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Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut

Titel: Das Laecheln der Fortuna - Director s Cut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gabl
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in aller Welt bin ich?, dachte er verwundert, und dann fiel ihm alles wieder ein. Die Erinnerung kam wie ein Schock. Er blieb einfach sitzen, wo er war, mit dem Rücken zu dem kleinen Flüsschen, und sah auf den nassen Waldboden. Der Regen fiel in dicken, klatschenden Tropfen, und bald war er bis auf die Haut durchnässt. Aber er spürte es kaum. Er versuchte, für die verdammte, verräterische, selbstmörderische Seele seines Vaters zu beten. Doch er fand sein eigenes Gebet wenig überzeugend. Nicht einmal sich selbst konnte er glaubhaft einreden, dass es sich bei der Sache um ein fatales Missverständnis, eine Verknüpfung unseliger Umstände handeln müsse. Wie sollte er da Gott überzeugen? Sein Unvermögen, eine plausible Erklärung zu finden, und das beklemmende Bewusstsein seiner eigenen Verlorenheit trieben ihm heiße Tränen in die Augen.
    Endlich stand er auf und sah sich suchend nach etwas um, das ihm den Weg weisen konnte. Der Himmel hing voll tiefer Wolken. Er konnte den Stand der Sonne nicht ausmachen. Jedes Zeitgefühl war ihm abhandengekommen, doch er schätzte vage, dass es bald Mittag sein musste. Er befand sich in einem Eichenwald. Die Bäume waren sehr alt und standen nicht besonders dicht. Die ersten Blätter färbten sich schon. Nass und schwer und glänzend hingen sie herunter und zitterten leicht, wenn ein Tropfen sie traf. Robin begutachtete die mächtigen Stämme und stellte fest, dass die ihm zugewandte Seite moosbewachsen war. Das brachte ihm seine Orientierung zurück. Er wusste, dass sein Weg nicht schwer zu finden war: Er musste nur ein paar Meilen in nördlicher Richtung gehen, dann würde er irgendwann auf die Straße nach Canterbury stoßen. Und diese Straße führte an Waringham vorbei.
    Er drehte der unbemoosten Seite der Stämme den Rücken zu und ging los, bahnte sich einen möglichst geraden Weg durch dichtes Farn und struppiges Gebüsch, bis er auf einen Pfad stieß, der genau in die richtige Richtung zu führen schien.
    Bald ließ der Regen nach. Eine Zeitlang fiel er noch in dünnen, lautlosen Fäden. Dann kam die Sonne zwischen den Wolken hervor, und kurz darauf war der Himmel wieder blau. Robin war erleichtert. Das trockene Wetter wollte wohl doch noch ein bisschen halten. Er verspürte wenig Neigung, seine ganze Wanderung in durchnässten Kleidern zu unternehmen.
    Als die Sonne schräg stand, veränderte sich der Wald. Die alten, hohen Bäume wurden spärlicher. Stattdessen erhoben sich auf beiden Seiten des Pfades Birken. Sie standen so dicht zusammen, dass man kaum hindurchsehen konnte, und ihre Äste bildeten über dem schmalen Pfad ein schattenspendendes Dach. Dagegen hatte Robin keinerlei Einwände. Seine Kleidung war längst getrocknet, und ihm war heiß. Ohne zu zögern betrat er den dunklen Hohlweg und lief buchstäblich ins offene Messer.
    Der Mann stand so plötzlich vor ihm, dass Robin glaubte, er habe eine Vision. Es war, als sei er einfach aus der klaren, blauen Abendluft entstanden. Ein Dämon. Aber das war natürlich nur eine Täuschung. Er musste zwischen den Birken auf der Lauer gelegen haben, um sich auf den ersten Wanderer zu stürzen, der unvorsichtig genug war, allein und unbewaffnet in sein Revier einzudringen. Er war eine furchterregende Erscheinung: Das Haar und der lange Bart waren wild und struppig wie die Birkenzweige um sie herum. Er war klein und untersetzt, und auf der linken Wange hatte er eine schwülstige Narbe. Sie war alt und schien von einem breitgezackten Messer herzurühren, das ihm nicht nur das Gesicht aufgeschlitzt, sondern auch das linke Auge ausgestochen hatte.
    Robin hatte genug gesehen. Der lange, schmale Dolch, der in der Hand des Wegelagerers lächerlich elegant und fein aussah, wäre gar nicht nötig gewesen, um ihn zu überzeugen, dass er gut beraten war, um sein Leben zu laufen. In einer einzigen Bewegung machte er eine Kehrtwendung und einen gewaltigen Satz in die Richtung, aus der er gekommen war. Und damit war seine Flucht beendet. Er war einem zweiten Banditen direkt in die Arme gelaufen. Sie hatten ihm eine Falle gestellt.
    Der andere Mann war dünner und schmächtiger als sein Kumpan. Der Zusammenstoß brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Er fiel, riss Robin mit sich zu Boden und krallte beide Hände in dessen Ärmel. Der Stoff riss mit einem müden, brüchigen Laut. Robin trat und schlug, aber gerade als der Griff sich lockerte, war der wilde Geselle mit dem Dolch über ihm, zog Robins Kopf an den Haaren zurück und

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