Das Laecheln der Sterne
Sie mir von Ihren Kindern, Adrienne. Wofür interessieren sie sich?«
Adrienne trank noch einen Schluck Kaffee. Sie fand es seltsam, ihn ihren Namen sagen zu hören.
»Meine Kinder? Also, was soll ich sagen ... Matt hat als Quarterback beim Football angefangen und ist jetzt Verteidiger beim Basketball. Amanda spielt sehr gern Theater und hat 62
gerade die Hauptrolle in der West Side Story bekommen, die Rolle der Maria. Und Dan ... na ja, zurzeit spielt Dan auch Basketball, aber nächstes Jahr möchte er vielleicht mit Ringen anfangen. Der Trainer will ihn unbedingt in seinem Team haben, seit er ihn letztes Jahr im Sommerlager gesehen hat.«
Paul zog die Augenbrauen hoch. »Ich bin beeindruckt.«
»Nun, das haben sie alles von ihrer Mutter«, sagte sie selbstbewusst.
»Das überrascht mich keineswegs.«
Sie lächelte. »Das sind natürlich nur die guten Seiten. Hätte ich Ihnen von ihren Launen oder ihren frechen Antworten erzählt oder hätte ich Ihnen ihre unordentlichen Zimmer gezeigt, dann würden Sie wahrscheinlich denken, ich bin eine furchtbare Mutter.«
Paul lächelte. »Das bezweifle ich. Ich würde denken, dass Sie ein Haus voller Teenager haben.«
»Wollen Sie mir damit sagen, dass Ihr Sohn, der gewissenhafte Arzt, auch durch diese Phase gegangen ist und ich die Hoffnung nicht aufgeben soll?«
»Ich bin mir sicher, dass es so war.«
»Aber Sie wissen es nicht genau?«
»Um ehrlich zu sein: nein. Ich war nicht oft genug bei meiner Familie. Es hat in meinem Leben eine Zeit gegeben, da habe ich zu viel gearbeitet.«
Adrienne merkte, dass es ihm schwer fiel, das zuzugeben, und fragte sich, warum er es ihr überhaupt erzählt hatte. Bevor sie länger darüber nachdenken konnte, klingelte das Telefon, und sie drehten sich beide danach um.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie und erhob sich, »ich muss schnell drangehen.«
Paul sah ihr nach und fand erneut, dass sie sehr attraktiv war.
Auch wenn sein Beruf ihn in den letzten Jahren in eine andere Richtung geführt hatte, war Paul eigentlich immer schon weniger an dem Äußeren eines Menschen interessiert gewesen 63
als an den unsichtbaren Dingen wie Freundlichkeit und Aufrichtigkeit, Humor und Empfindsamkeit. Adrienne besaß all diese Eigenschaften, dessen war er sich sicher. Doch sie waren, so vermutete er, lange Zeit nicht gewürdigt worden, auch von ihr selbst nicht.
Ihm war aufgefallen, dass sie nervös war, als sie sich zu ihm setzte, und das fand er seltsam liebenswert. Allzu oft, besonders in seinem Beruf, schienen die Menschen es darauf abzusehen, Eindruck zu machen: Sie bemühten sich, die richtigen Antworten zu geben, und wollten stets zeigen, was sie konnten. Andere erzählten munter drauflos, als wäre ein Gespräch eine Einbahnstraße, dabei gab es nichts Langweiligeres als einen Angeber. Aber all dies schien nicht auf Adrienne zuzutreffen.
Außerdem war es schön, so musste er zugeben, mit jemandem zu sprechen, der ihn nicht kannte. In den letzten Monaten war er viel allein gewesen oder hatte, wenn er in Gesellschaft war, Fragen über sein Wohlergehen abwehren müssen. Mehr als einmal hatten Kollegen ihm einen guten Therapeuten empfohlen und ihn wissen lassen, dass sie dort selbst Hilfe gefunden hatten. Paul war es leid gewesen, zu erklären, dass er wusste, was er tat, und dass er zu seiner Entscheidung stand. Und besonders leid war er die besorgten Blicke, die er dafür erntete.
Aber Adrienne gab ihm irgendwie das Gefühl, dass sie ihn und das, was mit ihm geschah, verstand. Warum er dieses Gefühl hatte, konnte er nicht erklären, und auch nicht, warum ihm das wichtig war. Aber dass es so war, dessen war er sich sicher.
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SIEBEN
W enige Minuten später stellte Paul seine leere Tasse auf das Tablett und trug es in die Küche.
Als er hereinkam, war Adrienne noch am Telefon und hatte ihm den Rücken zugekehrt. Sie lehnte an der Theke, hatte ein Bein über das andere gestellt und zwirbelte eine Haarsträhne zwischen den Fingern. Paul bemerkte, dass sie im Begriff war, das Gespräch zu beenden.
»Ja, deinen Zettel habe ich gefunden ... ja ... ja, er ist schon hier ...«
Dann sagte sie für eine Weile nichts, und als sie wieder sprach, senkte sie die Stimme. »Sie bringen es schon den ganzen Tag in den Nachrichten ... Scheint ziemlich schlimm zu werden ... Ach, gut... unter dem Haus? ... Ja, klar kann ich das
... ich meine, kann es denn so schlimm werden? ... Mach ich gern ... Viel Spaß bei der Hochzeit ... Bis bald.«
Paul
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