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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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erledigen, in dreifacher Ausfertigung von allen dreien
unterzeichnet. Jeder bekam eine Kopie, so daß sie sich
gegenseitig erpressen konnten, falls sie sich Überwerfen
sollten. «
    »Aber sie
überwarfen sich trotzdem«, sagte ich.
    »Ja.«
Sulla rümpfte die Nase, als hätte die ganze Geschichte
einen unangenehmen Geruch. »Nach dem Mord versuchte Sextus
Roscius seine Vettern reinzulegen. Er wurde Alleinerbe des gesamten
Besitzes; wie hätten sie ihm den wieder abnehmen können,
wo das Schriftstück, das die drei unterzeichnet hatten, doch
für alle Beteiligten gleich belastend war? Sextus Roscius
muß sich für sehr schlau gehalten haben; was für
ein Dummkopf er war, eine Abmachung mit derartigen Geiern zu
brechen.«
    Sulla atmete tief ein
und fuhr fort. »Allem Anschein nach kam Capito auf die Idee
mit der falschen Proskription; Magnus kannte Chrysogonus von
irgendeiner zwielichtigen Transaktion und sprach ihn auf den Plan
an - wie oft habe ich den Jungen schon gewarnt, er soll sich sein
gesundes Urteilsvermögen nicht durch Habgier vernebeln lassen?
Ach ja! Der alte Roscius wurde geächtet und sein Besitz vom
Staat beschlagnahmt; Chrysogonus selbst kaufte ihn auf und teilte
die Güter, wie vorher verabredet, unter sich, Capito und
Magnus auf. Sextus Roscius ging leer aus. Er muß sich wie ein
Idiot vorgekommen sein! Aber was konnte er tun? Zu den
Behörden rennen mit einem Stück Papier, das ihn gemeinsam
mit den anderen des Mordes an seinem Vater beschuldigte?
    Natürlich bestand
immer die Möglichkeit, daß er in einem Anfall von
Wahnsinn oder Schuldgefühlen genau das tun würde, also
erlaubte Capito Sextus auf dem alten Familienanwesen zu bleiben, wo
er stets ein Auge auf seinen Vetter halten konnte, der in Armut und
Schande lebte.«
    Tiro, der es nicht
wagte, Sulla direkt anzusprechen, blickte zu mir. »Aber was
war mit Elena?«
    Ich öffnete den
Mund, um zu antworten, aber Sulla war zu tief ins Erzählen
versunken, um die Geschichte einem anderen zu überlassen.
»Die ganze Zeit über plante Sextus Roscius, sein Anwesen
irgendwie zurückzubekommen. Das bedeutete, daß das Balg
der Hure eines Tages als sein Rivale auftreten könnte oder
zumindest doch als Feind. Da hockte er nun und brütete tagein,
tagaus über die Nutzlosigkeit seines abscheulichen
Verbrechens, über die Bitterkeit des Schicksals, seine eigene
Schuld und den Ruin seiner Familie. Und nur wegen Elena und ihrem
Kind hatte er sich überhaupt auf den Plan eingelassen, seinen
Vater zu ermorden! Als das Baby geboren wurde, brachte er es mit
eigenen Händen um.«
    »Und er
hätte genausogut auch Elena töten können«,
sagte ich.
    »Was
kümmert ihn nach all seinen Verbrechen, ob noch mehr Blut
seine Hände besudelte?« fragte Sulla, und mir fiel auf,
daß er überhaupt keinen Sinn für die Ironie seiner
Worte hatte, ein Mann, der bis zum Kinn in Blut watete. »Kurz
darauf gelang es den Vettern, Sextus’ Kopie der belastenden
Vereinbarung in die Hände zu bekommen. Ohne sie war er
schutzlos; er hatte kein Druckmittel mehr gegen sie in der Hand.
Zweifelsohne überlegten die Vettern diverse
Möglichkeiten, ihn und seine Familie zu ermorden, als ihm die
Flucht gelang, zuerst zu einem Freund in Arnena, einem gewissen
Titus Megarus, dann zu Caecilia Metella hier in Rom. Als er ihren
Klauen entronnen war, blieb ihnen nur die Möglichkeit, ihn mit
Hilfe der Justiz zu erledigen. Und weil er tatsächlich
schuldig war, nahmen sie naiverweise an, sie könnten die ganze
Geschichte so drehen, daß ihre Beteiligung außen vor
blieb. Und natürlich zählten sie darauf, daß
Chrysogonus’ Name alle ernstzunehmenden Redner davon abhalten
würde, Sextus Roscius’ Verteidigung zu übernehmen
-falls es überhaupt zum Prozeß kam. Denn inzwischen war
der Geisteszutand von Sextus Roscius so zerrüttet, daß
sie hofften, ihn in den Selbstmord treiben oder einfach zu einem
Eingeständnis seiner Schuld bewegen zu können, was eine
Verteidigung überflüssig gemacht
hätte.«
    »Sie waren von
einer geradezu widerwärtigen Selbstgewißheit«,
sagte Cicero leise.
    »Waren sie
das?« fragte Sulla. Seine Stimme hatte einen düsteren,
brütenden Beiklang. »Nicht übermäßig.
Wenn dieser Prozeß vor einem halben Jahr stattgefunden
hätte, glaubst du, ein Anwalt der Verteidigung hätte es
gewagt, Chrysogonus’ Namen zu äußern? Die
Proskription zu erwähnen? Glaubst du, eine Mehrheit der
Richter an einer der Kammern, die ich wiederhergestellt habe,
hätte es gewagt, ihre

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