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Das letzte Einhorn

Das letzte Einhorn

Titel: Das letzte Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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ihren Nöten befreien oder sie diese vergessen lassen. Um ein Korn von Wahrheit herum bildet sich eine Legende, wie bei einer Perle. Selbstverständlich nichtsdestoweniger ein bemerkenswerter Vorgang!«
    Der geckenhafte, zerfledderte Dick Fancy bewegte sich als erster; außer den beiden letzten Gestalten waren alle schon in der Dunkelheit verschwunden. Er stürzte ihnen nach, verzweifelt schreiend: »Robin, Robin, Herr Robin, wartet auf mich!« Weder der Mann noch die Frau drehten sich nach ihm um, doch außer Jack Jingly und Captain Cully rannten alle Räuber zum Saum der Lichtung, stolperten, stießen einander um, zertraten das Feuer, wodurch die Lichtung sich mit tanzenden Schatten füllte. »Robin!« schrien sie, »Marian! Scariet! Little John! Kommt zurück! Bitte kommt zurück!« Schmendrick fing heimlich und hilflos zu lachen an.
    Alles übertönend, schrie Captain Cully: »Narren! Narren und Kinder! Alles Trug und Täuschung, wie alle Zauberei! Es gibt keinen Robin Hood!« Doch die Räuber, rasend über den Verlust, rannten krachend in den Wald, hinter den schimmernden Schützen her, fielen über Stämme und Baumwurzeln, stolperten in Dornenhecken, lauthals jammernd und klagend.
    Nur Molly Grue hielt kurz an und sah zurück. Ihr Gesicht glühte weißlich. »Nein, Cully, du siehst alles verkehrt!« rief sie ihm zu.
    »Du, ich, wir alle, uns gibt es gar nicht. Robin und Marian sind Wirklichkeit, und wir sind die Legende!« Dann rannte sie weiter, rief: »Wartet, wartet auf mich!« Captain Cully und Jack Jingly blieben im ungewissen Licht des blakenden Feuers zurück und hörten den Zauberer lachen.
    Schmendrick merkte kaum, dass sie ihn ansprangen und seine Arme packten, und als Captain Cully ihm die Rippen mit seinem Dolch kitzelte, zuckte er nicht einmal. »Das war eine gefährliche Unterhaltung«, zischte Cully, »und eine sehr unhöfliche, Herr Child! Du hättest gleich sagen können, dass du die Lieder nicht hören willst!« Der Dolch drang tiefer.
    In der Ferne hörte Schmendrick das Knurren Jack Jinglys: »Da ist kein Child, Cully, und auch kein fahrender Zauberer. Jetzt dämmert mir, wer das ist! Haggards Sohn, Prinz Lir, falsch wie sein Vater und sicherlich wohlgeübt in allen schwarzen Künsten. Halt ein, Hauptmann, tot nützt er uns nichts!«
    Captain Cullys Stimme sank. »Bist du sicher? Er schien so ein netter Bursche zu sein.«
    »Netter Narr, willst du sagen! Ja, Lir hat dieses Aussehen, hab’ ich sagen hören. Spielt den Unschuldigen, den kein Wässerchen trüben kann, und ist ein Teufel an Verschlagenheit. Wie er sich als dieser Child ausgegeben hat, um deine Wachsamkeit einzuschläfern – alle Achtung!«
    »Ich war auf der Hut, Jack«, protestierte Cully, »jede einzelne Sekunde. Es mag anders ausgesehen haben, aber nur, weil ich selber sehr verschlagen bin’«
    »Und wie er Robin Hood herbeigerufen hat! Nur um den Kerlen Flausen in den Kopf zu setzen und sie gegen dich aufzuhetzen! Doch wir haben ihn entlarvt, jetzt muss er bei uns bleiben, und wenn sein Vater den Roten Stier zu seiner Befreiung schickt!« Cully stockte der Atem, doch der Riese hob zum zweiten Mal an diesem Tag den widerstandslosen Zauberer empor und trug ihn zu einem mächtigen Baum. Dort fesselte er ihn mit dem Gesicht zum Stamm und den Armen ringsherum. Die ganze Zeit über kicherte Schmendrick leise vor sich hin; er machte ihnen die Arbeit leicht, indem er den Baum so innig umschlang, als sei es seine Braut.
    »So!« sagte schließlich Jack Jingly. »Du bewachst ihn heute Nacht, und ich schlafe; morgen früh schwirr ich dann ab zum alten Haggard und frag ihn, was ihm sein Knäblein wert ist. Schätze, in einem Monat werden wir uns Ritter von der Muße nennen können.«
    »Was wird aus den Männern?« fragte Cully besorgt. »Meinst du, sie kommen zurück?«
    Der Riese gähnte und drehte sich um. »Bei Tagesanbruch sind die wieder hier, traurig und triefend; du wirst eine Weile eine leichte Hand mit ihnen haben müssen. Sie kommen zurück, weil sie nicht die Kerle sind, die einen Sperling gegen eine Taube eintauschen, genauso wenig wie ich. Vielleicht wäre Robin Hood geblieben, wenn wir solche Kerle wären, Gut’ Nacht, Hauptmann.«
    Als er eingeschlafen war, hörte man nur noch die Zikaden und Schmendricks Gekicher mit dem Baum. Das Feuer brannte herunter, Cully umkreiste es gedankenvoll, seufzte beim Erlöschen jeder einzelnen Kohle. Schließlich setzte er sich auf einen Baumstumpf und sprach den gefesselten Zauberer

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