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Das laesst sich aendern

Das laesst sich aendern

Titel: Das laesst sich aendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Vanderbeke
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ist, hatte Holzapfel gesagt.
    Adam legte seine Arme um mich, drückte fest zu und sagte, jetzt bin ich ein Pirat, jetzt kommt mein Schiff so langsam mal in Fahrt. Und dich halte ich fest gefangen.
    Die Ärzte, sagte ich. Deine Sehnsucht hat jetzt Sinn, nimm sie mit, du weißt, wohin.
    Tja, sagte er, da hätten wir sie, unsere Streuobstinsel.
    Tatsächlich Jugendstil, sagte er später, als er die Gartenbank zusammengebaut, blau gestrichen und unter einen frisch geschnittenen Apfelbaum gestellt hatte.
    Ist doch was für den Anfang.
     
    Wenn der Bauer Holzapfel fortan auf etwas zählen konnte, dann darauf, dass Adam ihn nicht auf halber Strecke hängen lassen würde.
    Pferdepension, sagte Adam herablassend und meinte nicht die Pferde, sondern diejenigen Besitzer, die aus der Stadt mit ihren nagelneuen Jeeps angedüst kamen und am Wochenende neben Holzapfels altem Nachkriegsdefender parkten.
    Bevor er das Zauberland angehen würde, das vor uns lag, musste Adam sich noch eine Weile um den Mann kümmern, der seiner Sehnsucht Sinn gegeben hatte.
    Der ist einfach nicht ausgelastet, sagte er. Die paar Pferde.
     
    Auf Holzapfels Hof gab es noch immer eine Menge zu tun; zusammen bastelten sie einen Tag lang an dem alten LP 813 herum, und am Abend kam Adam ölverschmiert und mit leuchtenden Augen heim.
    Geil, rief er mir schon an der Haustür zu.
    Lange nicht mehr gehört, das Wort, rief ich zurück.
    Er lachte und sagte, besonders haltbar. Keilriemen, Filter, Wellendichtung, und die Kiste rollt wieder.
    Danach nahm er bis auf die letzte Schraube Holzapfels Kutsche auseinander, schliff sie ab, wechselte die morschen Sitzbretter aus, lackierte und baute sie wieder zusammen.
    Geschmiedete Achse, sagte er, schmieden würde ich gerne können.
    Amboss und Feuerstelle wären da. Ein Schraubstock wäre da. Eine Drechselbank wäre da.
    Vieles war da. Offenbar hatten Holzapfels früher nicht nur gemostet, sondern auch Schnaps gebrannt; in einem der Ställe fand Adam jedenfalls samt riesigem Kupfertopf eine Destille. Würde er auch gern können, Schnaps brennen, zumal er demnächst das Obst dazu hätte.
    Alles würde Adam gerne gekonnt haben, und alles sollten seine Kinder können und in eine Zeit mitnehmen, in der die Menschheit alles vergessen haben würde, was sie sich seit der Steinzeit mühsam hatte beibringen müssen, Adam würde seine Kinder vor dem Vergessen retten. Adam würde das Wichtigste irgendwie auf den Kasten kriegen und an sie weitergeben, damit sie der Komplettverblödung entgehen würden, die er überall wachsen sah, weil der Sinn weg war, und wenn der Sinn weg ist, kannst du den Verstand gleich hinterherschmeißen.
    Er stöberte durch die Scheunen und Ställe. Er fand eine Menge Dinge, die noch zu gebrauchen waren, manche wollten nur ein bisschen gewartet werden, und nachdem das erledigt war, stöberte Adam weiter. Er suchte etwas.
    Keine Ahnung was, sagte er, aber ich bin sicher, irgendwo ist was.
    Und eines Tages entdeckte er die Schlachtanlage.
    Sie verkümmerte in einer Ecke des riesigen Hühnerstalls ganz hinten, und als Adam sie entdeckte, wusste er, wonach er gesucht hatte. Er ging schnurstracks zu Holzapfel.
    Alles in top Zustand, sagte er, Brühkessel, Trichter, Abtropfwagen, nicht neu, aber picobello, Rupfmaschine, sogar ein Betäubungsgerät ist da. Kann man doch nicht so vergammeln lassen.
    Das sind bloß die Reste von dem, was früher da war, sagte Holzapfel, die Hühner hat meine Frau gemacht, außerdem hat der Brutschrank einen Kurzen; und dann murmelte er noch etwas von dem riesigen Aldi im neuen Gewerbegebiet, und in der Fußgängerzone ein Lidl, aber Adam wusste längst, dass der Bauer Holzapfel gern brummig und nicht sehr entscheidungsfreudig war.
    So, so, sagte er, der Brutschrank hat einen Kurzen, na, dann wird natürlich nichts daraus.
     
    Zu der Zeit kannten wir die Özyilmaz noch gar nicht richtig.
    Wir gingen gern in ihren Imbiss in der Altstadt, weil man dort zu jeder beliebigen Tageszeit etwas zu essen bekam, nicht nur mittags und abends; Anatol wäre am liebsten jeden Tag hingegangen, und wir waren die einzigen Nichttürken in Ilmenstett, die sich zum Essen hinsetzten, alle anderen kauften ihre Döner oder ihr Lahmacun im Straßenverkauf; anfangs waren wir unter den türkischen Männern, die ihre Linsensuppe aßen oder Tee tranken und Karten spielten, so etwas wie Exoten, aber es dauerte nicht lange, bis wir mit den Özyilmaz ins Gespräch gekommen waren, und als Adam die Schlachtanlage

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