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Das Lächeln der Sterne

Das Lächeln der Sterne

Titel: Das Lächeln der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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nicht ein einziges Mal mit einem Mann ausgegangen, und inzwischen glaubte sie auch nicht mehr, dass es dazu kommen würde. Jack dagegen, der hatte es gut. Er konnte seine Morgenzeitung neben einer neuen Frau lesen, aber ihr, Adrienne, war so etwas nicht beschieden.
    Und dazu kamen natürlich die finanziellen Sorgen.
    Jack hatte ihr das Haus überlassen und kam seinen Unterhaltsverpflichtungen pünktlich nach, aber das Geld reichte trotzdem nicht. Zwar hatte Jack während ihrer Ehe gut verdient, aber sie hatten nicht genügend gespart. Wie viele andere Paare auch hatten sie jahrelang fast alles sofort wieder ausgegeben. Sie kauften neue Autos und fuhren in die Ferien, und als es die ersten Fernsehgeräte mit Großbildschirmen gab, waren Jack und Adrienne die Ersten in der Nachbarschaft, die sich eins anschafften. Adrienne hatte immer geglaubt, Jack würde für die Zukunft versorgen, da er sich um die Finanzen kümmerte. Wie sich jedoch herausstellte, hatte er das nicht getan, sodass sie eine Teilzeitarbeit in der Bibliothek annehmen musste. Doch alles in allem war sie weniger um sich und die Kinder besorgt als um ihren Vater.
    Im Jahr nach der Scheidung hatte ihr Vater einen Schlaganfall gehabt, auf den in kurzen Abständen drei weitere folgten. Das bedeutete, dass er jetzt rund um die Uhr versorgt werden musste. Das Pflegeheim, das Adrienne für ihn gefunden hatte, war vorzüglich, aber da sie seine einzige Tochter war, musste sie allein die Kosten dafür tragen. Mit dem Geld aus ihrer Abfindung waren die Zahlungen noch für ein Jahr gesichert, aber sie wusste nicht, wie es danach weitergehen sollte. Schon jetzt konnte sie keinen Cent von dem, was sie in der Bibliothek verdiente, zurücklegen. Jean, die sie gebeten hatte, sie in der Pension zu vertreten, weil sie selbst verreisen musste, ahnte offenbar, dass Adrienne finanzielle Sorgen hatte. Deshalb hatte sie ihr viel mehr Geld für Einkäufe dagelassen als nötig. In einem Begleitbrief bat sie Adrienne, das übrige Geld als Gegenleistung für ihre Hilfe zu behalten. Obwohl Adrienne dankbar dafür war, hatte sie doch das Gefühl, Almosen von ihrer Freundin zu empfangen, und war in ihrem Stolz verletzt.
    Doch nicht nur in finanzieller Hinsicht war sie wegen ihres Vaters bekümmert. Manchmal hatte sie das Gefühl, dass er der einzige Mensch war, der zu ihr hielt, und sie brauchte ihn, gerade jetzt. Die Zeit, die sie bei ihm verbrachte, war für sie eine Art Flucht, und der Gedanke, dass ihre Stunden mit ihm gezählt sein könnten, machte ihr Angst.
    Wie würde es mit ihm weitergehen? Wie würde es mit ihr weitergehen?
    Adrienne lehnte sich an die Verandabrüstung, schüttelte den Kopf und verscheuchte die Fragen. Sie wollte darüber nicht nachdenken, nicht jetzt. Jean hatte gesagt, es gebe nicht viel zu tun – sie hatte nur eine Reservierung –, und Adrienne hoffte, dass der Aufenthalt am Meer Klarheit in ihre Gedanken bringen würde. Sie wollte am Strand spazieren gehen und ein oder zwei Bücher lesen, die seit Monaten auf ihrem Nachttisch gelegen hatten. Sie wollte die Füße hochlegen und den Delfinen beim Spiel in den Wellen zusehen.
    Sie hatte gehofft, Entspannung zu finden, doch auch hier, auf der Veranda der von der Meeresluft verwitterten Pension in Rodanthe, spürte sie eine große Bedrückung. Ihre Jugend war vorbei, sie war allein, und die Arbeit wuchs ihr über den Kopf. Ihre Kinder befanden sich gerade in einem schwierigen Alter, ihr Vater war sehr krank, und sie wusste einfach nicht, wie sie alles bewältigen sollte.
    Und so kamen ihr die Tränen. Kurz darauf, als sie die Schritte hinter sich hörte, drehte sie sich um und sah Paul Flanner zum ersten Mal.
    Paul hatte schon oft Menschen weinen sehen, Tausende von Malen, aber das war immer in der sterilen Umgebung eines Warteraums im Krankenhaus gewesen, wenn er gerade von einer Operation kam und noch seinen OP-Kittel trug. Der grüne Kittel hatte ihm als eine Art Schild gegen die persönlichen und emotionalen Anforderungen seiner Arbeit gedient. Nicht ein einziges Mal waren ihm selbst die Tränen gekommen, wenn er mit den Menschen sprach, und von den Gesichtern derjenigen, die sich von ihm positive Antworten erhofften, war ihm nicht eines haften geblieben. Er war nicht etwa stolz darauf, aber damals entsprach es seinem Wesen.
    Doch in dem Moment, da er in die rot geränderten Augen der Frau auf der Veranda blickte, kam er sich wie ein Eindringling auf unvertrautem Gebiet vor. Instinktiv wollte er das

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