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Das laesst sich aendern

Das laesst sich aendern

Titel: Das laesst sich aendern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Vanderbeke
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und ich hatte ein paar von den langjährigen Patienten angerufen, die Grossers natürlich, die Wegeners.
    Am Abend sagte Adam, gut, dass ich damals den Motor ausgebaut habe.
    Was für einen Motor, sagte ich.
    Na, den aus der alten Waschmaschine. Da war bloß die Elektronik hinüber, der Motor war noch in Ordnung.
    Von dem Generator, der in Fritzis Keller stand, wussten wir inzwischen nicht mehr, ob er eine Betriebsbeute war oder von einer öffentlichen Baustelle stammte, und ich hätte nie gedacht, dass wir ihn jemals gebrauchen könnten, aber jetzt war seine Stunde gekommen.
    Wer sagt’s denn, sagte Adam, dessen Stunde auch gekommen war, und bis zum Mittag des nächsten Tages hatte er einen Eins-a-Drehmotor zusammengebaut, und dann ging es an das Lamm, das der Bauer Holzapfel und Herr Özyilmaz uns in die Küche gelegt hatten.
    So ein Lamm ist entschieden größer als ein Huhn, sagte Fritzi, als sie das Tier auf der Anrichte liegen sah.
    Tja, sagte Adam, da müsst ihr jetzt durch.
    Wir – das waren Frau Özyilmaz, Massimo und ich, weil Fritzi, der die Sache eher barbarisch erschien, die Operation lieber mit etwas mehr Abstand vom Küchentisch aus verfolgte und uns nach Rezept ihre Anweisungen erteilte.
    Mehr Butter muss da rein, sagte sie, nachdem wir ungefähr ein Kilo Butter in unserem Braten versenkt hatten.
    Frau Özyilmaz schüttelte den Kopf, aber Massimo gab ihr recht, also füllten wir zu den gehackten Kräutern, Gewürzen und Knoblauchzehen – an dem Wiegemesser werden noch unsere Enkelkinder ihre Freude haben – immer noch mehr Butter hinein, pfundweise, bis wir dann zunähen konnten, und den ganzen Nachmittag lang drehte sich der eins-a-vollautomatische Drehspieß mit dem weithin duftenden Lamm über der Glut und füllte sich langsam unsere Wiese mit Schüsseln, Platten, Klappmöbeln, Decken und mit Cousins und Cousinen, die um einen mitgebrachten Gettoblaster herumstanden und lauschten; aus dem Gettoblaster kam eine halb orientalische, halb westliche Musik, ein eigenartig rhythmischer Sprechgesang.
    Eigentlich logisch, dass die Türken irgendwann auf den Hiphop kommen würden, sagte Adam.
    Er selbst war nie auf den Hiphop gekommen.
    Wenn sich die Fantastischen Vier auf Bananensaft und Weizenbier reimen, sind sie nicht mehr weit von der Werbung entfernt, fand er.
    Später sangen ein paar Jugendliche die Texte mit, ein paar englische, ein paar, von denen wir dachten, dass es türkische seien, und noch später, als Herr Özyilmaz das Fleisch mit seinem Damaststahlmesser geschnitten, auf die Teller verteilt und wir alle verstanden hatten, dass so ein Mechoui etwas sehr Gutes ist, fingen die Jungen an zu rappen. Bora zögerte eine Weile, aber dann hielt er es nicht mehr aus und machte es den Größeren nach, Anatol machte es Bora nach, und Magali machte es ihrem Bruder nach.
    Ich war gerade dabei, die Pappteller unseres Festessens einzusammeln, und hörte die Musik nur nebenbei, aber Adam hörte ganz genau hin.
    Lass das mal kurz, sagte er, fasste mich am Arm und zog mich über die Wiese bis ganz nah an den Gettoblaster ran.
    Da müssen welche ziemlich finster drauf sein, sagte er.
    In dem Lied, das ein Sänger mit einem drolligen hessischen Dialekt im Stakkato eher ausstieß als sang, reimte es sich ganz gewaltig, eine Kombo jagte die andere: Da gab es Kriege ohne Siege, Kinder starben in der Wiege, und klar doch, auf der ganzen Welt geht es nur noch um das Geld, seht ihr nicht, dass sie zusammenfällt.
    »Ich will hier raus« reimte sich sauber auf »bin hier nicht zu Haus« und »muss hier weg« auf »babylonischen Scheißdreck«, da fühlten sich welche verbannt in ein feindliches Land. Die schleimigen Sprüche gegen Hass könnt ihr euch sparen, rief der Sänger zornig den guten Menschen von Deutschland zu, die das Ende der Multikultiära verpennt und nicht gemerkt hatten, dass die Achtzigerjahre vorbei waren, und jetzt standen sie, immer wenn es wo brannte, mit ihren Kerzen in der Hand an den Schauplätzen herum und wollten mit Lichterketten Brände löschen und die Welt retten, die inzwischen keine Schlaftablette mehr war, sondern auf Ecstasy umgeschaltet hatte, auf Ecstasy und auf Speed. Auf die New Economy.
    Mein Blut kocht vor Wut, trotzdem bin ich voller Mut.
    Und mutig musste er wohl auch sein, der junge kurdische Sänger, der sich Azazin nannte, denn wohin er auch sah, war er umringt von Schwarz-Rot-Gold und von Teufeln und Dämonen verfolgt, denen er tapfer und voller Kampfeslust mit seinem

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