Das Laecheln der Sterne
schweigend nach draußen und versuchte, ihre Nervosität zu beherrschen.
Paul wandte sich zu ihr um. »Meinen Sie, der Sturm wird uns morgen wegwehen?«, fragte er.
Adrienne fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
»Das glaube ich nicht. Dieses Haus steht seit sechzig Jahren und ist bisher noch nicht weggeweht worden.«
»Waren Sie schon einmal hier bei einem Sturm aus Nordosten? Bei einem großen, meine ich, wie der, der für morgen erwartet wird?«
»Ich nicht, aber Jean. Es kann also nicht ganz so schlimm sein. Andererseits ist sie hier aufgewachsen, vielleicht ist sie es gewöhnt.«
Während Adrienne sprach, musterte Paul sie. Sie war ein paar Jahre jünger als er, ihr hellbraunes Haar war schulterlang und leicht gewellt. Sie war nicht dünn, aber auch nicht dick.
Auch wenn das gängige Ideal in Fernsehen und Zeitschriften ein anderes war, fand er ihre Figur anziehend. Sie hatte eine nicht ganz gerade Nase und um die Augen Krähenfüße, und ihre Haut war nicht mehr jugendlich straff, aber die Fältchen verliehen ihr ein interessantes Aussehen.
»Hatten Sie gesagt, Jean sei eine Freundin von Ihnen?«
»Wir haben uns vor Jahren auf dem College kennen gelernt.
Eine Zeit lang haben wir ein Zimmer geteilt, und seitdem sind wir in Verbindung geblieben. Früher war dies das Wohnhaus ihrer Großeltern, aber ihre Eltern haben es zu einer Pension umgebaut. Nachdem Sie sich bei ihr angemeldet hatten, bat sie mich, für sie einzuspringen, weil sie zu einer auswärtigen Hochzeit eingeladen ist.«
»Aber Sie wohnen hier nicht?«
»Nein, ich wohne in Rocky Mount. Kennen Sie das?«
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»Sehr gut. Ich bin auf meinen Fahrten nach Greenville immer durch diesen Ort gekommen.«
Bei seinen Worten fiel Adrienne die Adresse wieder ein, die er auf dem Anmeldeformular angegeben hatte, und sie wunderte sich. Sie nahm einen Schluck Kaffee und senkte dann die Tasse auf ihren Schoß.
»Es geht mich nichts an, ich weiß«, sagte sie, »aber darf ich Sie fragen, was Sie hierher führt? Sie müssen natürlich nicht antworten – ich bin einfach nur neugierig.«
Paul setzte sich etwas aufrechter hin. »Ich will hier mit jemandem sprechen.«
»Da haben Sie aber eine lange Fahrt gemacht, nur um sich mit jemandem zu unterhalten.«
»Es blieb mir nichts anderes übrig. Er wollte mich persönlich treffen.«
Seine Stimme klang angespannt und distanziert, und einen Augenblick lang schien er in Gedanken versunken. In der Stille konnte Adrienne das Knattern der Fahne vor dem Haus hören.
Paul stellte seine Kaffeetasse auf den Tisch zwischen ihnen.
»Und was machen Sie?«, fragte er dann, und seine Stimme hatte wieder einen wärmeren Klang. »Außer, dass Sie die Pension für eine Freundin hüten?«
»Ich arbeite in einer Bibliothek.«
»Wirklich?«
»Sie klingen überrascht.«
»Das bin ich wohl auch. Ich dachte, Sie würden etwas anderes sagen.«
»Zum Beispiel?«
»Ich weiß es, ehrlich gesagt, nicht. Nur das nicht. Sie sehen nicht alt genug aus, um Bibliothekarin zu sein. Wo ich wohne, sind die Leute, die in der Bibliothek arbeiten, alle über sechzig.«
Sie lächelte. »Ich arbeite nur Teilzeit. Ich habe drei Kinder, also bin ich auch als Mutter beschäftigt.«
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»Wie alt sind Ihre Kinder?«
»Achtzehn, siebzehn und fünfzehn.«
»Machen sie Ihnen viel Arbeit?«
»Eigentlich nicht. Solange ich um fünf aufstehe und nicht vor Mitternacht ins Bett gehe, komme ich gut zurecht.«
Er lachte leise, und Adrienne merkte, wie sie sich langsam entspannte. »Und Sie? Haben Sie auch Kinder?«
»Nur eins. Einen Sohn.« Einen Moment lang senkte er die Augen, aber dann sah er Adrienne wieder an. »Er ist Arzt in Ecuador.«
»Lebt er dort?«
»Zurzeit ja. Er arbeitet für eine Hilfsorganisation in einer Klinik in der Nähe von Esmeraldas.«
»Sie müssen stolz auf ihn sein.«
»Das bin ich auch.« Er schwieg einen Moment. »Aber um ehrlich zu sein, die Neigung hat er eher von meiner Frau. Oder vielmehr von meiner Exfrau. Sie hat aus ihm gemacht, was er ist, nicht ich.«
Adrienne lächelte. »Das ist schön.«
»Wie meinen Sie das?«
»Dass Sie trotzdem ihre guten Eigenschaften würdigen.
Obwohl Sie geschieden sind, meine ich. Ich höre das nicht oft von Paaren, die sich getrennt haben. Gewöhnlich sprechen die Menschen, wenn die Rede auf ihre früheren Partner kommt, nur von deren schlechten Seiten.«
Paul hätte gern gewusst, ob sie aus persönlicher Erfahrung sprach, und nahm an, dass das der Fall war.
»Erzählen
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