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Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition)

Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition)

Titel: Das letzte Hemd ist bunt: Die neue Freiheit in der Sterbekultur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Roth
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ein Viertel aller Deutschen ihre Grabstätte am liebsten ohne behördliche Einschränkungen selbst gestalten möchte; jeder Fünfte würde es vorziehen, auf seinem Privatgrundstück ein Grab anzulegen; ebenso viele wünschen sich, die Asche der Verstorbenen aus dem Krematorium mit nach Hause nehmen zu können. Für Begriffe wie »Totenruhe«, »Totenwürde« oder »sittliches Empfinden der Bevölkerung« gibt es immer weniger substanziellen Konsens.

Individuelle Freiheit und ihre Grenzen
    Die sogenannten 68er und die ihnen folgenden Bewegungen haben den Wertekanon in den westlichen Gesellschafen verändert. Sie haben mehr individuelle Freiheit für alle erreicht: von der sexuellen Revolution über die Gleichberechtigung der Geschlechter bis zur Informalisierung von Kleidungskonventionen und Hochzeitsritualen. Sie haben soziale Kontrolle durch Nachbarschaft, Gemeinde, Familie oder Vorgesetzte zurückgedrängt. Sie haben Autoritäten und Institutionen in Frage gestellt und verändert.
    Die Sterbe- und Trauerkulturen pluralisieren sich – und die Frage nach den Grenzen der Freiheit provoziert Konflikte.
    Viele sehen die Einzigartigkeit des Todes heute auch als individuelle Gestaltungsaufgabe. Erste Ansätze für neue, individualisierte Formen im Umgang mit dem Tod machen sich in alternativen Bestattungsformen bemerkbar: Asche wird zu Diamanten gepresst (im Ausland!), in die Lüfte oder ins Meer gestreut, an einem Baum vergraben oder in einer Urne zu Hause aufbewahrt. Noch vor zehn Jahren gab es in Deutschland kaum Flächen, die der Naturbestattung gewidmet waren. Die Idee stammt aus der Schweiz, und vor wenigen Jahren wurde nach langen Verhandlungen auch in Deutschland der erste Bestattungswald, dessen Betrieb durch eine Friedhofssatzung geregelt ist, eröffnet.
    Für manche ist eine solche Form der Bestattung auch eine praktische Frage: Wenn man nicht weiß, wohin es die eigenen Kinder nach der Ausbildung ziehen wird, stellt sich die Frage, wer die Grabstätten pflegen soll. Inzwischen verfügt das Unternehmen Friedwald über mehr als 30 Standorte, weitere Betreiber sind hinzugekommen. Auch viele Kommunen bemühen sich, kleine Waldgebietet für Bestattungen zu öffnen. Nach wie vor handelt es sich um eine Nische: Rund 4 000 Menschen wurden 2009 in Friedwäldern bestattet – in ganz Deutschland starben im gleichen Jahr rund 840 000 Menschen.
    Mit den »Gärten der Bestattung« am Stadtrand von Bergisch Gladbach, dem bundesweit ersten und bisher einzigen Friedhof auf privatem Grund, schloss ich vor einigen Jahren eine immer wieder schmerzhaft empfundene Lücke. Bis dahin gab es keine Möglichkeit, Grab und Begräbnis frei von behördlich verordneten Regeln, ganz nach den persönlichen Bedürfnissen, zu gestalten. Eine Gesetzesänderung in Nordrhein-Westfalen machte dies möglich. In den »Gärten der Bestattung« können Begräbnis und Grabstätte nach privaten und persönlichen Vorstellungen gestaltet werden – zu jeder Zeit. Es gibt kein Eingangstor und keine Öffnungszeiten. Wer hierherkommt, wird so wenig Restriktionen wie möglich vorfinden, dafür aber ein Maximum an Möglichkeiten.
    Das Verhältnis zwischen »neuen« und alten Formen der Bestattung zeigt, dass wir noch am Anfang dieser Entwicklung stehen. Noch sind viele Widerstände zu überwinden, und vielen fehlt – gerade in der kurzen Zeit, die in der Regel zwischen Tod und Bestattung gegeben ist – der Mut, sich über vorgebliche Zwänge und Konventionen hinwegzusetzen. Weil wir uns nicht frühzeitig darauf vorbereiten, uns keine Gedanken darüber machen, greifen wir eben doch zu den überkommenen Ritualen.

Krisen in Perspektiven wandeln
    Wenn der Tod uns begegnet, sind wir mit so starken Gefühlen konfrontiert, dass wir unsere Handlungsspielräume kaum wahrnehmen können. Daher ist es auch Aufgabe derjenigen, die professionell mit Tod und Sterben befasst sind, den Betroffenen diese Handlungsspielräume zu zeigen und ihnen Mut zu machen, sie zu nutzen. Auch der Bestattermarkt ist im Umbruch. Das Aufgabenspektrum des Bestatters erweitert sich seit Jahren und umfasst nicht mehr nur die »handwerkliche« Seite, sondern beispielsweise auch das Angebot von Versicherungen oder die Vermittlung von Nachsorge-Gesprächsgruppen. Noch immer aber gibt es viel zu wenig Angebote, die den Betroffenen helfen, aus der Krise heraus selbstständig Perspektiven zu entwickeln.
    Traditionell überlieferte und dadurch selbstverständliche Umgehensweisen mit einem toten

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