Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
vielleicht hübscher sein mochten. Aber Jenna hatte etwas, das die anderen nicht besaßen. Sie strahlte eine natürliche Selbstsicherheit aus, die nicht auf Kosten anderer ging. Genau das war es, was ihn so faszinierte und ihm gleichzeitig so vertraut vorkam. Natürlich konnte das nicht sein, aber Jenna war ein Mensch, von dem man schon nach der ersten Begegnung glauben konnte, sie ein Leben lang zu kennen.
Jeb spürte zum ersten Mal Zuversicht, als er seinen Blick weiterwandern ließ. Mary, Tian und Mischa saßen zusammen. Jeb war froh, dass es Mary und Tian besser ging, aber er runzelte die Stirn, als sein Blick auf Kathy traf. Ruhig hockte sie da, die Knie mit den Armen umschlungen, und sah ihn unverwandt an. Aus diesen unergründlichen grünen Augen. Es war ein hungriger Blick.
So lauert eine Katze auf eine Maus, bevor sie die Beute verschlingt.
Kathy rekelte sich. Als sie sich streckte und dabei den Rücken durchbog, zeichneten sich deutlich ihre Brüste ab. Jeb hatte nur einen Moment lang hingeschaut, doch Kathy hatte ihn sofort dabei ertappt und zwinkerte ihm verführerisch zu.
Jeb zuckte zurück, was ein erheitertes Lächeln bei Kathy hervorrief. Sie formte mit ihren Lippen einen Schmollmund, so als wolle sie sagen: Warum bist du nicht hier bei mir?
Jeb sah sich hastig um, aber niemand von den anderen schien die Szene beobachtet zu haben. Er spürte, dass sein Gesicht brannte, und es ärgerte ihn. Kathy spielte mit ihm. Langsam, ganz langsam schüttelte er den Kopf, aber sie ignorierte seine Geste und blinzelte ihm vielsagend zu.
Verdammtes Miststück.
Was versprach sie sich von ihm? Natürlich ging es ihr einzig und allein um seine Position in der Gruppe. In Kathys Augen war er hier das Alphatier und somit derjenige, an den sie sich ranmachen, den sie an sich binden musste.
Er durchschaute sie und sie widerte ihn an. Okay, ja, sie hatte ihn erregt, aber so einfach würde sie ihn nicht um ihren Finger wickeln. Sie waren hier nicht auf irgendeiner Sommerparty und das hier war kein Spiel. Verdammt, reichte es nicht, dass er ums Überleben kämpfte? Musste es da auch noch Leute wie León und Kathy geben, die ihm das Leben zusätzlich schwer machten? Abrupt erhob er sich und setzte sich neben Mary, jeden weiteren Gedanken an Kathy verdrängend.
Dieser Tag muss für Mary die Hölle gewesen sein.
Sie hatte große Anerkennung verdient. Vielleicht hatte er sich in Mary getäuscht. Sie wirkte zwar wie ein verwöhntes Prinzesschen, aber sie schien freundlich und aufgeschlossen.
Seinen Gedanken nachhängend, fiel sein Blick auf Jenna. Er spürte, wie sein Herz wild zu klopfen begann.
Bitte sieh mich an, wünschte er sich heimlich. Und im gleichen Atemzug hob sie den Kopf und schaute ihm eine gefühlte Ewigkeit in die Augen.
Jeb schaute verlegen zu Boden. Hatte sie etwa gewusst, was er sich gewünscht hat? Er fand sie einfach atemberaubend. Von seinen Gedanken getrieben stand er auf und ging zum Bach hinunter, um allein zu sein.
Ruhe hatte sich über das Lager gelegt. Sie hatten den ganzen Tag über und auch am Abend kein einziges Mal dieses unmenschliche Jaulen und keine unheimlichen Rufe gehört und darum darauf verzichtet, eine Wache aufzustellen. Das Feuer brannte hoch genug und würde die ganze Nacht über nicht ausgehen. Sie waren alle sehr erschöpft und schliefen sofort ein.
Jeb wurde von einem Geräusch geweckt. Es war nur ein leises Rascheln, aber er war sofort hellwach. Als er sich umsah, konnte er nichts entdecken. Die anderen lagen in ihren Schlafsäcken, doch dann fiel Jeb auf, dass einer der Schlafplätze leer war. Einer fehlte.
Wahrscheinlich muss jemand einfach mal pinkeln.
Trotzdem war er beunruhigt und wartete, damit er sich sicher sein konnte, dass alles in Ordnung war.
Minuten vergingen. Aber niemand kam zurück.
Verdammt. Wer hatte da gelegen? Mischa? Nein, der müsste weiter rechts am Feuer in der Nähe von Tian und Mary liegen. Jenna? Keine Ahnung. Nein, es war – León.
Er war sich jetzt sicher, dass es León war. Wollte er sich im Dunkeln davonschleichen, ohne das Messer herauszurücken? Jeb schlug seinen Schlafsack zurück. Mit einem Satz war er auf den Beinen. Die kalte Nachtluft kroch ihm augenblicklich den Rücken hoch. Er fröstelte. Wo war er hin?
Zum Bach. Er wird seine Flasche auffüllen, bevor er abhaut.
Leise huschte Jeb durchs Lager und hielt auf den Bach zu. Als er den Lichtschein des Feuers fast verlassen hatte, schälte sich eine helle Gestalt aus der
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