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Das lässt sich ändern

Das lässt sich ändern

Titel: Das lässt sich ändern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Vanderbeke
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darauf angesprochen, ob da was dran sei; sie habe gehört, dass bei unserem Nachbarn Hühner geschächtet würden.
    Und, sagte Adam, was hast du gesagt?
    Nichts, hatte Fritzi natürlich gesagt, aber das hinderte den Ilmenstetter Boten nicht daran, in der nächsten Wochenendausgabe zu berichten, dass der Wirt der türkischen Imbissstube in der Altstadt freitags auf dem Hof der Pferdepension Holzapfel vorfahre, um im Dunkel des Hühnerstalls unter fortgesetztem Murmeln ritueller Gebete auf barbarische Weise Tiere zu töten.
    Schächtung ist in Deutschland verboten, stellte der Bote klar, und bei dem dubiosen Geschehen auf Holzapfels Hof sei nicht auszuschließen, dass außer den Hühnern, die Holzapfel sich kürzlich zugelegt habe, eventuell auch die Ziegen und Schafe, die er auf seiner Streuobstwiese halte, blutig massakriertwürden. Wollen wir Döner essen, die mit dem Fleisch von geschändeten Tieren zubereitet wurden?
    Adam flippte aus, als er das las.
    Ich sage euch mal, was jetzt passiert, sagte er. Jetzt kriegt Holzapfel als Erstes eine Tierschutzkontrolle an den Hals, die sich gewaschen hat, aber das ist das kleinere von den beiden Problemen. Der zeigt in Ruhe seine Schlachtanlage, picobello, Betäubungsgerät vorhanden, nirgendwo eine blutbespritzte Badewanne, kein rostiges Messer mit stumpfer Klinge, alles einwandfrei. Hygiene und Kühlung vorbildlich, Schlachterlaubnis hat er auch. Damit ist der Fall für die erledigt, sie hauen wieder ab, und dann wird es richtig gefährlich.
    Fritzi sagte, ich kapier da was nicht. Döner sind doch alle halal. Das weiß doch jeder. Was regen die sich so auf.
    Weil’s nicht aus Holland oder Belgien kommt, sagte Massimo, sondern direkt von vor ihrer Haustür.
    Und dann, sagte Adam, der sich von seiner düsteren Vision nicht abbringen lassen wollte, dann wird es richtig gefährlich, dann kommen die Tierschützer und kochen den Volkszorn hoch.
    Fritzi nahm ihn nicht so richtig ernst.
    Adam ist manchmal ein ganz klein bisschen paranoid, sagte sie zu Massimo, und zu Adam sagte sie dann, die regen sich auch wieder ab, aber Adam dachte daran, dass die westliche Welt auf der Suche nach jemandem war, der ihr den Feind spielenwürde, und nachdem dann die Lebensmittelkontrolleure bei Holzapfel gewesen waren und der Fall sich für sie erledigt hatte, richtete sich der Volkszorn, wie Adam es angenommen hatte, nur für kurze Zeit auf den Bauern und seine Bilderbuchhühner und drehte dann ab. Holzapfel nahm die Sache gelassen.
    Was die sich anstellen, sagte er, bei denen hat die Oma doch auch den Hühnern noch eigenhändig den Hals umgedreht. Das war doch nicht nur bei meiner Oma. Kennt doch jeder einen, bei dem ist ein Huhn nach dem Schlachten auch schon mal ohne Kopf übern Hof gerannt, und wenn du Pech hattest, war’s weg und nicht mehr zu finden. Haben die offenbar alles vergessen.
    Die haben eine ganze Menge vergessen, sagte Adam.
     
     
    Dass sich die Welt in Ilmenstett ausgerechnet Bora Özyilmaz als Feind aussuchte, fand er dann doch etwas erbärmlich, auch wenn es ihn nicht überraschte.
    Adam war schon immer draußen gewesen.
    Sippenhaft, sagte er, ist immer das Gleiche.
    Boras Mutter machte es Sorgen.
    Bora selbst war stolz wie das tapfere Schneiderlein und versorgte Anatol mit angeberischen Berichten von den unglaublichen Schlachten, die er auf dem Schulhof siegreich schlug.
    Ein Kümmel gegen mindestens sieben Alemannen,erzählte er, und nach eigenen Berichten polierte er den Alemannen wahlweise die Fresse oder trat ihnen in die Eier, praktisch in jeder Pause machte er etliche platt oder zu Brei; Anatol war von der Prahlerei seines großen Freundes schwer beeindruckt, allerdings beunruhigte ihn die Vorstellung, nach dem Sommer, wenn er eingeschult wäre, sogleich in drastische Kriegshandlungen verwickelt zu werden, zumal er schließlich selbst ein Alemanne war, aber er musste zugeben: Die Alemannen waren eindeutig im Unrecht, sie hatten Bora nun einmal Ziegenfresser genannt. Den Ziegenfresser konnte er nicht auf sich sitzen lassen, und den konnte auch Anatol nicht auf ihm sitzen lassen.
    Er bewunderte den Freund so sehr, dass er seinen geliebten Roller nicht mehr anrührte.
    Der ist doch Bebi, sagte er verächtlich; das alte Kinderfahrrad, das Adam ihm ziemlich peppig restauriert hatte, nannte er Byke, und wenn er groß wäre, würde er auch Ingenör werden. Genau wie Bora. Bauingenör.
    Was ihm Bora während des Bykens aus der Schule erzählte, brachte ihn allerdings von

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