Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)
jetzt achtzehn Stunden zurück. Billy T. war nach Hause gegangen, ohne sich mehr über den Toten erzählen zu lassen, hatte geduscht und neun Stunden geschlafen und war am Montag morgen eine Stunde zu spät zum Dienst erschienen in der vergeblichen Hoffnung, daß der Fall auf dem Schreibtisch eines anderen Hauptkommissars gelandet sein möge.
»Zwei Seelen, ein Gedanke.«
Billy T. fuhr hoch und versuchte, ein Stück Spargel herunterzuschlucken, das nie im Leben mit kochendem Wasser in Berührung gekommen war. Severin Heger zeigte auf den Stuhl neben Billy T. und hob die Augenbrauen. Ohne die Antwort abzuwarten, ließ er sich schließlich auf den Stuhl sinken und starrte skeptisch den Teller an.
»Was ist denn das da?«
»Setz dich auf die andere Seite«, fauchte Billy T.
»Warum denn? Hier sitz ich doch gut.«
»Verdammt, hau schon ab. Wir sehen doch aus wie …«
»Ein Liebespaar. Seit wann so schwulenfeindlich, Billy T.? Jetzt reg dich mal ab.«
»Rüber mit dir!«
Severin Heger lachte und hob langsam den Hintern vom Sitz. Dann zögerte er einen Moment und setzte sich wieder. Billy T. fuchtelte mit der Gabel herum und verschluckte sich.
»Sollte nur ein Witz sein«, sagte Severin Heger und erhob sich erneut.
»Was machst du überhaupt hier?« fragte Billy T., als sein Hals wieder frei war und Severin sicher auf der anderen Seite des Tisches saß.
»Dasselbe wie du, nehme ich an. Ich dachte, es könnte ja nicht schaden, sich einen Eindruck von diesem Laden zu verschaffen. Karianne hat heute einen Haufen Angestellte vernommen …« Er zeigte vage mit dem Daumen über seine Schulter, als stünden die Leute hinter ihm Spalier. »… aber wir müssen das Lokal doch sehen. Die Stimmung in uns aufnehmen, sozusagen. Was ißt du da eigentlich?«
Das Gericht hatte sich in eine amorphe braungrüne Masse verwandelt.
«Entenleber. Was meinst du?«
»Bäh!«
»Ich rede nicht vom Essen. Sondern von dem Laden!«
Severin Heger schaute sich in aller Eile um. Die vielen Jahre beim Polizeilichen Überwachungsdienst, POT, hatten ihn gelehrt, sich umzusehen, ohne daß andere es bemerkten. Er hielt den Kopf still und kniff die Augen halb zu. Nur ein kaum wahrnehmbares Vibrieren der Wimpern verriet die Bewegung der Augäpfel.
»Komischer Laden. Aufgemotzt. Hip. Trendy und fast altmodisch mondän zugleich. Nicht my cup of tea. Ich mußte mit dem Dienstausweis wedeln, um überhaupt eingelassen zu werden. Angeblich gibt es für die Wochenenden Wartezeiten von mehreren Wochen.«
»Also echt. Das ist doch ein Saufraß.«
»Du sollst es auch nicht zu einem Brei zusammenmatschen.«
Billy T. schob seinen Teller zurück und schüttete aus einem riesigen Glas einen Rest Weißwein in sich hinein.
»Was meinst du?« murmelte er. »Wer kann ein Interesse daran gehabt haben, diesen Brede Ziegler umzubringen?«
»Ha! Da gibt es jede Menge Kandidaten. Sieh dir den Mann doch an. Er ist … Brede Ziegler war siebenundvierzig. Zum einen hatte er ein seltsames Lieblingshobby: Er hat sich mit allen und absolut jedem in der norwegischen Kochszene angelegt. Zum anderen hatte er bei allen seinen Unternehmungen großen Erfolg.«
»Wissen wir das eigentlich so genau?«
»Und zwar ökonomisch und fachlich. Dieser Laden hier …«
Jetzt schauten sich beide ganz unverhohlen um.
Das Restaurant repräsentierte das Schwingen des Modependels wieder weg vom funktionellen Minimalismus, der die Branche in den vergangenen Jahren geprägt hatte. Die überaus langen weißen Tischdecken fegten über den Boden. Die Kerzenhalter waren aus Silber. Die Tische standen asymmetrisch im Lokal verteilt, einige zehn bis fünfzehn Zentimeter höher als die anderen auf kleinen Podien. Vom ersten Stock her wogte eine Treppe nach unten, die ein Requisit aus einem Fitzgerald-Roman hätte darstellen können. Der Innenarchitekt hatte erkannt, daß nichts diese Kaskade aus abgenutztem Edelholz blockieren durfte, und deshalb einen breiten Korridor zum Eingangsbereich freigelassen. Von der Decke hingen vier unterschiedlich große Kronleuchter. Billy T. brütete über einem Lichtreflex in allen Regenbogenfarben, der vor ihm auf der Tischdecke zitterte.
»… war vom ersten Tag an ein Erfolg. Das Essen, die Einrichtung, die Gäste … hast du das nicht in der Zeitung gelesen?«
»Die Frau«, sagte Billy T. müde. »Hat schon jemand mit der Frau gesprochen?«
»Mineralwasser, bitte. Mit viel Kohlensäure. Ohne Eis.« Severin Heger nickte einem Kellner zu.
»Die ist
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