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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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hatte sich in ihrer Wohnung eingeschlossen. Vage hatte sie registriert, daß alle sie in Ruhe ließen. Niemand klingelte. Niemand steckte den Schlüssel ins Schloß. Das Telefon blieb stumm. Im Briefkasten lagen nur Reklame und Rechnungen. Und später eine Mitteilung einer Versicherungsgesellschaft. Hanne hatte nichts von der Lebensversicherung gewußt, die Cecilie viele Jahre zuvor zu ihren Gunsten abgeschlossen hatte. Sie rief bei der Versicherung an, ließ das Geld auf ein hochverzinstes Konto überweisen, schrieb dem Polizeidirektor und bat, für den Rest des Jahres beurlaubt zu werden. Sollte das nicht möglich sein, fügte sie hinzu, sei ihr Brief als Kündigung zu betrachten.
    Sie hatte die Antwort nicht abgewartet, sondern ihren Rucksack gepackt und sich in den Zug nach Kopenhagen gesetzt. Strenggenommen war ihr nicht klar, ob sie noch einen Arbeitsplatz hatte, aber das interessierte sie auch nicht, in diesem Moment nicht. Sie wußte nicht, wo sie hinwollte oder wie lange sie unterwegs sein würde. Nachdem sie zwei Wochen ziellos durch Europa gefahren war, hatte sie die Villa Monasteria gefunden, ein heruntergekommenes Klosterhotel in den Bergen nördlich von Verona. Was die Nonnen ihr anbieten konnten, waren Stille und selbstgemachter Wein. Sie war an einem späten Juliabend angekommen und hatte am nächsten Morgen weiterreisen wollen.
    Im Teich gab es auch Krabben. Sehr kleine zwar, aber einwandfrei Krabben; durchsichtig und ruckhaft flohen sie vor den trägen Karpfen. Hanne Wilhelmsen hatte noch nie von Süßwasserkrabben gehört. Sie schniefte, wischte sich mit dem Jackenärmel die Nase und folgte il direttore mit den Augen durch die Allee. Eine Gruppe von Frauen in grauer Tracht stand unter einer Pappel und starrte zu ihr herüber. Trotz der Entfernung konnte sie die Blicke förmlich spüren, scharf wie Messer in der vom Tau feuchten Luft. Als der Wagen des Direktors auf der Hauptstraße verschwand, fuhren die Nonnen herum und liefen in die Villa Monasteria, ohne sich noch einmal umzusehen. Hanne erhob sich von der Mauer. Ihr war kalt, aber sie fühlte sich ausgeruht. Ein großer Rabe zog unter der Wolkendecke seine ovalen Runden und ließ sie erschauern.
    Es war Zeit, nach Hause zu fahren.

3
    Der Verlag gehörte zu den drei größten des Landes. Trotzdem befand sich der unscheinbare Eingang eingeklemmt in einer Seitenstraße des ungastlichsten Viertels der Stadt. Die Büros waren klein und sahen alle gleich aus. An den Wänden hing keine Verlagssaga, es gab weder dunkle Möbel noch edle Teppiche. An den Glaswänden, die die Bürozellen von den ewig langen Fluren abteilten, hingen Zeitungsausschnitte und Plakate; sie zeugten von einem Gedächtnis, das nur wenige Jahre zurückreichte.
    Der Konferenzraum der Belletristikabteilung lag im zweiten Stock und hatte Ähnlichkeit mit dem Pausenzimmer eines Sozialamtes. Der helle Furniertisch war von schlichtestem Bürostandard, die Sessel mit ihren orangefarbenen Bezügen gehörten in die siebziger Jahre. Es war der älteste Verlag Norwegens, gegründet 1829. Das Haus hatte eine Geschichte. Eine gewichtige literarische Geschichte. Dennoch sahen die meisten der Bücher in den billigen IKEA–Regalen wie Kioskromane aus. Eine zufällige Auswahl an Herbstnovitäten drohte jederzeit umzukippen und auf den hellgelben Linoleumboden zu klatschen.
    Idun Franck starrte mit leerem Blick Ambjørnsens viertes Elling-Buch an. Jemand hatte es auf den Kopf gestellt, und der Umschlag war zerrissen.
    »Idun?«
    Der Verlagsleiter hob die Stimme. Die fünf anderen wandten ihre ausdruckslosen Gesichter Idun Franck zu.
    »Verzeihung …« Sie blätterte ziellos in den Papieren, die vor ihr lagen, und machte sich an einem Kugelschreiber zu schaffen. »Die Frage ist strenggenommen wohl weniger, wieviel dieses Projekt uns schon gekostet hat, sondern vielmehr, ob das Buch überhaupt erscheinen kann. Das wäre eine ethische Entscheidung, abhängig von … Können wir ein Kochbuch herausgeben, wenn der Koch soeben mit einem Schlachtermesser erstochen worden ist?«
    Die anderen schienen nicht so recht zu wissen, ob Idun Franck einen Witz machte. Einer kicherte kurz. Verstummte aber sofort wieder und starrte errötend die Tischplatte an.
    »Wir wissen ja nicht, ob es sich um ein Schlachtermesser handelt«, fügte Idun Franck hinzu. »Aber daß er erstochen worden ist, stimmt offenbar. So steht’s in den Zeitungen. Auf jeden Fall könnte es als ziemlich geschmacklos aufgefaßt werden, kurz

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