Das Land der Pelze
sie, so gut wie wir, wohl in der Auskundschaftung neuer Jagdgebiete begriffen gewesen sein, und ich wiederhole, daß das für uns von sehr üblen Folgen begleitet sein könnte.
– Aber kann man denn, fragte Mrs. Paulina Barnett, an gar Nichts erkennen, welcher Race diese Reisenden angehörten? Sollte sich nicht entscheiden lassen, ob es Eskimos oder Indianer aus dem Süden gewesen sind? Stämme von so verschiedenem Ursprunge und Volkssitten werden ein Lager doch nicht auf ganz gleiche Weise herstellen.«
Mrs. Paulina Barnett hatte hiermit offenbar Recht, und es war wohl möglich, daß diese Frage durch ein genaueres in Augenschein-Nehmen des Lagers eine Lösung versprach.
Jasper Hobson ging also mit einigen Anderen an diese Prüfung, und suchte peinlich nach jeder Spur, nach irgend einem vergessenen Gegenstande, selbst nur nach einer Fußspur, welche ihnen einige Andeutung gegeben hätte. Doch weder aus dem Zustande des Erdbodens, noch der Feuerherde, war eine solche herzuleiten. Einige Thiergebeine, welche da und dort umherlagen, waren dazu ebenso ungenügend. Schon wollte der Lieutenant die fruchtlose Nachforschung aufgeben, als ihn Mrs. Joliffe, die sich etwa hundert Schritte nach links hin entfernt hatte, anrief.
Jasper Hobson, Mrs. Paulina Barnett, der Sergeant und noch Mehrere eilten sogleich auf die junge Canadierin zu, welche unbeweglich den Erdboden betrachtete.
»Sie suchten nach Spuren, sagte Mrs. Joliffe zu dem Lieutenant. Nun, hier sind deren!«
Sie zeigte dabei auf zahlreiche Fußeindrücke, welche sich in dem thonichten Erdboden sehr scharf erhalten hatten. Diese hätten wohl ein charakteristisches Merkmal bieten können, denn der Fuß des Eskimos und der des Indianers ist ebenso verschieden, wie das beiderseitige Schuhwerk.
Vor Allem war Jasper Hobson über die eigenthümliche Art dieser Eindrücke verwundert. Gewiß rührten sie von einem menschlichen, mit einem Stiefel bekleideten Fuße her, zeigten aber nur den Abklatsch der Sohle, während der des Fersentheiles fehlte. Daneben waren diese Fußspuren nach allen Seiten gerichtet, und nur in beschränktem Umkreise sehr zahlreich.
Jasper Hobson machte seine Begleiter auf diese Eigenthümlichkeit aufmerksam.
»Das sind keine Fußtapfen einer Person, welche im Gehen begriffen war, sagte er.
– Und auch keine eines springenden Menschen, da der Abdruck der Ferse fehlt, setzte Mrs. Barnett hinzu.
– Nein, antwortete Mrs. Joliffe, das sind Fußspuren einer tanzenden Person!«
Mrs. Joliffe hatte vollkommen Recht. Bei genauerer Betrachtung bestätigte sich ihre Annahme, daß jene von irgend einer choregraphischen Vorstellung herrührten, und dazu nicht von einem langsamen, abgemessenen, sondern von einem leichten, lustigen Tanze. Die Thatsache war unbestreitbar. Aber welcher Mensch konnte wohl so leichtlebigen Charakters sein, um den Gedanken, oder gar das Bedürfniß zu einem flotten Tanze, hier an den Grenzen Amerikas, einige Grade über dem Polarkreise zu bekommen?
»Das war sicher kein Eskimo, sagte der Lieutenant.
– Auch kein Indianer! meinte Corporal Joliffe.
– Nein, entschied sehr ruhig Sergeant Long, das war ein Franzose!«
Und nach der Ansicht Aller mußte es wirklich nur ein Franzose gewesen sein, welcher an einer solchen Stelle der Erdkugel noch – an’s Tanzen denken konnte!
Zwölftes Capitel.
Die Mitternachtssonne.
War denn Sergeant Long’s Ausspruch doch nicht etwas zu kühn? Ein Tanz war hier abgehalten worden; durfte man aber von seiner Leichtigkeit allein schließen, daß nur ein Franzose ihn habe ausführen können?
Indessen, Lieutenant Jasper Hobson theilte die Ansicht seines Sergeanten, und alle Uebrigen mit ihm. Alle hielten es für ausgemacht, daß sich an dieser Stelle eine Reisegesellschaft, unter der sich wenigstens ein Landsmann Vestris’ befand, aufgehalten habe.
Selbstverständlich war das für den Lieutenant keine besonders erfreuliche Entdeckung. Jasper Hobson kam die Befürchtung, daß ihm in den nordwestlichen Gebieten des britischen Amerika schon Concurrenten vorausgeeilt seien, und so geheim sein Vorhaben auch seitens der Compagnie gehalten wurde, so konnte es doch in den Handelsbrennpunkten Canadas oder der Vereinigten Staaten bekannt geworden sein.
Als er dann sein einen Augenblick unterbrochenes Vordringen fortsetzte, erschien der Lieutenant sehr sorgenvoll, der Sachlage nach war aber an eine Rückkehr gar nicht zu denken.
Nach obigem Vorfalle stellte Mrs. Barnett an ihn die Frage:
»Herr
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