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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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nach wäre er sonst an der Vergiftung eingegangen. Falls er nicht ins Krankenhaus gebracht worden wäre. Rechtzeitig.«
    »O verdammt.«
    »Das kannst du wohl sagen.«
    »Wir sehen uns morgen früh.«
    »Gut. Ich hoffe, ich hab dir nicht die Nacht ruiniert.«
    »Ruinierte Nächte sind meine Spezialität«, murmelte Billy T. und ließ den Hörer auf den Boden fallen.
    Als die Wagen draußen abgeschleppt worden waren und Jenny endlich wieder schlief, war es am Donnerstag, dem 9. Dezember, bereits fünf Uhr vorbei. Billy T. legte das Kind ins Bett und ging ins Badezimmer. Er ließ Wasser in die Wanne laufen und beschloß, gleich nach dem Bad zur Arbeit zu gehen. Wieso auch nicht? Wenn er jetzt einschliefe, würde er nie mehr auf die Beine kommen. Während das Wasser einlief, drückte er die neun verbliebenen Paracet aus der Folie und ließ sie in die Toilette fallen. Sie verschwanden in einem Wirbel aus blauem Wasser.
    Seine Zahnschmerzen hatten sich immerhin gelegt.

14
    Zu den vielen Dingen, die Vilde Veierland Ziegler der Polizei verschwiegen hatte, gehörte, daß sie sich meistens in Sinsen aufhielt. Sie hatte eine Anderthalbzimmerwohnung im Silovei. Das halbe Zimmer war im Grunde nur ein Loch in der Wand, das Platz für ein breites Einzelbett bot. Zur Wohnung gehörte eine Toilette, die Dusche jedoch befand sich auf dem Flur und mußte mit zwei Nachbarn geteilt werden.
    Er brauche bisweilen Ruhe, hatte Brede gesagt. Er sei ja immerhin Künstler. Anfangs hatte sie das überzeugt; er bat sie nur höflich ab und zu um ein wenig Ruhe, einmal alle zwei Wochen oder so. Immer nur für zwei Tage. Dann war es mehr geworden. Und dann war ihr irgendwann aufgefallen, daß sie während der letzten Monate wie nebenbei fast alle ihre Kleider und ihre persönliche Habseligkeiten in die kleine Wohnung geschafft hatte. Denn hier wohnte sie. Sie hatte zwar noch den Schlüssel zur Niels Juels gate, aber sie hatte schon seit Wochen nicht mehr dort übernachtet.
    Vilde hatte keine Ahnung, wem die Wohnung gehörte, in der sie hier hauste. Brede hatte sich um alles gekümmert. Ihr war es egal gewesen, und er hatte für alles gesorgt. Jetzt wußte sie nicht weiter. Sie saß im Bett, hatte die Knie unters Kinn gezogen und wußte nicht einmal, wem ihre Wohnung gehörte. Die Polizei würde sie bestimmt ausfindig machen. Vielleicht sollte sie sofort in die Niels Juels gate übersiedeln. Mit diesem Gedanken hatte sie schon gespielt, als sie aus der Wache gekommen war, aber irgend etwas ließ sie davor zurückschrecken. Die Niels Juels gate kam ihr eher vor wie ein Ausstellungsraum. Brede hatte eine hysterische Angst davor gehabt, daß sie etwas an der Einrichtung verändern könnte. Sie dagegen hatte das Gefühl gehabt, daß sogar ihre Kleider das störten, was Brede als »ganzheitlichen ästhetischen Ausdruck« bezeichnete.
    Vilde fühlte sich in Sinsen einfach wohler.
    Wenn sie die Niels Juels gate geerbt hatte, dann würde sie diese riesige Wohnung verkaufen. Und sich ein kleines Haus zulegen, ein Reihenhaus vielleicht, in Asker oder Bærum, mit einem kleinen Garten, und dann würde sie immer noch Geld übrig haben. Und studieren. Und ein bißchen verreisen. Oder sogar ziemlich viel, wenn sie genauer darüber nachdachte. Reisen war schließlich die beste Methode, um Sprachen zu lernen.
    Vilde brach in Tränen aus, umklammerte ihre Knie und wiegte sich hin und her. Brede war tot. Diese Polizistin war schon in Ordnung gewesen, hatte sie aber offenbar voll durchschaut. Sie hatte gesehen, was Vilde im Hals steckengeblieben war und sie hatte lügen lassen. Sie hatten drei Pausen eingelegt, und jedesmal waren Vilde Kaffee und Brötchen angeboten worden. Aber sie hatte nicht einen Bissen hinuntergebracht.
    Als die Türklingel ging, knallten ihre Knie gegen ihr Kinn. Sie biß sich in die Wange und schmeckte Blut. Der digitale Wecker teilte mit, daß der Donnerstag noch kaum begonnen hatte; es war zwanzig vor sechs. Sie blieb einfach still sitzen. Sicher hatte irgendwer sich in der Klingel geirrt, das kam häufiger vor. Wieder wurde geschellt.
    Sie wollte nicht aufmachen.
    Wenn sie ganz still sitzen blieb und so tat, als sei sie nicht zu Hause, dann würde der Störenfried vielleicht verschwinden.
    Da drückte jemand endlos auf den Klingelknopf und wollte nicht aufgeben. Lange schrillte der Ton durch die Wohnung, lange. Vilde kniff die Augen zu und preßte die Hände auf die Ohren.
    Nach zwei Minuten konnte sie aufstehen und ans Fenster gehen.

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