Das Leben macht Geschenke, die es als Problem verpackt
auf diese Anzeichen; das ist der erste Schritt auf dem richtigen Weg.
Wie der Bauch »denkt«
Das menschliche Gehirn als vielschichtige und komplizierte Struktur ist zweifelsohne eines der größten Abenteuer für Wissenschaftler unserer Tage. Schließlich ist unsere Steuerzentrale im Kopf im Vergleich zu unseren nächsten tierischen Verwandten von beispielloser Komplexität. Neurologen, Biologen und Psychologen widmen sich jedem Teilsystem, um der Entstehung von Fähigkeiten wie Wahrnehmen, Erinnern, Fühlen und Denken, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, aber auch Glück und Traurigkeit, Mitgefühl und Spiritualität auf die Spur zu kommen. Unter Hirnforschern besteht sogar Übereinstimmung darin, dass man mit der Entschlüsselung unseres »Kopfgehirns« (im Unterschied zum »Bauchgehirn«, das im nächsten Absatz beschrieben wird) auch den Geheimnissen des Universums einen großen Schritt näher kommt.
Spannend in diesem Zusammenhang ist die Entdeckung des Gehirns im Bauch. Denn das, was im Bauch steckt, besteht nicht nur aus unästhetischen Eingeweiden und verborgenen Verdauungsvorgängen. Tatsächlich ist der menschliche Magen-Darm-Trakt von einem eigenen Nervensystem mit etwa 100 Millionen Zellen umhüllt. Dieses sogenannte enterische Nervensystem ist ebenfalls hochkomplex und wird deshalb auch als »Bauchgehirn« bezeichnet.
»Little brain« und »big brain«
Einige Forscher sind davon überzeugt, dass es sich beim Bauchgehirn um eine Art Kopie des Kopfgehirns handelt. Die Zelltypen und Andockstellen an den Körperzellen (Rezeptoren) des Magen-Darm-Traktes sind diesen Forschungen zufolge identisch mit denen der Steuerzentrale im Kopf und kommunizieren miteinander über ihre eigenen Botenstoffe, wie die Gute-Laune- und Glückshormone Serotonin oder Dopamin. Auch besteht eine direkte Leitung über Nervenstränge zur Großhirnrinde und somit zum limbischen System. Das ist insofern bedeutsam, als in diesem Gehirnareal alle unsere Triebe und Gefühle entstehen. Außerdem scheint das Gehirn im Bauch auch sogenannte somatische Marker zu besitzen. Sie sind verantwortlich für die Entstehung von Vorgefühlen, wie zum Beispiel einem mulmigen Gefühl vor einer Prüfung oder der Vorfreude vor einem besonders schönen Ereignis. Diese Informationen sendet das Bauchhirn dann an das Großhirn, wo sie weiterverarbeitet werden. Dass der Körper früher reagiert als das Bewusstsein, kennen Sie mit Sicherheit auch aus eigener Erfahrung, wenn sich in brenzligen Situationen ein »schlechtes« Gefühl im Bauch breitmacht.
Natürlich unterscheidet sich das Kopfgehirn von dieser Bauchstimme oder diesem sechsten Sinn durch den hohen Grad seiner neuronalen Komplexität sowie seiner kognitiven Prozesse. Dazu gehören das Denken, die Verarbeitung von Emotionen und Bewusstsein, die Motorik sowie die Verarbeitung von Sinneseindrücken. Trotzdem ist unser Bauchgehirn oder auch unser »little brain«, wie es der Physiologe Emeran Mayer nennt, immer einen kleinen, bedeutenden Schritt voraus.
Das Bauchgehirn
Der Neurowissenschaftler Michael Gershon von der Columbia-Universität in New York erklärt in seinem Buch »Der kluge Bauch«, dass die zweite Kommandozentrale im Bauch oft kompetenter entscheidet als der Kopf.
Professor Emeran Mayer, Physiologe an der Universität Kalifornien, konnte nachweisen, dass nicht nur das Hirn Erfahrungen speichert, sondern auch der Bauch. Er ist überzeugt, »dass unser Bauchgehirn – unser Bauchgefühl – viele emotionale Prozesse steuert. Das berühmte gute oder schlechte Gefühl ist nicht nur Intuition, es beruht auf ganz realen Erfahrungsgrundlagen. Nicht nur das Gehirn, auch der Bauch speichert Erfahrungen, die ein Mensch im Lauf seines Lebens sammelt, und setzt diese dann im alltäglichen Leben um.«
Auch der amerikanische Psychologe Antonio R. Damasio empfiehlt, ruhig mehr auf das eigene Bauchgehirn zu hören. Wenn es grummelt, solle man seinen Kopf bitten, noch mal gut zu überlegen.
Kopfgesteuert in die falsche Richtung
Ich habe im Lauf meines Lebens viele Menschen kennengelernt, die den Kontakt zu ihrer Bauchstimme völlig verloren hatten und so langsam in eine Identität rutschten, die mit ihnen selbst gar nichts mehr zu tun hatte. Sie führten ein Leben, das sich nicht ganz schlecht, aber auch nie oder nur ganz selten wirklich gut anfühlte, nach dem Motto: »Mein Leben hat sich zwar nicht so entwickelt, wie ich es mir wünschte, aber es geht schon irgendwie.« Diese Denk- und Lebensweise
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