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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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würde meine Hand
ausstrecken, um dich für unsere Sache zu gewinnen, aber du
würdest sie nicht ergreifen, oder? In deinem Kopf schwirren
noch immer viel zu viele verschwommene Ideale herum - die
republikanische Tugend tapfer gegen die grausame Tyrannei
verteidigen und dergleichen. Du hast Illusionen, was deine eigene
Natur betrifft. Meine anderen Sinne mögen mich langsam im
Stich lassen, aber ich bin ein schlauer alter Fuchs, und meine Nase
ist immer noch gut, und ich wittere in diesem Raum einen weiteren
Fuchs. Laß mich dir soviel sagen, Cicero: Der Weg, für
den du dich im Leben entschieden hast, führt am Ende nur zu
einem Ort, und das ist der Platz, an dem ich stehe. Vielleicht
führt dich dein Weg nicht ganz so weit, aber er führt
nirgendwo anders hin. Schau mich an und erblicke dein Spiegelbild,
Cicero.
    Was dich angeht,
Sucher...« Sulla musterte mich verschlagen. » Nicht
noch ein Fuchs, nein; ein Hund, denke ich, die Art, die
herumläuft und die Knochen ausbuddelt, die andere Hunde
vergraben haben. Ekelt dich der Dreck in deiner Schnauze nicht
manchmal selbst an, ganz zu schweigen von den gelegentlichen
Würmern in der Nase? Vielleicht würde ich dich eines
Tages selbst engagieren, aber bald werde ich nie wieder heimliche
Agenten, bestochene Richter oder intrigante Advokaten
brauchen.
    Ja, Bürger,
traurige Nachrichten; in wenigen Tagen werde ich meinen
Rückzug aus dem öffentlichen Leben bekanntgeben. Meine
Gesundheit läßt mich im Stich, genau wie meine Geduld.
Ich habe alles in meinen Kräften Stehende getan, den alten
Adel zu stützen und den Pöbel in seine Schranken zu
weisen; soll sich jemand anders um die Rettung der Republik
kümmern, ich kann mein neues Leben auf dem Land kaum erwarten
- umherschlendern, mich um den Garten kümmern, mit meinen
Enkeln spielen. Oh, und natürlich meine Erinnerungen beenden!
Ich werde darauf achten, daß du eine vollständige Kopie
für deine Bibliothek übersandt bekommst,
Cicero.«
    Sulla schenkte uns ein
säuerliches Lächeln und erhob sich zum Gehen; dann wurde
sein Lächeln mit einemmal echt. Er blickte über unsere
Köpfe in den Flur, zog die Brauen und neigte charmant den
Kopf. »Rufus, mein lieber Junge«, säuselte er,
»welch unerwartete Freude!«
    Ich blickte mich um
und sah Rufus auf der Schwelle stehen, ramponiert und außer
Atem. »Lucius Sulla«, murmelte er mit einem Nicken und
abgewandtem Blick; nachdem diese förmliche gegenseitige
Begrüßung erledigt war, wandte er sich Cicero zu.
»Tut mir leid«, sagte er. » Ich habe
draußen sein Gefolge gesehen. Ich wußte, um wen es sich
handeln mußte, und hätte auch sicher gewartet, aber die
Neuigkeit... Ich bin den ganzen Weg hierher gerannt, um es dir zu
erzählen, Cicero.«
    Cicero runzelte die
Stirn. »Um mir was zu erzählen?«
    Rufus warf einen Blick
zu Sulla und biß sich auf die Lippen. Sulla lachte laut los.
»Mein lieber Rufus, in diesem Zimmer kannst du sagen, was
immer du willst. Wir hatten bereits ein sehr offenes Gespräch,
bevor du gekommen bist. Von den Anwesenden hat niemand Geheimnisse
vor mir. Niemand in dieser Republik kann vor Sulla Geheimnisse
haben. Nicht einmal dein guter Freund Cicero.«
    Rufus klappte den Mund
zu und starrte seinen Schwager an. Cicero trat zwischen die beiden.
»Los, Rufus. Sag, was du uns zu sagen hast.«
    Rufus atmete tief ein.
»Sextus Roscius...« flüsterte er.
    »Ja?«
    »Sextus Roscius
ist tot.«

32
    Alle Blicke richteten
sich auf Sulla, der jedoch genauso überrascht aussah wie wir
alle.
    »Aber wie?«
fragte Cicero.
    »Ein Sturz.«
Rufus schüttelte konsterniert den Kopf. »Von einem Balkon
an der Rückfront von Caecilias Haus. Man stürzt tief,
weil der Hügel direkt hinter dem Haus steil abfällt. Eine
schmale Treppe windet sich den Hang hinunter. Offenbar ist er auf
die Stufen geschlagen und dann noch ein ganzes Stück
weitergerollt. Der ganze Körper war zerschmettert

    »Der Idiot!«
ertönte Sullas Stimme wie ein Donnerkrachen. »Der
verdammte Idiot! Wenn er so wild entschlossen war, sich selbst
auszulöschen -«
    »Selbstmord?« fragte
Cicero leise. »Dafür gibt es keinen Beweis.« An
seinem Blick erkannte ich, daß wir denselben Verdacht hegten.
Ohne die Wachen vor Caecilias Haus konnte jemand in Sextus
Roscius’ Quartier eingedrungen sein - ein Mörder, den
die Roscier oder Chrysogonus oder Sulla selbst geschickt hatten.
Der Diktator hatte einen Waffenstillstand erklärt, aber wie
weit konnte man ihm trauen?
    Aber Sullas
Empörung

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