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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gabl
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Burgmauer, zur Abschreckung für alle, die ihn sehen. Den Mann, der seinen König verraten hat. Kannst du mir sagen, was das zu bedeuten hat, Oswin? Was ich denken soll? Alles, was er mir erzählt hat, war gelogen, oder?“
    Oswin schüttelte unglücklich den Kopf. „Ich hab keine Ahnung. Aber vielleicht hat er gemeint, was er zu dir gesagt hat. Vielleicht konnte er nicht vorhersehen, was ihm passieren würde.“
    Robin stand unvermittelt auf. Er konnte Oswins nur halb verhohlenes Mitleid nicht länger ertragen. „Vielleicht. Vielleicht nicht. Ich weiß es auch nicht. Aber ich glaube, dein Vater ist besser, als du und ich immer gedacht haben. Er ist ein Säufer, zweifellos, aber wenigstens ist er im Dienst für seinen König dazu geworden. Er ist kein Verräter.“
    Oswin seufzte ratlos und sah zu, während Robin seine Kutte über seine neuerworbenen Sachen zog. Der junge Stallknecht half ihm, den Ausschnitt des Kittels unter der Kapuze zu verbergen, bis nichts mehr herausschaute. Dann trat er einen Schritt zurück und nickte. „In Ordnung. Nichts zu sehen.“
    Robin streckte die Hand aus. „Danke, Oswin.“
    Der leichtfertige, prahlerische Stallbursche spürte einen Stich. Er zuckte die Achseln und grinste breit. „Ich schätze, ich werde von dir hören, wenn du ein berühmter Held geworden bist.“
    Robin schüttelte den Kopf. „Rechne lieber nicht damit. Ich bin jetzt ein Niemand.“
    Es war Nacht, und im Dormitorium herrschte fast vollkommene Stille. Robin hörte nur die gleichmäßigen Atemzüge der anderen Jungen, und ab und zu raschelte es leise, wenn einer sich auf seinem Strohlager regte. Lionel hatte sich neben ihm noch lange hin- und hergeworfen. Aber schließlich war auch er eingeschlafen.
    Robin lag als Einziger wach und lauschte. Irgendwann würde ein leises Füßescharren und Kuttenrascheln ihm anzeigen, dass die Brüder sich zur Mette begaben. Es würden nur leise Geräusche sein; er musste aufpassen, damit er sie nicht versäumte. Mit brennenden Augen starrte er auf das Fenster in der gegenüberliegenden Wand, durch das der Mond ins Dormitorium schien. Robin musste nicht befürchten, dass er einschlafen würde. Trotz der vergangenen Nacht war er so hellwach, dass er beinah zweifelte, ob er überhaupt je wieder würde schlafen können.
    Mit einem Mal war er ganz allein auf der Welt. Der Tod seiner Mutter und seiner Geschwister bei der zweiten furchtbaren Pestwelle vor vier Jahren hatte ihn hart getroffen. Aber sie waren immer noch eine Familie gewesen. Sein Vater und seine Schwester waren noch da. Sie hatten einen schweren Verlust erlitten, wie fast jede Familie, die Robin kannte, aber sie waren immer noch die Waringham, und er hatte nie daran gezweifelt, dass sein Vater eine neue Frau finden und er neue Geschwister bekommen würde. Jetzt hatte sich alles geändert. Sein Vater war dahin, ebenso wie der Name. Ein Niemand, hatte Vater Jerome ihn genannt. Ich bin ein Niemand, hatte er selbst zu Oswin gesagt. Und es stimmte. Robin von Nirgendwo. Die Welt war aus den Fugen. Er schien überhaupt nicht mehr zu wissen, wer sein Vater eigentlich gewesen war. Er lag auf dem Rücken, starrte blicklos in die Dunkelheit, und seine Gedanken drehten sich immerzu im Kreis.
    Dann hörte er endlich, worauf er gewartet hatte. Das leise Flüstern der Sandalen auf dem gepflasterten Weg zur Kirche. Schwere Schritte und leichte. Gleichmäßige und hinkende. Er richtete sich vorsichtig auf und wartete. Als er nichts mehr hörte, zählte er mit geschlossenen Augen langsam bis hundert. Dann schlug er die Decke zurück und stand auf. Er zog die verhasste Kutte eilig über den Kopf, warf sie zusammengeknüllt auf sein Lager und schlich zur Tür. Als er sie aufzog, knarrte sie vernehmlich. Robin erstarrte und lauschte angestrengt. Nichts rührte sich. Erleichtert trat er hinaus.
    Die Nacht war wieder kühl. Er spürte Feuchtigkeit unter den nackten Füßen, zog die Tür behutsam zu und sah sich um. Kein Mensch weit und breit. Hastig überquerte er den Platz und glitt in den Schatten des Schulhauses. Er schlich an der Wand entlang auf die andere Seite in den Obstgarten. Der Mond gab ausreichend Licht, um die Reihen knorriger Apfelbäume auszumachen. Robin griff mit beiden Händen in die niedrigen Äste und erntete. Er würde zwei Tage brauchen, bis er nach Waringham kam. Und er wollte nicht auf die Mildtätigkeit Fremder angewiesen sein. Die Zeiten waren schlecht, und nur die Klöster konnten es sich leisten, hungrige

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