Das Land der Pelze
Hobson, begegnet man denn noch Franzosen in diesen Gebieten des arktischen Continentes?
– Ja, Madame, erwiderte Jasper Hobson; und wenn auch nicht eigentlich Franzosen, so doch, was fast dasselbe sagen will, Canadiern, welche von den früheren Herren Canadas, aus der Zeit, wo es eine französische Besitzung war, herstammen, und man muß gestehen, daß diese Leute gar nicht zu verachtende Rivalen sind.
– Ich glaubte immer, entgegnete die Reisende, daß die Hudsons-Bai-Compagnie, nachdem die Compagnie des Nordwestens in ihr aufgegangen war, auf dem amerikanischen Festlande ohne Concurrenten sei.
– O, Madame, antwortete Jasper Hobson, wenn neben ihr auch keine bedeutendere Gesellschaft, welche den Pelzhandel betreibt, existirt, so bestehen doch noch kleinere, ganz unabhängige Vereinigungen. Im Allgemeinen sind es amerikanische, welche sich noch französischer Agenten, oder doch der Abkömmlinge dieser, bedienen.
– Diese Agenten scheinen also in hohem Ansehen zu stehen? fragte Mrs. Paulina Barnett.
– Gewiß, Mistreß, und das mit vollem Rechte. Während der vierundneunzig Jahre, welche die Oberherrschaft Frankreichs über Canada dauerte, zeigten sich diese französischen Agenten den unserigen immer überlegen. Man soll immer gerecht sein; selbst gegen Rivalen.
– Vorzüglich gegen Rivalen! verbesserte Mrs. Paulina Barnett.
– Ja wohl … vorzüglich … Jener Zeit drangen die französischen Jäger von Montreal, ihrer Hauptstation aus, kühner als alle Anderen nach Norden vor. Jahre lang lebten sie mitten unter Indianerstämmen und heirateten nicht selten unter diesen. Man nannte sie ›Waldläufer‹ oder ›Canada-Reisende‹, und sie behandelten sich einander Alle als Brüder oder Vettern. Sie waren kühne, geschickte Männer, mit der Flußschifffahrt wohl vertraut, muthig, sorglos, und schickten sich mit der ihrem Stamme eigenen Fügsamkeit in alle Umstände. Dabei waren sie sehr treu und lustig und unter allen Verhältnissen aufgelegt, zu singen und zu tanzen.
– Und Sie argwöhnen, daß die Reisegesellschaft, deren hinterlassene Spuren wir trafen, nur zu dem Zwecke, Pelzthiere zu jagen, so hoch hinauf vorgedrungen ist?
– Etwas Anderes ist gar nicht anzunehmen, Madame, antwortete Lieutenant Hobson, und sicher sind jene Leute auf Kundschaft nach neuen Jagdgründen. Da uns nun kein Mittel zu Gebote steht, sie aufzuhalten, so wollen wir unser Ziel nur desto eher zu erreichen suchen, und dann gegen jede Concurrenz muthig ankämpfen!«
Lieutenant Hobson, der sich des Gedankens einer drohenden Concurrenz nicht erwehren konnte, trieb also sein Detachement zu möglichster Eile an, um schneller über den siebenzigsten Breitengrad hinaus zu gelangen. Vielleicht – er hoffte es mindestens – würden ihm seine Rivalen nicht bis dahin folgen.
Während der nächsten Tage wandte sich die kleine Gesellschaft einige zwanzig Meilen nach Süden, um schneller um die Franklin-Bai herum zu kommen. Das Land bot immerfort ein grünes Aussehen. Die schon beobachteten Säugethiere und Vögel waren ebenfalls in großer Anzahl vorhanden und der ganze Nordwesten aller Wahrscheinlichkeit nach ebenso reich bevölkert.
Das Meer, welches hier die Küste netzte, dehnte sich noch immer endlos vor den Blicken, und fand sich auch auf den neuesten Karten kein nördlich von der Festlandgrenze gelegenes Land verzeichnet. Es bildete einen freien Raum, und nur das Eis hätte also Seefahrern hinderlich sein können, von der Behrings-Straße bis zum Pole vorzudringen.
Am 4. Juli war das Detachement um eine andere tief einspringende Bai, die Washburn-Bai, gekommen, und erreichte die Spitze eines noch wenig bekannten Sees, der aber nur eine kleine Fläche, etwa zwei Quadratmeilen, bedeckte. Er bildete eigentlich nur eine Süßwasser-Lagune, mehr einen großen Teich, als einen See.
Die Schlitten glitten leicht dahin. Der Anblick des Landes reizte hier zur Gründung einer neuen Factorei, und allem Anschein nach mußte ein Fort an der Spitze des Cap Bathurst, hinter sich jene Lagune, vor sich die vier Monate lang im Jahre freie Behrings-Straße, das heißt das offene Meer, sich in einer sehr günstigen Lage für die Productenausfuhr sowohl, als auch für seine eigene Verproviantirung befinden.
Am 5. Juli, Nachmittags gegen drei Uhr, hielt das Detachement endlich an der Spitze des Cap Bathurst an, dessen Position, welche die Karten über den siebenzigsten Breitengrad verlegten, nur noch genau zu bestimmen war. Auf die Hydrographie
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