagegen. Nur zu, besuchen Sie mich.« Aus keinem ersichtlichen Grunde nahm sein Wesen auf einmal wieder die unnatürliche Einsilbigkeit der letzten vier Tage an. Er warf mir einen verstohlenen Blick zu, der etwas Gereiztes, fast sogar Unfreundliches an sich hatte. Fast schien es, als habe sich eine unsichtbare Sperrwand, die zeitweilig beiseitegeschoben worden war, zwischen uns aufgestellt. Die Schatten seiner seltsamen Stimmung beeinträchtigten ihn sichtlich aufs Neue. Meine Bemühungen zur Fortsetzung des Gesprächs ernteten lediglich halb mürrische, halb abwesende, einsilbige Entgegnungen.
    Ich war darüber nicht beleidigt, vielmehr regte sich Sorge in mir, als ich zum ersten Mal die ungewohnte Blässe seines Gesichtes und den hellen Fieberglanz in seinem Blick registrierte. Irgendwie wirkte er unwohl, und es kam mir so vor, als ob ein Teil seiner überschäumenden Vitalität aus ihm gewichen war, und sich an ihrer Stelle eine fremdartige Kraft zweifelhafter und ungesunder Art festgesetzt hatte. Ich verfiel in Schweigen und gab es auf, ihn dem argwöhnischen Dämmerzustand entreißen zu wollen, in den er sich zurückgezogen hatte. Den Rest des Abends täuschte ich die Lektüre eines Romans vor, während Amberville in seiner einzigartigen Geistesabwesenheit verharrte. Bis zur Schlafenszeit rätselte ich ohne greifbares Ergebnis an der Sache herum. Ich fasste den Entschluss, Chapmans Wiesengrund aufzusuchen. Ich glaubte nicht an übernatürliche Dinge, aber offensichtlich übte die Stelle einen nachteiligen Einfluss auf Amberville aus.
    Als ich am nächsten Morgen aufstand, setzte mich mein chinesischer Bediensteter davon in Kenntnis, dass der Maler bereits gefrühstückt habe und mit seiner Staffelei und seinen Farben aufgebrochen sei. Dieser weitere Hinweis auf seine Besessenheit versetzte mich in Unruhe, dennoch widmete ich mich den gesamten Vormittag über mit aller Strenge der schreibenden Tätigkeit.
    Gleich nach dem Mittagessen fuhr ich den Highway hinunter, bog in den schmalen Feldweg ein, der nach Bear River abzweigte, und ließ meinen Wagen auf dem dicht mit Kiefern bewachsenen Hügel oberhalb des Chapman-Grundstücks stehen. Obwohl ich noch nie auf der Wiese gewesen war, besaß ich eine recht gute Vorstellung von ihrer Lage. Ich ließ die nachgerade zugewachsene Straße zum oberen Teil des Anwesens links liegen und schritt mitten durch den Wald in den kleinen Talkessel. Dabei bemerkte ich immer wieder auf dem gegenüberliegenden Hang die Apfel- und Birnbäume des heruntergekommenen Obstgartens und die halb zerfallene Hütte, die einst den Chapmans gehört hatte.
    Es war ein warmer Oktobertag, und die heitere Abgeschiedenheit des Waldes, die herbstliche Weichheit des Lichts und der Luft ließen die bloße Vorstellung von etwas Bösartigem oder Unheimlichem ganz unmöglich erscheinen. Als ich am Wiesengrund anlangte, kamen mir Ambervilles Ansichten nur noch lachhaft vor, und auf den ersten Blick machte der Ort selbst höchstens einen trübsinnigen und trostlosen Eindruck auf mich. Die Szenerie entsprach ganz seiner treffenden

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