Das Laecheln der Sterne
möglich gehalten hätte.«
»Was müsste an mir operiert werden?«, fragte sie mit leichtem Ton.
Er schüttelte den Kopf. »Überhaupt nichts.«
»Im Ernst.«
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»Ich meine es ernst. Ich würde nichts verändern.«
»Wirklich nicht?«
Er hob zwei Finger. »Pfadfinders Ehrenwort.«
»Waren Sie mal Pfadfinder?«
»Nein.«
Adrienne lachte, merkte aber, wie ihre Wangen rot wurden.
»Trotzdem – danke für das Kompliment.«
»Gern geschehen.«
Als das Hühnchen fertig vorbereitet war, schob Adrienne es in den Ofen, stellte die Temperatur und die Zeituhr ein und wusch sich die Hände. Paul ließ Wasser über die Kartoffeln laufen und legte sie neben das Spülbecken.
»Was jetzt?«
»Im Kühlschrank sind Tomaten und eine grüne Gurke für den Salat.«
Paul ging um Adrienne herum, öffnete den Kühlschrank und holte die Sachen heraus. Adrienne roch wieder sein Rasierwasser.
»Wie war es, in Rocky Mount groß zu werden?«, fragte er.
Adrienne wusste nicht gleich, wie sie antworten sollte, aber nach einer Weile erzählte sie in einem munteren und entspannten Ton Geschichten von ihren Eltern, von dem Pferd, das ihr Vater ihr gekauft hatte, als sie zwölf war. Wie sie es gemeinsam versorgt hatten und dass ihr das mehr über Verantwortung beigebracht hatte als alles andere. Sie erzählte begeistert von ihrer Zeit am College und davon, dass sie Jack gegen Ende ihres ersten Studienjahres bei einer Party kennen gelernt hatte. Sie waren zwei Jahre lang ein Paar, und als sie sich das Jawort gaben, hatte sie gedacht, es sei für immer.
Adrienne brach ab, schüttelte leicht den Kopf und begann, von ihren Kindern zu sprechen – über ihre Scheidung wollte sie lieber nicht reden.
Während sie sprach, bereitete Paul den Salat vor und streute zum Schluss ein paar von den Croutons, die sie gekauft hatte, 71
darüber. Zwischendurch stellte er immer wieder Fragen.
Erstaunt nahm Adrienne zur Kenntnis, dass ihre Geschichten ihn wirklich interessierten. Ihr lebhaftes Mienenspiel bei den Episoden über ihre Kinder brachte ein Lächeln auf sein Gesicht.
Die Dämmerung zog auf, und die Schatten streckten sich immer länger durch das Zimmer. Adrienne deckte den Tisch, und Paul goss ihnen beiden noch ein Glas Wein ein. Als das Hühnchen fertig war, setzten sie sich an den Tisch.
Während des Essens war es Paul, der am meisten redete. Er erzählte Adrienne von seiner Kindheit auf der Farm, schilderte die Schikanen an der medizinischen Fakultät und sprach von den Wettkämpfen im Geländelauf und von seinen früheren Besuchen auf den Outer Banks. Als er von seinem Vater sprach, wollte Adrienne ihm schon fast von ihrem Vater erzählen, besann sich aber im letzten Moment anders. Jack und Martha wurden nur nebenbei erwähnt, und auch über Mark verlor Paul nicht viele Worte. Größtenteils berührte ihr Gespräch nur die Oberfläche der Dinge, denn sie waren beide nicht bereit, mehr in die Tiefe zu gehen.
Nach dem Essen merkten sie, dass der Wind mittlerweile zu einer Brise abgeflaut war. Die Wolken ballten sich in der Stille vor dem Sturm zusammen. Paul brachte das Geschirr zum Spülbecken, und Adrienne verstaute das, was übrig geblieben war, im Kühlschrank. Die Weinflasche war geleert, die Flut nahte, und als am Horizont die ersten Blitze aufleuchteten, war es, als machte jemand Fotos in der Hoffnung, diesen Abend dadurch für immer in der Erinnerung zu behalten.
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ACHT
N achdem Paul Adrienne beim Abräumen geholfen hatte, deutete er mit dem Kopf auf die Tür nach draußen.
»Hätten Sie Lust, mich auf einem kleinen Spaziergang am Strand entlang zu begleiten?«, fragte er.
»Meinen Sie nicht, dass es zu kalt ist?«
»Bestimmt, aber es könnte gut sein, dass dies die letzte Gelegenheit für die nächsten paar Tage ist.«
Adrienne warf einen Blick aus dem Fenster. Eigentlich sollte sie abwaschen und die Küche aufräumen, aber das eilte schließlich nicht.
»Ja, gut«, sagte sie, »ich hole nur schnell meine Jacke.«
Adrienne bewohnte ein Zimmer, das Jean vor Jahren hatte anbauen lassen und das von der Küche aus zu erreichen war. Es war größer als die anderen Zimmer im Haus und hatte ein eigenes Badezimmer, in dessen Mitte eine große Jacuzzi-Wanne stand. Jean badete häufig, und wenn Adrienne sie anrief, weil sie sich schlecht fühlte, empfahl Jean ihr jedes Mal, zur Verbesserung ihrer Stimmung ein Bad zu nehmen. »Das ist genau das, was du jetzt brauchst – ein ausgedehntes, entspannendes heißes Bad«, sagte
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