Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02
würde.
Es gab keine. Maggie lächelte mich an und sagte: »Ich habe dein Frühstück schon im Schankraum vorbereitet, Peter. Ich bin sicher, du hast Hunger.«
Auf dem Tisch, der frisch gewischt war, standen ein Holztablett und ein Blechkrug. Käse, frische Eier, wilde Beeren mit Sahne und kleine Küchlein, die dick mit Zucker bestreut waren. Maggie musste schon vor der Dämmerung aufgestanden sein, um diese Entschädigung für den Verlierer des Streits zu kochen. Noblesse oblige.
Auf einmal war ich nicht mehr hungrig. Aber es würde die Dinge nur schwieriger machen, wenn ich nichts aß. »Wie wunderbar!«, sagte ich herzlich, setzte mich hin und aß eine Erdbeere. Maggie setzte sich mir gegenüber. Sie trug einen frischen Kittel, ein fest geschnürtes schwarzes Mieder und einen Rock aus roter Wolle– ihre besten Kleider. Ihre hellen Locken, frisch gewaschen, waren mit einem roten Band zusammengebunden. Das alles sah gefährlich aus.
»Peter, ich habe nachgedacht.«
Maggie dachte immer nach. Ich knabberte an einem Kuchen. Er schmeckte herrlich. »Oh?«
»Ja. Wir brauchen… Guten Morgen, Hund.«
Er war mir nach drinnen gefolgt und hockte nun in all seiner Größe da, um das Essen zu beäugen. Ich gab ihm einen Zuckerkuchen und wartete trotzig auf Maggies Widerspruch, dass Zucker zu teuer war, um ihn an ein Tier zu verschwenden. Sie sagte nichts. Stattdessen fragte sie fröhlich: »Wie wirst du ihn nennen?«
Daran hatte ich nicht gedacht, aber natürlich musste er einen Namen bekommen. Und Maggie versuchte, mir zu gefallen. Ich sagte: »Ich weiß nicht. Hast du einen Einfall?«
Sie musterte den riesigen grauen Hund. »Seine Augen sind so seltsam. Ich glaube nicht, dass ich diese Augenfarbe schon einmal bei einem Hund gesehen habe.«
Die Augen des Hundes waren mir nicht aufgefallen. Nun war ich überrascht. Sie hatten die gleiche Farbe wie die von Cecilia: ein klares, helles Grün. Aber das wäre mir doch sicher gestern schon aufgefallen? Hatten die Augen des Hundes nicht eine andere Farbe gehabt, oder waren sie weniger hell gewesen… Aber das war unmöglich. Es musste ein Unterschied im Licht sein, durch den mir nicht aufgefallen war, wie grün sie waren.
Offenbar wurde Maggie nicht an Cecilia erinnert, wofür ich dankbar war. Sie sagte: »Ich habe schon eine Katze mit einer solchen Augenfarbe gesehen, aber keinen Hund. Du könntest ihn Grüner nennen.«
Das war der dümmste Name, den ich je gehört hatte. »Nein, ich glaube nicht. Es… passt nicht zu ihm.«
»Boss?«
»Nein.«
»Rex?«
»Nein.«
»Jäger?«
»Nein.«
»Räuber?«
»Nein.«
»Sagst du das, weil dir diese Namen nicht gefallen, oder weil ich diejenige bin, die sie vorschlägt?«
Ich antwortete ihr nicht gleich. Eine seltsame Empfindung stieg in meinen Gedanken auf, als wäre ein Traum leichtfüßig durch meinen Schädel getänzelt und hätte sich dann wie Rauch in einer starken Böe aufgelöst. Ich sagte langsam: »Schatten. Sein Name ist Schatten.«
Der Hund blickte zu mir auf. Seine Augen waren klares grünes Wasser.
»Das ist ein hübscher Name«, sagte Maggie voller Wärme. »Und zufällig ist es auch ein Name, über den ich mit dir reden wollte. Ich denke, wir sollten einen Namen für das Gasthaus aussuchen.«
»Einen Namen?«
»Ja. Und ein Schild malen lassen und aufhängen.«
»Ein Schild?«
»Damit die Leute wissen, wo sie eingekehrt sind.«
Fast alle unsere Gäste waren Leute vom Ort, die genau wussten, wo sie aßen und tranken, weil es das einzige Gasthaus im Umkreis von fünf Meilen war. Auf einmal fielen mir Dinge im Schankraum auf, die ich vorher kaum beachtet hatte: ein Krug mit Gänseblümchen auf dem anderen Tisch, ein kleines Stück Webarbeit, das an einer Wand hing, ein geschnitzter hölzerner Hase auf einem breiten Fensterbrett– wo hatte Maggie das her? Und spürten alle Frauen diesen Drang, ein Nest zu bauen, etwas zu verändern, das sich vorher bestens bewährt hatte?
Sie blickte mich mit hoffnungsvollen, leuchtenden Augen an, in denen ich dennoch etwas Entschlossenes, etwas Unnachgiebiges erkannte. Aber wenn sie diese Qualitäten nicht besessen hätte, hätte sie mich auch nicht in den letzten Tagen der Herrschaft von Königin Caroline vor dem Tod retten können. Ich konnte ihr ein Schild für das Gasthaus nicht verweigern, sowenig ich den Gedanken mochte. Und warum gefiel er mir eigentlich nicht? Ich wusste es nicht.
»Das ist ein guter Einfall«, sagte ich mit so viel Begeisterung, wie ich
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