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Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Das letzte Mahl: Roman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt , Berit Reiss-Andersen
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Kriegsende geboren. Ihre Säuglingszeit ist jugendamtlich sicher nicht ganz korrekt verlaufen. (lacht)
    ZEUGIN:
    Kommt das auch ins Protokoll?
    PROTOKOLLANTIN:
    Alles kommt ins Protokoll, Großes, Kleines, Wichtiges und Unwichtiges. Deswegen benutzen wir ja ein Tondbandgerät. Damit wir später noch feststellen können, was gesagt worden ist, und nicht nur das lesen, was die Polizei selbst im Protokoll zu sehen wünscht. (Pause) Bisher habe ich also dokumentiert, daß ich versuche, mit einer Zeugin ein wenig freundlich zu plaudern. Stört Sie das?
    ZEUGIN:
    (räuspert sich) Nein … Verzeihung, so war das nicht gemeint. Es hat mich nur überrascht, daß hier plötzlich vom Krieg die Rede war (lacht kurz). Als ich klein war, wurde alles in »vor dem Krieg« und »nach dem Krieg« eingeteilt. Der Krieg war die große Zeitscheide, und ich fand es seltsam, daß Sie auch so denken, 1999, meine ich. Aber Sie haben mich sicher nicht wegen meines Geburtsdatums hergebeten, oder?
    PROTOKOLLANTIN:
    Nein, natürlich nicht. Das ist überhaupt noch keine offizielle Vernehmung. Sie haben ja schon einmal mit einem Kollegen gesprochen. Uns liegt ein Bericht über Ihre Unterhaltung mit Hauptkommissar Billy T. vor (raschelt mit Papier).
    ZEUGIN:
    Er hat also einen Dienstgrad, wenn er schon keinen Nachnamen besitzt. Und das da ist der Bericht? Dann wissen Sie sicher auch, daß ich eigentlich nicht viel über Brede Ziegler erzählen kann. Ich nehme das mit dem Quellenschutz wirklich genau. Sie haben doch sicher meine Begründung gelesen, oder soll ich sie noch einmal wiederholen, so rein formell? Dann möchte ich darauf hinweisen, daß ich mit dem Verlagsleiter gesprochen habe und daß der …
    PROTOKOLLANTIN (unterbricht):
    Nein, das brauchen Sie nicht zu wiederholen. Das steht ja alles hier im Bericht. (Räuspern … heftiges Niesen, Naseputzen) Verzeihung, aber das liegt an der Jahreszeit. Möchten Sie ein Pfefferminz? Wo waren wir … doch. Was Sie da gesagt haben, darüber, daß ein Koch als Quelle für ein Kochbuch beschützt werden muß, ist schon etwas Besonderes. Wir haben hier im Haus darüber auch unsere Witze gemacht. Daß wir uns darauf freuen, die geheimen Rezepte im Buch nachlesen zu können, meine ich. Aber was ich sagen wollte, ist, daß wir beschlossen haben, Ihren Standpunkt zum Thema Quellenschutz vorerst zu akzeptieren. Wir sind nicht sicher, ob Sie recht haben, aber darum kümmert sich eine Juristin. Wir werden darauf zurückkommen. Heute lassen wir alles aus, was Sie in Ihrer Eigenschaft als Lektorin von Brede Ziegler erfahren haben könnten. Darauf kommen wir eventuell später noch zurück, wenn die juristische Lage klar ist. Aber was mich interessieren würde, ist … (kurze Pause). Sagen Sie, haben Sie Jura studiert?
    ZEUGIN:
    Was?
    PROTOKOLLANTIN:
    Haben Sie Jura studiert?
    ZEUGIN:
    Nein, natürlich nicht. Ich bin Philologin, ich habe Literaturwissenschaft, Ethnologie und Englisch studiert.
    PROTOKOLLANTIN:
    Ach. Ethnologie. Das ist doch Märchenforschung oder so was? (Pause) Interessant. Aber dann möchte ich doch wissen, woher Sie Ihre juristischen Kenntnisse haben, Sie wissen schon, alles, was Sie bei Ihrem Gespräch mit Billy T. angeführt haben. Den Paragraphen 125 des Strafgesetzbuches und die Europäische Menschenrechtskommission und so weiter. Während der letzten Tage habe ich alle Juristen, die mir über den Weg gelaufen sind, nach diesem Paragraphen gefragt, und keiner wußte, wovon ich da rede. Wo haben Sie das alles gelernt?
    ZEUGIN:
    Ja, ähm, na ja (lacht kurz). Ja, wissen Sie, ich verstehe ja, was Sie meinen. Vielleicht ist das wirklich ein wenig seltsam. Aber ich habe einen guten Freund, mit dem ich ab und zu essen gehe, und der ist Anwalt und Spezialist für Verleumdungsklagen und solche Dinge. Er vertritt viele Zeitungen. Wir haben über solche Fragen gesprochen. Und dabei habe ich eben dies und das gelernt.
    PROTOKOLLANTIN:
    Beeindruckend präzise Kenntnisse. Haben Sie die schon lange?
    ZEUGIN:
    Schon lange? Nein … ich weiß nicht. Seit einiger Zeit.
    PROTOKOLLANTIN:
    Haben Sie sich als Lektorin schon häufiger geweigert, der Polizei Auskünfte über einen Autor zu erteilen? Unter Berufung auf den Quellenschutz oder von mir aus auch mit einer anderen Begründung?
    ZEUGIN:
    Nein. (kurze Pause) Eigentlich nicht.
    PROTOKOLLANTIN:
    Sind Sie jemals von Personen, die nichts mit dem Verlag zu tun hatten, nach dem gefragt worden, was ein Autor Ihnen gesagt hat?
    ZEUGIN:
    Nein, na ja … Ja, auf

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