Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
einfach nicht in Ordnung.
»Billy T.«, sagte Klaus Veierød und beugte sich über den Tisch. »Kannst du uns nicht verraten, wo die Frau sich herumgetrieben hat? Du kennst sie doch so gut, Mann!«
Wieder schaute der Hauptkommissar auf die Uhr. Dann starrte er zerstreut in sein Glas. Es war noch zur Hälfte mit schalem Bier gefüllt.
»Wißt ihr«, sagte Silje Sørensen und ließ sich auf den Schoß des einen Polizeianwärters sinken. »Ich glaube, wir können die ganze Ermittlung bald einstellen. Ich glaube, daß Brede Ziegler Selbstmord begangen hat.«
Verlegenes Schweigen machte sich breit an dem Tisch, an dem jetzt acht Personen auf sechs Stühlen saßen.
»Sieh an«, murmelte Severin.
»Klar doch«, sagte Karl Sommarøy und nuckelte an seiner Pfeife.
»Aber überlegt doch mal«, beharrte Silje. »Der war vollgestopft mit …«
»Also wirklich«, fiel der Anwärter ihr ins Wort. »Du willst doch nicht im Ernst behaupten, daß jemand Selbstmord begeht, in dem er sich auf der Treppe zur Wache ein Messer ins Herz rammt, oder?«
Silje schwenkte die rechte Hand. Der Diamantring glitzerte im trüben Licht.
»Aber was haben wir denn? Das Messer hat Ziegler selbst gekauft. Hast du das nicht heute vormittag in Erfahrung gebracht, Karl?«
Karl Sommarøy nickte und versuchte seine Pfeife wieder anzustecken.
»Also«, fuhr Silje fort und holte tief Luft. »Brede hat zwei Tage vor seinem Tod genauso eine Waffe gekauft. Der Verkäufer hat ihn erkannt, weil er schon wochenlang kein Messer dieser Marke mehr verkauft hatte.«
»Wir wissen aber nicht, ob es tatsächlich das Messer war«, wandte Severin ein. »Die Dinger sind zwar lebensgefährlich, aber doch nicht numeriert oder so.«
»Hal-lo!«
Silje verdrehte die Augen.
»Es ist aber ziemlich wahrscheinlich.«
»Und dann hat der Typ seine Fingerabdrücke abgewischt«, sagte Severin in sein Bierglas. »Als er schon tot war, sozusagen …«
»Wenn ihr bloß nicht die ganze Zeit rauchen würdet!«
Silje durchwühlte ihre Handtasche nach einem Taschentuch; eine einsame Träne löste sich aus ihrem linken Auge. Sie schien wirklich unter dem Rauch zu leiden. Der junge Polizeianwärter, der sie offenbar gern auf dem Schoß hatte, brüllte, jemand solle das Fenster öffnen. Niemand reagierte.
»Bredes Fingerabdrücke waren auf jeden Fall auf der Klinge«, sagte Silje Sørensen jetzt. »Daß er sie irgendwann abgewischt hat, steht also fest. Er kann an dem Abend Handschuhe getragen haben, er …«
»… hatte keine.«
Severin bestellte mehr Bier.
»Na gut«, sagte Silje. »Aber … es ist doch seltsam, daß der Mann sich mit Paracetamol vollgestopft hatte, oder? Ich meine, der Gerichtsmedizin zufolge hatte er um die fünfzehn Gramm intus. Und soviel nehmen nur Selbstmordkandidaten. Ich gehe davon aus, daß er sterben wollte und dann so benebelt war, daß er sich selbst das Messer in den Leib gerammt hat. Aus Versehen vielleicht. Oder um sicherzugehen, daß er sterben würde. Wer weiß?«
Karl fuhr sich über sein fast nicht vorhandenes Kinn. Die gesamte untere Gesichtshälfte schien hinter seinem Daumen zu verschwinden.
»Sie hat ja nicht unrecht … Brede Zieglers Leber steuerte voll auf den Kollaps zu, und er muß schon stundenlang Schmerzen gehabt haben, vielleicht seit mehr als einem Tag. Seltsam, daß er nicht zum Arzt gegangen ist.«
»Das wissen wir noch nicht.«
Das war das erste, was Billy T. an diesem Abend sagte. Darauf erhob er sich und verschwand in Richtung Toilette.
»Der Mann, der zweimal sterben mußte«, murmelte Klaus Vereirød. »Ist das nicht ein Film? Mit diesem Australier, der in den ›Dornenvögeln‹ mitgespielt hat, zusammen mit dieser Schönen, die … und dann mit diesem riesigen breiten Ami, der immer Detektive spielt? Oder Schurken. Der …«
»Brian Dennehy«, sagte Severin Heger und machte Anstalten zu gehen. »Mir scheint, ihr habt hier allesamt den Verstand verloren. Verdammt, ich …«
»Momentchen noch«, sagte Karl versöhnlich und zog ihn wieder auf den Stuhl. »Immerhin weist alles darauf hin, daß Ziegler freiwillig in der Gegend war. Sein Wagen wurde in der Nähe gefunden. In der Sverres gate, sorgfältig eingeparkt und ohne irgendwelche Anzeichen von Diebstahl.«
Karianne Holbeck bereute Frisur und Kleid nicht länger. Alle wollten mit ihr anstoßen. Mehrere Male hatte ihr jemand im Vorbeigehen behutsam den Nacken gestreichelt. Irgendwer versuchte unter dem Tisch mit ihr zu füßeln. Sie wagte nicht
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