Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut
gesehen hat, da drüben in Frankreich. Im Krieg. Schreckliche Sachen. Also ehrlich, ich kann verstehen, dass er säuft.“ Er sah nachdenklich zu Robin. „Weißt du, du solltest vielleicht nicht zu hart mit deinem alten Herrn ins Gericht gehen. Wer weiß, wie’s in ihm ausgesehen hat. Wer kann schon sagen, was ihm passiert ist.“
Robin war fast unmerklich zusammengezuckt. Er schüttelte langsam den Kopf und sagte nichts.
Oswin und Lionel wechselten einen unbehaglichen Blick.
„Was hast du vor, Robin?“, fragte Lionel endlich leise.
„Ich gehe nach Hause. Ich hab hier nichts mehr verloren.“ Er sprach langsam und deutlich, seine Stimme klang rau.
„Aber warum? Was willst du denn da?“
„Was will ich hier?“
Lionel sagte nichts. In Frieden leben und Gott dienen , war die gängige Antwort, und er glaubte, dass es für ihn selbst die richtige war. Aber für Robin?
„Und wie willst du das anstellen? Wie willst du von hier wegkommen, gegen Vater Jeromes Anordnung?“
„Davon hast du also auch gehört, ja?“
Lionel nickte arglos. „Jeder weiß davon.“
„Wie schon. Genauso wie letzte Nacht.“
„Ja. Großartige Idee. Und morgen früh werden sie dich in Posset aufgreifen, weil jeder dich sofort als Klosterschüler erkennt.“
„Niemand wird mich erkennen. Ich werde nicht durch Posset gehen. Und Oswin wird mir seinen Sonntagsstaat verkaufen.“
„Wird er das?“, fragte Oswin interessiert.
Robin griff in seine Ärmeltasche und räumte sie leer. Viel war nicht mehr da, nur noch ein paar kleine Silbermünzen. Er ließ sie in Oswins Hand klimpern. „Hier.“
Oswin warf einen geübten Blick darauf. „Das ist zu viel, Junge. So viel sind meine fadenscheinigen Klamotten nicht wert.“
Robin winkte ab. „Egal. Behalt es. Gib meinetwegen deinem Vater einen aus und trinkt zusammen auf den Krieg.“
Sein Sarkasmus war ihnen unheimlich. Robin sah kurz von einem zum anderen und riss sich zusammen. „Entschuldige, Oswin. Ich bin … durcheinander.“
„Ja.“
„Kriege ich die Sachen?“
„Natürlich.“ Oswin stand auf und stieg die Leiter hinab.
Lionel regte sich unruhig. „Ich fürchte, du machst einen Fehler.“
„Ich weiß, was du denkst. Aber du wirst dichthalten, oder?“
„Verlass dich auf mich.“ Er stand auf. „Ich muss gehen. Vesper.“
Robin erhob sich ebenfalls. Er rang sich ein gequältes Lächeln ab. „Leb wohl.“
Lionel nickte trübselig. „Viel Glück, Robin. Gott sei mit dir. Ich werde dich furchtbar vermissen, und ich werde für dich beten.“
Für einen Moment sahen sie sich an und dann umarmten sie sich wortlos, ohne Befangenheit. Es ging, weil Oswin nicht dabei war.
Robin löste sich als Erster und trat einen Schritt zurück. „Danke.“
Lionel winkte noch einmal und stieg dann vorsichtig, die Kutte zusammengerafft, die steilen Sprossen hinab. Robin sah ihm blinzelnd nach.
Oswin kam kurze Zeit später zurück. Er hatte ein unordentliches Bündel unter dem Arm, das er Robin vor die Füße warf.
Robin zog seine Kutte über den Kopf und probierte Oswins Sonntagsstaat. Die Sachen waren ihm nur ein klein wenig zu groß. Es ging. Er sah aus wie irgendein Bauernjunge. Und das bin ich ja jetzt wohl auch, dachte er.
Oswin sah ihn skeptisch an. „Es sind nur noch Fetzen. Ehrlich, du hast mir zu viel dafür gegeben.“
Robin fegte den Einwand ungeduldig weg. „Zerbrich dir nicht den Kopf. Es war der Rest von dem Geld, das mein Vater mir gegeben hat, als wir uns zuletzt gesehen haben. Ich will es nicht mehr.“
Oswin runzelte die Stirn. „Junge, ich hab’s schon mal gesagt, sei nicht so hart mit ihm. Du weißt doch gar nicht …“
„Ich weiß, was er zu mir gesagt hat“, unterbrach Robin wütend. „Auf der Beerdigung meiner Brüder und meiner Mutter. ‘Jetzt bist du der Älteste, Robin. Es besteht kein Grund mehr, dass du Mönch wirst. Das Land und der Titel werden irgendwann auf dich übergehen, Robin. Ich werde dich aus diesem Kloster holen, sobald ich zurück bin, ich versprech es dir, Robin. Du musst lernen, was es bedeutet, ein Ritter des Königs zu sein. Das ist es, was zählt, Robin. Tapferkeit, Ehre, Großmut, Loyalität. Sie haben England groß gemacht. Du musst sie dir zum Ziel machen. Und wenn du zurück zur Schule gehst und lesen und schreiben und all die gelehrten Dinge lernst, vergiss nie, worauf es wirklich ankommt.’ Das hat er gesagt. Und jetzt thront sein Kopf am Ende einer langen Stange irgendwo über einer französischen
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