Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
Vom Netzwerk:
Hanne zwang, ihr Gesicht hinter der Teetasse zu verbergen und die Augen zu schließen.
    »Du hast dich zu lange beschützt. Du hast dich mit Schuld geschmückt. Du hast dich darin eingehüllt wie in … einen schwarzen Umhang. Um dir die Menschen vom Leibe zu halten.«
    »Cecilie hat sich nicht von mir ferngehalten.»
    Inger lächelte und wandte sich wieder ab. Ihr Spiegelbild in dem dunklen Glas ließ sie größer aussehen.
    »Cecilie war ja auch etwas ganz Besonderes.«
    Ihr Lachen klang hell, und sie lachte lange, als habe sie einen feinen Witz gemacht; als könne Cecilie jederzeit hereinkommen, jeden Moment; es kostete Hanne große Anstrengung, sich nicht zur Tür umzudrehen, in der jetzt vielleicht Cecilie stand.
    »Es ist einfach lächerlich, daß du im Hotel wohnst.« Inger Vibes Ton war energisch geworden. Sie strich ihren Rock glatt und schaute sich noch einmal die Kette an. »Du hast eine hervorragende Wohnung. Sollen wir dir beim Aufräumen helfen?«
    »Nein!«
    Die Antwort war zu schnell gekommen. Vielleicht wollte Inger dabeisein. Es war vielleicht wichtig für sie, die Hinterlassenschaft ihrer Tochter zu ordnen.
    »Cecilie soll nicht weggeräumt werden«, erklärte Hanne zögernd. »Sie soll dasein. Ich muß nur …«
    »Was für ein Unsinn. Natürlich muß aufgeräumt werden. Sie hat Kleider und andere Dinge, die aus dem Haus müssen. Wie wäre es mit der Heilsarmee?«
    »Später. Vielleicht. Erst muß ich …«
    »Soll ich denn dabeisein?« Arne fuhr noch immer mit dem Daumen über ihre Handfläche.
    »Ich muß los.«
    Sie stemmte sich aus dem tiefen Sessel hoch. Ihre Beine waren eingeschlafen, und sie wäre um ein Haar gestürzt. Arne fing sie auf.
    »Das geht schon«, murmelte sie. »Jetzt geht es.«
    »Nur eins noch«, sagte Inger.
    Hanne hatte die Haustür geöffnet und fröstelte im eiskalten Wind.
    »Nimm, was das Leben dir geben kann. Wir leben nicht sehr lange, Hanne. Wir können es uns nicht leisten, die wichtigen Dinge zu verschwenden.«
    Hanne zuckte mit den Schultern und schloß die Tür hinter sich, ohne die beiden umarmt zu haben, nicht einmal einen Händedruck hatte sie ihnen anbieten können. Als sie bei ihrem Auto war, drehte sie sich um. Noch immer brannten hinter allen Fenstern die Lampen, mit der einen Ausnahme, dem Mansardenzimmer.
    Inzwischen war es Dienstag geworden, der 14. Dezember 1999.

31
    Der Lastzug versperrte ihr nahezu jegliche Sicht. Unbeladen schepperte er von der Tollbugate zur Prinsens gate, und Hanne Wilhelmsen fuhr hinterher. Aus alter Gewohnheit wollte sie die Autonummer aufschreiben. Sie schaute zum Armaturenbrett. Dem Mietwagen fehlte ein leicht zugänglicher Notizblock. Und der Lkw-Fahrer tat ja nichts Verbotenes, auch wenn er nun schon zum dritten Mal durch dieselben Straßen fuhr. Er hätte längst unten am Hafen parken müssen, um sich seinen vorgeschriebenen Schlaf zu holen. Doch er versperrte den Weg und ließ sich Zeit beim Betrachten der spärlichen Auswahl am Straßenrand.
    Jedesmal, wenn der Lkw bremste, warf auch Hanne einen Blick auf die Silhouetten, die sich gegen das gelbe Laternenlicht abzeichneten. Die Mädels, die sie bisher gesehen hatten, waren zu jung, die meisten noch pure Kinder. Sie fuhr an den Straßenrand und hielt an. Der scheppernde Lastzug verursachte ihr Kopfschmerzen. Sie kurbelte das Fenster herunter und nahm sich eine Zigarette.
    Sie hätte sie schon viel früher besuchen müssen. Nicht einmal nach der Beerdigung hatte sie sich erkundigt. Und noch immer wußte sie nicht, wo Cecilies Grabstein stand.
    Sie schaute auf die Uhr. Viertel nach eins.
    »Girl’s night?«
    Hanne fuhr zusammen und starrte in ein Gesicht, das schmaler war, als die rauhe Stimme vermuten ließ. Der Mensch, der fast den ganzen Kopf in den Wagen steckte, hatte Probleme mit seiner Perücke. Sie glitt ihm gerade über die Augen.
    »Looking for company?«
    Die Aussprache ließ zu wünschen übrig. Das Lächeln entblößte ein erst kürzlich erworbenes oder wohl eher gestohlenes Gebiß. Es saß nicht gut. Die Wörter kamen ein wenig zernuschelt heraus.
    »Sprichst du auch norwegisch?« fragte Hanne und wandte sich ab, um der Wolke aus Mundgeruch und einer reichhaltigen Auswahl an billigem Parfüm auszuweichen.
    »Ich kann alle Sprachen.«
    Unter der Grundierung bemerkte Hanne eine leise Andeutung von Bartstoppeln. Sie schüttelte den Kopf und fischte einen Hunderter aus der Jackentasche. »Hier. Kein Interesse. Nicht an dir.«
    Sie ließ den Motor an. Der

Weitere Kostenlose Bücher