Das Lächeln des Killers
kooperativ, sondern wahrscheinlich sogar aggressiv gewesen sind, konnte man jedoch so tun, als ob er auch für sie befriedigend gewesen ist.«
»Der Kick wird dadurch noch erhöht, dass das Opfer ihn, während es von ihm missbraucht wird, als sexuelles Wesen, als Objekt seiner Begierde sieht. Weil er allein im Mittelpunkt des Geschehens steht.«
»Genau«, stimmte ihr die Psychologin zu. »Es geht nicht um Vergewaltigung im traditionellen Sinn, bei der das Opfer durch Anwendung von Gewalt und durch Einschüchterung in die Knie gezwungen wird. Die Frauen sollen sich nicht vor ihm fürchten, sondern sich ihm freiwillig unterwerfen. Er ist clever und geduldig. Er macht sich mit ihnen vertraut – lernt ihre Fantasien kennen, ihre Hoffnungen und ihre Schwächen. Dann nutzt er dieses Wissen aus, verwandelt sich in ihren Traummann und schickt ihnen pinkfarbene Rosen. Nicht rot, denn das wäre das Zeichen von Leidenschaft, und auch nicht weiß, denn das wäre das Sinnbild jungfräulicher Reinheit. Er wählt absichtlich Rosa, weil das die Farbe der Romantik ist.«
»Der oder die Täter hat beziehungsweise haben hervorragende Kenntnisse in Computertechnik und Chemie. Ich habe ein paar neue Informationen, denen zufolge unser Mann oder einer unserer Männer wahrscheinlich unter einem dritten Alias-Namen superteure, hochwirksame, verbotene Sex-Drogen verkauft. Er kennt sich damit aus. Weiß, wie man an dieses Zeug herankommt, oder stellt es eventuell sogar selber her. Vielleicht geht er das Risiko des Verkaufs dieser Drogen ein, weil er damit seinen Lebensunterhalt verdient. Aber ich glaube, dass noch mehr dahintersteckt. Ich glaube, es geht ihm dabei vor allem um den damit verbundenen Kick.«
»Das glaube ich auch.« Dr. Mira nickte. »Er geht gerne Risiken ein. Kalkulierte Risiken.«
»Computertechnisch scheint er oder einer von den beiden ein echtes Ass zu sein. Da selbst Roarke beeindruckt war, können wir mit Bestimmtheit davon ausgehen, dass er auf diesem Sektor überdurchschnittliche Fähigkeiten hat. Ist es möglich, dass ein Mensch mit MPS zwei Persönlichkeiten mit überdurchschnittlichen Fähigkeiten auf zwei verschiedenen Gebieten hat?«
»Unmöglich ist es nicht.« Als sie Eves Ungeduld bemerkte, winkte Dr. Mira ab. »Sie wollen ein Ja oder ein Nein, aber das kann ich Ihnen nicht geben. Ich könnte Ihnen Studien zu Fällen zeigen, Eve, in denen so was abgelaufen ist. Aber trotzdem würden Sie weiter instinktiv bei ihrer These von einem zweiten Mann bleiben. Also gehen wir fürs Erste von zwei Männern, zwei Individuen, aus. Einer der beiden ist ein Träumer, der die meiste Zeit in einer Fantasiewelt lebt. Seine Idealfrau ist intelligent, verführerisch und weltgewandt. Er will sie nicht nur beherrschen und sich unterwerfen, sondern sie gleichzeitig betören. Er ist sicher ziemlich sprunghaft und lebt meistens für den Augenblick.«
»Er hat Bankhead Rosen an den Arbeitsplatz geschickt«, warf Eve ein. »Grace Lutz hat keine Rosen bekommen.«
»Das zweite Individuum ist berechnender, nüchterner und hat möglicherweise eine stärkere Neigung zur Gewalt. Anders als der erste Mann redet er sich nicht im selben Ausmaß ein, dass es bei diesen Dates um Romantik geht. Er weiß und akzeptiert, dass er die Frauen vergewaltigt. Er sucht sich junge, unschuldige Frauen, die er erst besitzen und dann zerstören will.«
»Er wäre also der Dominantere der beiden.«
»Davon gehe ich zumindest aus. Aber ihre Beziehung ist symbiotischer Natur. Sie brauchen einander, und zwar nicht nur, weil der jeweils andere Fähigkeiten hat, die man selber nicht besitzt, sondern weil es dem Ego einfach gut tut, wenn einem ein anderer Mann für seine Taten Anerkennung zollt. Es ist wie bei den Baseballspielern, wenn einer dem anderen nach einem erfolgreichen Run begeistert auf den Hintern haut oder spielerisch an seinen Dreadlocks zieht.«
»Teamwork. Nach dem Motto: Ich liefere die Vorlage, du läufst, und gemeinsam machen wir einen Punkt.«
»Ja. Das Ganze ist für sie ein tolles Spiel.« Dr. Mira stellte ihre Tasse auf den Tisch und spielte geistesabwesend mit der Perle, die an ihrer Kette hing. »Sie brauchen den Wettbewerb. Sie sind zwei verwöhnte Jungen, brillant und gleichzeitig gestört. Manipulatoren, die nicht über Nacht dazu geworden sind. Sie stammen aus reichen, privilegierten Verhältnissen, sind es gewohnt, ohne Umwege zu verlangen oder sich zu nehmen, was sie haben wollen – und mit allem ungestraft davonzukommen,
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