Das Land der Pelze
keiner Weise ihren Weg vorschreiben? Noch acht Tage solcher Schnelligkeit, und wir könnten vielleicht die letzte der Aleuten erreichen!
– Diese acht Tage ruhen in Gottes Hand! antwortete Lieutenant Hobson in ernstem Tone, wird Er sie uns noch schenken? Ich gestehe Ihnen ehrlich, Madame, jetzt kann uns die Rettung nur noch vom Himmel kommen.
– O, das ist mein Glaube auch, Herr Hobson, aber der Himmel will auch, daß man sich seiner Hilfe würdig macht. Ist nicht irgend etwas zu thun, irgend etwas zu versuchen, was noch von Nutzen sein könnte?«
Verneinend schüttelte Jasper Hobson den Kopf. Ihm winkte nur noch ein Rettungsanker, das Floß; aber sollte man sich auf diesem einschiffen, aus irgend welchem Material ein Segel herstellen, und so die amerikanische Küste zu gewinnen suchen?
Jasper Hobson befragte den Sergant Long, den Zimmermann Mac Nap, auf dessen Urtheil er sehr viel gab, den Schmied Raë und die Jäger Sabine und Marbre. Nach Abwägung des Für und Wider einigte man sich dahin, die Insel nur zu verlassen, wenn man dazu gezwungen sein sollte. Wirklich stellte das Floß nur das letzte Hilfsmittel dar; das Floß, welches das Meer doch überfluthen mußte und dem die Schnelligkeit der von den Eisbergen nach Süden getriebenen Insel abging. Auch der Wind blies vorwiegend von Osten her und hätte das Fahrzeug gewiß eher in’s offene Meer hinaus verschlagen. Noch mußte man warten, immer warten, da die Insel den Aleuten zuschwamm. Näherte man sich dieser Inselgruppe, so würde man sehen, ob etwas zu thun sei.
Gewiß erschien das als das Klügste, und wenn die Schnelligkeit nicht abnahm, so mußte die Insel entweder an der Südgrenze des Behrings-Meeres aufgehalten sein, oder, südwestlich in den Stillen Ocean getrieben, rettungslos verloren gehen.
Das Mißgeschick, welches die Ueberwinternden schon seit langer Zeit verfolgte, sollte sie aber noch mit einem neuen Schlage treffen. Die Geschwindigkeit der Fortbewegung, auf welche sie so sehnlich rechneten, sollte ihnen bald geraubt werden.
Wirklich unterlag die Insel Victoria in der Nacht vom 26. zum 27. Mai zum letzten Male einem Orientationswechsel, dessen Folgen sehr gewichtige waren. Sie machte eine halbe Drehung um sich selbst. Die von der Packeiswand übrig gebliebenen Schollenreste wurden ihr hierdurch nach Süden zu entführt.
Am Morgen sahen die Schiffbrüchigen, ein Name, der ihnen wohl mit Recht zukommt, die Sonne über Cap Eskimo aufgehen, und nicht am Horizonte über dem Barnett-Hafen.
Dort schwammen die durch das Thauwetter sehr verkleinerten, aber doch noch ganz beträchtlichen Eisberge, die sonst die Insel trieben, dahin, und verdeckten einen großen Theil des Gesichtskreises.
Worin bestanden aber jene gewichtigen Folgen des Lagenwechsels? Mußten sich die Eisberge nicht von der Insel, mit welcher kein festes Band sie verknüpfte, ablösen?
Jedem kam die Ahnung eines neuen Unglücks, und Jeder verstand, was der Soldat Kellet sagen wollte, als er ausrief:
»Noch vor heute Abend werden wir unsere Schraube eingebüßt haben!«
Ein Seebad wider Willen. (S. 437.)
Kellet wollte damit sagen, daß diese Eisberge, welche nicht mehr hinter der Insel, sondern jetzt vor derselben waren, nicht zögern würden, sich von jener los zu lösen. Sie hatten ihr aber jene große Schnelligkeit mitgetheilt, da sie so tief in die unterseeische Strömung eintauchten, deren Kraft der flachen Insel offenbar abgehen mußte.
Unterbrochene Verproviantirung. (S. 446.)
Ja! Der Soldat Kellet hatte nur zu Recht. Die Insel befand sich jetzt in der Lage eines Schiffes, dessen Masten gekappt und dessen Schraube zerbrochen war.
Niemand antwortete auf jene Prophezeiung Kellet’s. Doch es verfloß kaum eine Viertelstunde, als sich ein schreckliches Krachen vernehmen ließ.
Der Gipfel des Eisberges schwankte, die Masse löste sich, und während die Insel sichtbar zurück blieb, enteilten die von dem unterseeischen Strome entführten Eismassen schnell nach Süden.
Einundzwanzigstes Capitel
Die Insel wird zum Eiland.
Drei Stunden später waren auch die letzten Reste der Packeiswand aus dem Gesichtskreise verschwunden, welche Schnelligkeit den Beweis lieferte, daß die Insel jetzt wohl ganz ohne Bewegung verharrte. Es erklärte sich diese Erscheinung dadurch, daß die Strömung, mit der sie vorher dahin trieb, sich nur in größerer Tiefe, aber nicht auf der Oberfläche des Wassers bewegte.
Die Vergleichung zwischen der Mittagsbeobachtung dieses
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