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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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ist mein Vater gestorben. (undeutlich) … ich bekam eine Woche Urlaub, und alle wollten sich um mich kümmern, als ich dann zurückkam. Vor allem Brede. Plötzlich hat er mich als begabt bezeichnet (verzerrte, unnatürliche Stimme). Erst ziemlich viel später hab ich kapiert, was Sache war.
    PROTOKOLLANT:
    Was Sache war? War er …
    ZEUGE (UNTERBRICHT):
    (kurzes Lachen): Nein, nein. Er hat mich nicht begrabscht. Mich nicht. Jungs überhaupt nicht, soviel ich weiß. Er hat Geld begrabscht. Mein Geld. (Pause)
    PROTOKOLLANT:
    Sie hatten Geld? Mit … achtzehn?
    ZEUGE:
    Neunzehn. Mein Vater starb, und ich wurde reich. Ich war fünf, als meine Mutter starb, und ich habe keine Geschwister. Mein Vater hatte drei Monate vor seinem Tod zwei große Lebensmittelgeschäfte und ein Bekleidungsgeschäft in Lillehammer verkauft. Er war erst sechzig und hatte zwölf Millionen. Hatte sein Leben lang gespart und sich abgeschuftet. (Pause) Wollte sich einen schönen Lebensabend machen. Und mir noch etwas hinterlassen, wie er immer sagte. Aber da hatte er sich schon zu Tode geschuftet (sehr lange Pause).
    PROTOKOLLANT:
    Und dann … (Pause).
    ZEUGE:
    Brede hatte irgendwoher von diesem Geld erfahren. Aber natürlich wurde geklatscht, also war das eigentlich kein Wunder. Mehrere von den Kollegen hatten gewußt, daß mein Vater Geld hatte. So lud Brede mich eines Tages zum Essen ein. Das fand ich natürlich supertoll. Kam mir … Klasse vor, irgendwie. Er redete und spendierte. Dann (undeutliche Rede, Gähnen?) … ein Projekt in Italien. Mailand. Zusammen mit den großen Jungs, sozusagen. Er wollte selber zwanzig Mille investieren, meinte er. Wenn ich wollte, könnte ich mitmachen. Es war angeblich todsicher. Ich war jung und blöd und … (Pause, danach ein Knall, Handfläche auf Tisch?) Mehr gibt es dazu übrigens nicht zu sagen. Nur daß Brede vier Monate später zurückkam und das Geld verloren war. Alles. Es tue ihm schrecklich leid, sagte er, aber so sei nun mal das Leben. Dann lächelte er. Er hatte ein ganz besonderes Lächeln, das andere … ich weiß nicht so richtig. Man fühlte sich unterlegen. Das schlimmste ist, daß ich nie einen Beweis dafür gesehen habe, daß er selbst wirklich zwanzig Mille investiert hatte. Er hat es zwar behauptet, aber ich … ich hätte mir einen Anwalt nehmen sollen. Um ihm die Hölle heiß zu machen. Ich war so verdammt … verzweifelt. Total unten (lange Pause).
    PROTOKOLLANT:
    Jetzt verstehe ich langsam, warum Sie für diesen Mann nicht gerade schwärmen. Haben Sie jemals …
    ZEUGE:
    Und er hat mir die Freundin ausgespannt. Aber das wissen Sie sicher.
    PROTOKOLLANT:
    Nein, ich …
    ZEUGE (UNTERBRICHT):
    Dann werden Sie es noch hören. Um es mal so zu sagen: allein in Norwegen gibt es bestimmt mindestens hundert Menschen, die Brede umgebracht haben könnten. Aber es gibt sicher nicht viele, die bessere Gründe gehabt hätten als ich. Er hat mir mein Geld gestohlen, und er hat sich meine Frau unter den Nagel gerissen – wir wollten bald heiraten. Außerdem bin ich ziemlich sicher, daß er mir danach Schwierigkeiten gemacht hat, sobald ich einen neuen Job suchte. Er … kann ich noch eine Tasse haben? Mit Kaffee, meine ich?
    PROTOKOLLANT:
    Natürlich. Hier. Nehmen Sie meine. Ich habe sie noch nicht angerührt.
    ZEUGE:
    Danke.
    PROTOKOLLANT:
    Was würden Sie sagen … wenn Sie … würden Sie sagen, daß Sie Brede Ziegler gehaßt haben?
    ZEUGE:
    (lacht) Meine Gefühle spielen ja wohl keine Rolle. Es geht darum, daß Brede ein Schmarotzer und ein Scharlatan …
    PROTOKOLLANT:
    Scharlatan.
    ZEUGE:
    Whatever. Wie gesagt: er war ein Arsch.
    PROTOKOLLANT:
    Sie scheinen jedenfalls ehrlich zu sein. Viele trauen sich nicht zuzugeben, daß sie ein Mordopfer nicht leiden mochten, solange …
    ZEUGE:
    Solange der Mörder nicht gefunden ist? Kann ich gut verstehen. Aber ich habe schließlich ein Alibi (lautes Lachen). Hieb- und stichfest, das sag ich Ihnen. Brede wurde Sonntag nacht ermordet, so steht’s in den Zeitungen. Ich war an dem Abend von acht Uhr an im Funkhaus. Wir haben eine Fernsehsendung aufgenommen, die am nächsten Freitag ausgestrahlt wird. So eine Art Kochshow. Ich mußte – mit einem Kumpel – um acht dasein, wurde um neun geschminkt, die Aufnahmen begannen um Viertel vor zehn, und um halb zwölf waren wir fertig. Da wir … wir waren sechs Köche in zwei Mannschaften, wissen Sie … Jedenfalls hatten wir Unmengen gekocht, und deshalb haben wir danach eine Art Fest veranstaltet.

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